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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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mingham, welcher es als eine Cardinalaufgabe der Kanzel erkannte, gegen das
Unheil der Kriege ihre Stimme zu erheben. Hätte die Kanzel in jedem Lande
und zu jeder Zeit ihre Pflicht gethan, rief er ans, so würde dieser Kongreß
nicht Ursache habe", sich zu versammeln. Die Kanzel hat in Nordamerika den
Sclavenhandel abgeschafft, (?!) sie hat die Unmäßigkeit in England vermindert,
sie wird auch den Krieg ausrotten helfe". Und nun fordert der Redner mit
kräftiger Stimme die anwesenden Geistlichen ans, ihren Einfluß geltend zu machen,
und von Sanctuarium der Kirche aus die heilige Sache des allgemeinen Völker-
friedenö zu unterstützen. Ju diesem Moment erheben sich unzählige Geistliche
von ihren Sitzen, die rechte Hand wie zum Schwur in die Lust erhoben.

Der zweite Sprecher, der Reverend Mr. Brook von Blovmsbnry Chapel,
wirkte auf das Auditorium durch den Lapidarstyl, in dem er sprach. Er erin¬
nerte daran, wie es noch vor wenigen Jahren eben so wenig Möglichkeit schien, die
Korngesetze aufzuheben, wie jetzt das Kriegssystcm zu beseitigen.

Der nächste Redner, der Franzose Athanasius Cvquerell, Sohn des be¬
rühmter Pariser Kauzelredners, wurde der Versammlung als lurlurol ennsini
.vorgestellt, was allgemeine Heiterkeit erregte. Er meinte, daß durch die roman¬
tische Erziehungsweise, in welcher die Römische Geschichte von den Historikern
früherer Jahrhunderte dargestellt und vou unsern Erziehern gelehrt wird, der
erste unheilbare Keim in'S empfängliche Kindesherz gelegt werde zu späterer
Ruhmgier und Kampflust. Die Römische Geschichte sei ein immenser Roman zu
Gunsten des Krieges. Mau sieht nur deu Triumphzug der Sieger, aber uicht
die Thränen und das Elend der Wittwen und Waisen. Man müsse die Dar¬
stellung der Weltgeschichte und die Folgerung ans den Ereignissen und Thatsachen
mit den humanen Gesinnungen und Ansichten unsers Jahrhunderts in bessern
Einklang bringen u. s. w. Die große Weltausstellung im Hydepark sei el" Sieg,
Weit glorreicher und dauernder, als jener, der vou Schlachtfeldern herrührt.
Die Armee, die hier den Sieg errungen, ist die friedliche Armee der Arbeiter.

Indem endlich der Redner ans den Spott anspielte, welchen die Freunde des
allgemeinen Friedens so häufig zu erleide" habe", sucht er Trost i" der Geschichte
der Vorzeit, i" der Verachtung, welche die heiligsten Wahrheiten, ja welche der
Erlöser selbst erdulden mußte, und tadelte scharf den modernen Journalismus, der
deu wenigsten neuen Lehren und Strebungen seine Unterstützung leiht, bis sie von
selbst ins öffentliche Bewußtsein gedrungen, anstatt muthvoll die Leuchte der
Wahrheit voranzutragen.

Die Rede eines andern Sprechers, des Redacteurs der Kevac- <1'"cluealic>n
ncmvello in Paris, versuchte darzuthun, wie mau die kriegerischen Gelüste und
deu angeborene" Haug der Meuscheu zu Kämpfen und Zerstörungen schon dnrch
die frühesten Spielzeuge mäßigen und rechtleiteu müsse. Meistens sind es
Soldaten, Rüstungen, Gewehre, Trommeln und audere Kriegsinstrnmente, welche


mingham, welcher es als eine Cardinalaufgabe der Kanzel erkannte, gegen das
Unheil der Kriege ihre Stimme zu erheben. Hätte die Kanzel in jedem Lande
und zu jeder Zeit ihre Pflicht gethan, rief er ans, so würde dieser Kongreß
nicht Ursache habe», sich zu versammeln. Die Kanzel hat in Nordamerika den
Sclavenhandel abgeschafft, (?!) sie hat die Unmäßigkeit in England vermindert,
sie wird auch den Krieg ausrotten helfe». Und nun fordert der Redner mit
kräftiger Stimme die anwesenden Geistlichen ans, ihren Einfluß geltend zu machen,
und von Sanctuarium der Kirche aus die heilige Sache des allgemeinen Völker-
friedenö zu unterstützen. Ju diesem Moment erheben sich unzählige Geistliche
von ihren Sitzen, die rechte Hand wie zum Schwur in die Lust erhoben.

Der zweite Sprecher, der Reverend Mr. Brook von Blovmsbnry Chapel,
wirkte auf das Auditorium durch den Lapidarstyl, in dem er sprach. Er erin¬
nerte daran, wie es noch vor wenigen Jahren eben so wenig Möglichkeit schien, die
Korngesetze aufzuheben, wie jetzt das Kriegssystcm zu beseitigen.

Der nächste Redner, der Franzose Athanasius Cvquerell, Sohn des be¬
rühmter Pariser Kauzelredners, wurde der Versammlung als lurlurol ennsini
.vorgestellt, was allgemeine Heiterkeit erregte. Er meinte, daß durch die roman¬
tische Erziehungsweise, in welcher die Römische Geschichte von den Historikern
früherer Jahrhunderte dargestellt und vou unsern Erziehern gelehrt wird, der
erste unheilbare Keim in'S empfängliche Kindesherz gelegt werde zu späterer
Ruhmgier und Kampflust. Die Römische Geschichte sei ein immenser Roman zu
Gunsten des Krieges. Mau sieht nur deu Triumphzug der Sieger, aber uicht
die Thränen und das Elend der Wittwen und Waisen. Man müsse die Dar¬
stellung der Weltgeschichte und die Folgerung ans den Ereignissen und Thatsachen
mit den humanen Gesinnungen und Ansichten unsers Jahrhunderts in bessern
Einklang bringen u. s. w. Die große Weltausstellung im Hydepark sei el» Sieg,
Weit glorreicher und dauernder, als jener, der vou Schlachtfeldern herrührt.
Die Armee, die hier den Sieg errungen, ist die friedliche Armee der Arbeiter.

Indem endlich der Redner ans den Spott anspielte, welchen die Freunde des
allgemeinen Friedens so häufig zu erleide» habe», sucht er Trost i» der Geschichte
der Vorzeit, i» der Verachtung, welche die heiligsten Wahrheiten, ja welche der
Erlöser selbst erdulden mußte, und tadelte scharf den modernen Journalismus, der
deu wenigsten neuen Lehren und Strebungen seine Unterstützung leiht, bis sie von
selbst ins öffentliche Bewußtsein gedrungen, anstatt muthvoll die Leuchte der
Wahrheit voranzutragen.

Die Rede eines andern Sprechers, des Redacteurs der Kevac- <1'«cluealic>n
ncmvello in Paris, versuchte darzuthun, wie mau die kriegerischen Gelüste und
deu angeborene» Haug der Meuscheu zu Kämpfen und Zerstörungen schon dnrch
die frühesten Spielzeuge mäßigen und rechtleiteu müsse. Meistens sind es
Soldaten, Rüstungen, Gewehre, Trommeln und audere Kriegsinstrnmente, welche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/271>, abgerufen am 04.07.2024.