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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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Schauspiel zu betrachte", das nunmehr die mit Tausenden vou Zuschauem beseM
Estrade, deren höchste Erhöhung Fuß war, dem überraschten Blicke darbot.
Wenn auch weniger künstlerisch und geschmackvoll, so doch eben so praktisch, hatte
sich indessen das Publicum, das nicht im Stande war, bis an die Balustrade zu
gelangen, seine Eheraten für sich gebaut, und alte Baumstämme, Breter, Stühle,
Tische, Leiter", kurz Alles, was irgendwie eine ansehnliche Erhöhung hervor¬
bringen konnte, verursachte", dicht besetzt mit Menschen, den sonderbarsten An¬
blick, den man sich denken könnte, der Dächer und umliegende" Bäume Zar nicht
zu gedenken, wo namentlich die Gamins ihre Niederlassung errichtet hatte". End¬
lich gegen 7 Uhr ertönt der längst ersehnte Kanonenschuß, und Alles schaut in
gespannter Erwartung nach den Straßen, woher der Festzug kommen soll, der
auch pünktlich, wie bestimmt, unter Trommelschlag uno Musik eintrifft. Den
Zug, die Cosinus u. s. w. in all' ehren Einzelnheiten zu beschreiben, bin ich
natürlich nicht im Stande, da siel, an demselben weil über 30" Figuranten be¬
theiligten. Es genüge nur soviel: Voran Musik, Trommler n"d Pfeifer; dann
erscheinen zuvörderst eine starke Anzahl alter Schweizer in weiß und roth gekleidet,
das Schweizerische Banner geleitend; nam folgt die Ehrengarde zur Begleitung
der zu krönende" und sonstigen vorzüglichsten Winzer. Nachdem diese beiden
Abtheilungen in den Kreis eingetreten' sind, die Schweizer die ihnen angewiesenen
Plätze eingenommen, und die ^u Krönende" auf der dazu bestimmten Tribüne sich
niedergelassen baben, rückt der übrige Theil des Festzuges heran, dergestalt, daß
Bacchus, Ceres und Pales zusammen in demselben Augenblicke durch die dazu
bestimmten drei großen Eingangspforten auf ihren Wagen eintreten. Nunmehr
ist es zwar dem Auge vergönnt, das Gau^e anzuschauen, doch ist man bei der
Menge der theilnehme"den Persv"e" nicht im Stande, Alles sosort genau zu er¬
fassen, und muß die genauere Betrachtung bis zum eigentliche" Defilire" vor den
gekrönte" Winzern verschieben. Die Schaar der Pales (das Frühjahr vorstellend)
wird angeführt ("leder dem Bortritte eines Mnsikcorpo) von Blnmenträgeru, dem
Oberpriester der Gottheit und seine" Begleiter", dem Ä Kinder mit Turteltauben
in Körben in niedlicher Tracht folgen. Hierauf erscheint die Gottheit selbst auf
ihrem Wagen, der mit deu Emblemen Derselben künstlich verziert und vou lichter
blauer Farbe, mit einem seidenen, mit Silber durchwirtteu Himmel bedeckt ist,
und von zwei weißen Ochsen gezogen wird, denen' zur Seite zwei Führer in
ansprechender Kleidung gehen. Das junge Mädchen, das die Gottheit darstellt,
trägt ein geschmackvolles Kleid, ebenfalls lichtblau und weiß, und bat zu ihren
Füßen zwei Kinder, Kinder des Frühjahrs vorstellend; den Wage" selbst um-
geben 10 Knaben und 1K Mädchen, ebensalls Kinder des Frühjahrs vorstellend
und i" derselben blauen Farbe ihrer Gottheit. Ihnen folgen 52 Gärtner und
Gärtnerinnen, die jungen Blumengewinde tragend, die alten mit Schaufel, Spaten,
Früchten und Gemüsen versehen; LV junge Schäferknaben und Mädchen mit Stäben,


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Schauspiel zu betrachte», das nunmehr die mit Tausenden vou Zuschauem beseM
Estrade, deren höchste Erhöhung Fuß war, dem überraschten Blicke darbot.
Wenn auch weniger künstlerisch und geschmackvoll, so doch eben so praktisch, hatte
sich indessen das Publicum, das nicht im Stande war, bis an die Balustrade zu
gelangen, seine Eheraten für sich gebaut, und alte Baumstämme, Breter, Stühle,
Tische, Leiter», kurz Alles, was irgendwie eine ansehnliche Erhöhung hervor¬
bringen konnte, verursachte», dicht besetzt mit Menschen, den sonderbarsten An¬
blick, den man sich denken könnte, der Dächer und umliegende» Bäume Zar nicht
zu gedenken, wo namentlich die Gamins ihre Niederlassung errichtet hatte». End¬
lich gegen 7 Uhr ertönt der längst ersehnte Kanonenschuß, und Alles schaut in
gespannter Erwartung nach den Straßen, woher der Festzug kommen soll, der
auch pünktlich, wie bestimmt, unter Trommelschlag uno Musik eintrifft. Den
Zug, die Cosinus u. s. w. in all' ehren Einzelnheiten zu beschreiben, bin ich
natürlich nicht im Stande, da siel, an demselben weil über 30« Figuranten be¬
theiligten. Es genüge nur soviel: Voran Musik, Trommler n»d Pfeifer; dann
erscheinen zuvörderst eine starke Anzahl alter Schweizer in weiß und roth gekleidet,
das Schweizerische Banner geleitend; nam folgt die Ehrengarde zur Begleitung
der zu krönende» und sonstigen vorzüglichsten Winzer. Nachdem diese beiden
Abtheilungen in den Kreis eingetreten' sind, die Schweizer die ihnen angewiesenen
Plätze eingenommen, und die ^u Krönende» auf der dazu bestimmten Tribüne sich
niedergelassen baben, rückt der übrige Theil des Festzuges heran, dergestalt, daß
Bacchus, Ceres und Pales zusammen in demselben Augenblicke durch die dazu
bestimmten drei großen Eingangspforten auf ihren Wagen eintreten. Nunmehr
ist es zwar dem Auge vergönnt, das Gau^e anzuschauen, doch ist man bei der
Menge der theilnehme»den Persv»e» nicht im Stande, Alles sosort genau zu er¬
fassen, und muß die genauere Betrachtung bis zum eigentliche» Defilire» vor den
gekrönte» Winzern verschieben. Die Schaar der Pales (das Frühjahr vorstellend)
wird angeführt (»leder dem Bortritte eines Mnsikcorpo) von Blnmenträgeru, dem
Oberpriester der Gottheit und seine« Begleiter», dem Ä Kinder mit Turteltauben
in Körben in niedlicher Tracht folgen. Hierauf erscheint die Gottheit selbst auf
ihrem Wagen, der mit deu Emblemen Derselben künstlich verziert und vou lichter
blauer Farbe, mit einem seidenen, mit Silber durchwirtteu Himmel bedeckt ist,
und von zwei weißen Ochsen gezogen wird, denen' zur Seite zwei Führer in
ansprechender Kleidung gehen. Das junge Mädchen, das die Gottheit darstellt,
trägt ein geschmackvolles Kleid, ebenfalls lichtblau und weiß, und bat zu ihren
Füßen zwei Kinder, Kinder des Frühjahrs vorstellend; den Wage» selbst um-
geben 10 Knaben und 1K Mädchen, ebensalls Kinder des Frühjahrs vorstellend
und i» derselben blauen Farbe ihrer Gottheit. Ihnen folgen 52 Gärtner und
Gärtnerinnen, die jungen Blumengewinde tragend, die alten mit Schaufel, Spaten,
Früchten und Gemüsen versehen; LV junge Schäferknaben und Mädchen mit Stäben,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/307>, abgerufen am 04.07.2024.