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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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Wunderbare Schicksale der Englischen Journalistik

Von der Censur der Regierungen durch die Presse bis zur Censur der Presse
durch -die Regierungen ist nur Ein Schritt. Deutschland hat ihn gemacht; es
wäre vergebens, dies läugnen zu wollen. In Oestreich censirt der Korporal, in
Norditalien Oestreich, in Rom und Neapel der Weihwedel, in Preußen die Polizei,
in Frankreich die Carricatur der Republik, überall die Willkür oder doch die
Ängstlichkeit der Verfasser, Verleger, Redacteure, Herausgeber, Drucker ?e. ze.
England allein und etwa noch Belgien haben aus dem großen Schiffbruche der
Europäischen Hoffnungen und Bewegungen ihre alte Preßfreiheit gerettet. Nach
England namentlich schielt die geknebelte Deutsche Zeitnngspresse mit einem von
Neid und Bevormundung gemischte" Gefühle. Es ist um den Humor zu ver¬
ölen , wenn man das sorglose Sichgehenlassen unsrer Freunde jenseits des Canals
"ut ansieht, und den Humor, hat ein großer Weiser einmal gesagt, den Humor
dürfen wir um keinen Preis heute verlieren, wenn wir morgen noch zum Leben
oder Sterben gut sein wollen. Den Humor wollen wir auch nicht verlieren.
Wir wollen ihn hätscheln wie ein kleines Kind, damit er uns nicht davonläuft,
'Uit Wem, Liebe, Hoffnungen und sonstigen Süßigkeiten; nur wollen uns zuweilen
""es in die Geschichte der Vergangenheit versenken, um den Muth für die Zn-
b'uft nicht zu verlieren. Zu diesem Zwecke lassen Sie uns einen Blick werfen
<">f die wunderbaren Schicksale der Englischen Journalistik. Der John Bull war
""es nicht immer so vvllmänlig wie heute, ist auch nicht von der Preßfreiheit groß
klänge worden, wurde auch in der Kinderstube vom bösen Ruprecht Censor
eingeschüchtert, hat auch seine bösen bittern Leiden gehabt, wie wir Deutschen
heut zu Tage, und noch viel schlimmere. Und weil er bei dem Ueberflusse seiner
^'".gedruckten Spalten die Pein und Noth seiner Väter gern vergißt, wollen wir
Ms derselben erinnern, um uns etwas Courage zuzutrinken aus dem Becher der
beschichte, mit Themsewasser und Kohlenstaub bis an deu Rand gefüllt.




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Wunderbare Schicksale der Englischen Journalistik

Von der Censur der Regierungen durch die Presse bis zur Censur der Presse
durch -die Regierungen ist nur Ein Schritt. Deutschland hat ihn gemacht; es
wäre vergebens, dies läugnen zu wollen. In Oestreich censirt der Korporal, in
Norditalien Oestreich, in Rom und Neapel der Weihwedel, in Preußen die Polizei,
in Frankreich die Carricatur der Republik, überall die Willkür oder doch die
Ängstlichkeit der Verfasser, Verleger, Redacteure, Herausgeber, Drucker ?e. ze.
England allein und etwa noch Belgien haben aus dem großen Schiffbruche der
Europäischen Hoffnungen und Bewegungen ihre alte Preßfreiheit gerettet. Nach
England namentlich schielt die geknebelte Deutsche Zeitnngspresse mit einem von
Neid und Bevormundung gemischte» Gefühle. Es ist um den Humor zu ver¬
ölen , wenn man das sorglose Sichgehenlassen unsrer Freunde jenseits des Canals
"ut ansieht, und den Humor, hat ein großer Weiser einmal gesagt, den Humor
dürfen wir um keinen Preis heute verlieren, wenn wir morgen noch zum Leben
oder Sterben gut sein wollen. Den Humor wollen wir auch nicht verlieren.
Wir wollen ihn hätscheln wie ein kleines Kind, damit er uns nicht davonläuft,
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[0289] Wunderbare Schicksale der Englischen Journalistik Von der Censur der Regierungen durch die Presse bis zur Censur der Presse durch -die Regierungen ist nur Ein Schritt. Deutschland hat ihn gemacht; es wäre vergebens, dies läugnen zu wollen. In Oestreich censirt der Korporal, in Norditalien Oestreich, in Rom und Neapel der Weihwedel, in Preußen die Polizei, in Frankreich die Carricatur der Republik, überall die Willkür oder doch die Ängstlichkeit der Verfasser, Verleger, Redacteure, Herausgeber, Drucker ?e. ze. England allein und etwa noch Belgien haben aus dem großen Schiffbruche der Europäischen Hoffnungen und Bewegungen ihre alte Preßfreiheit gerettet. Nach England namentlich schielt die geknebelte Deutsche Zeitnngspresse mit einem von Neid und Bevormundung gemischte» Gefühle. Es ist um den Humor zu ver¬ ölen , wenn man das sorglose Sichgehenlassen unsrer Freunde jenseits des Canals "ut ansieht, und den Humor, hat ein großer Weiser einmal gesagt, den Humor dürfen wir um keinen Preis heute verlieren, wenn wir morgen noch zum Leben oder Sterben gut sein wollen. Den Humor wollen wir auch nicht verlieren. Wir wollen ihn hätscheln wie ein kleines Kind, damit er uns nicht davonläuft, 'Uit Wem, Liebe, Hoffnungen und sonstigen Süßigkeiten; nur wollen uns zuweilen "»es in die Geschichte der Vergangenheit versenken, um den Muth für die Zn- b'uft nicht zu verlieren. Zu diesem Zwecke lassen Sie uns einen Blick werfen <">f die wunderbaren Schicksale der Englischen Journalistik. Der John Bull war "»es nicht immer so vvllmänlig wie heute, ist auch nicht von der Preßfreiheit groß klänge worden, wurde auch in der Kinderstube vom bösen Ruprecht Censor eingeschüchtert, hat auch seine bösen bittern Leiden gehabt, wie wir Deutschen heut zu Tage, und noch viel schlimmere. Und weil er bei dem Ueberflusse seiner ^'«.gedruckten Spalten die Pein und Noth seiner Väter gern vergißt, wollen wir Ms derselben erinnern, um uns etwas Courage zuzutrinken aus dem Becher der beschichte, mit Themsewasser und Kohlenstaub bis an deu Rand gefüllt. Grcnzl'vel'u. UI. >>»,->>,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/289>, abgerufen am 30.06.2024.