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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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für die absoluteste Reaction zu festem Beharren bei seiner jetzigenPolitik, und auch
der letzte Ausweg geht ihm verloren. Er muß im Kleide der Dejanira ersticken --
er muß mit dem Gesetze vom 3-l. Mai, er muß mit dem ganzen Represstvkram
fallen, den er doch selber als Werk der realistischen Majorität dem Lande denun-
cirt hatte. Nvron wird wol fortfahren dürfen, uivni, et meiveille zu versprechen,
ader gethan wird Nichts werden können. Die Prorogationszeit wird in stritten
Agitationen vorübergehen, und wenn Louis Bonaparte wirklich in die Falle des
Danaergeschenkes der legitimistischen Freundschaft geht, ist er als verloren zu be¬
trachten, trotzdem für den Augenblick Niemand genannt werden könnte -- auch
der Prinz von Joinville nicht -- der mehr Chancen für sich hätte, als Louis
Bonaparte.

Die Londoner Ausstellung, jeuer erste kosmopolitische Versuch der Alles ui-
vellireudeu Industrie, wird nächste Woche noch einen andern Sieg ähnlicher Art
feiern. Die Stadt London wird von Paris zu Tische geladen, der Erzfeind wird
in unsre Mauern einziehen als Friedensbote und als lieber Gast. Die Wasser
von Versailles werden ihre glänzenden Hoskünste machen, und der erste Koch der
Welt wird der Königin unsrer Zeit, der Industrie, ein Mahl bereiten, das
Lucullus zur Bewunderung hingerissen haben würde. Der Seinepräfcct wird mit
dem Maire von London Arm in Arm die Herrlichkeiten von Paris besehen, die
große Oper wird sich in ihr Galakleid werfen und das Ballet in sein Gala-
gcgentheil. Die Armee und die Nationalgarde wird unsern Ueberfluß an Deficit
in einer großen Revue den lieben Gästen veranschauliche", und Louis Bonaparte
wird den Engländern bei dieser Gelegenheit einen Beweis von seiner Resignation
gebe", indem er zeigen wird, wieviel er an sich vorübergehen lassen kann.
Zum Schlüsse wird er die Englischen Besucher in Se. Cloud bewirthen d, ed-rrxe
revanekö, denn sie dürften ihm die Ehre eher wieder erweisen können, als
ihm wünschenswerth scheinen mochte. Thiers könnte ein solches Schauspiel nicht
mit ansehen, und er flüchtete sich nach Spanien, auf den Kriegsschauplatz des
Napoleonischen Feldzuges.

Unsre Theater werden den Gästen et'oMre-NanckL nnr wenig bieten können,
und die prorogationsgcwisse Kammer hält anch so nichtssagende Sitzungen, daß
wir ihnen nicht einmal mit einem politischen Scandale dienen können werden.
Es wird ihnen demnach nichts Anderes übrig bleiben, als sich NadMv, das Llmteau
nes lleurs und das cimtoau roug" zu besichtige", und die Nativnalvcrsöhnung
durch einen eanecw mit ?ii8öde<z oder Mssolottö zu besiegeln. Was wol der
alte Meidinger sagen müßte, der seine Schüler damit in die Geheimnisse der
Französischen Sprache einführte, daß er sie "die Engländer hassen die Franzosen
und die Franzosen hassen die Engländer" hin und wieder übersetzen ließ. Ich
meines Theils hasse die Engländer und die Franzosen, so satt bekomme ich dieses
culturhistorisch-psychologisch anthropologische Axiom. Was für gottlose Zeiten wir


für die absoluteste Reaction zu festem Beharren bei seiner jetzigenPolitik, und auch
der letzte Ausweg geht ihm verloren. Er muß im Kleide der Dejanira ersticken —
er muß mit dem Gesetze vom 3-l. Mai, er muß mit dem ganzen Represstvkram
fallen, den er doch selber als Werk der realistischen Majorität dem Lande denun-
cirt hatte. Nvron wird wol fortfahren dürfen, uivni, et meiveille zu versprechen,
ader gethan wird Nichts werden können. Die Prorogationszeit wird in stritten
Agitationen vorübergehen, und wenn Louis Bonaparte wirklich in die Falle des
Danaergeschenkes der legitimistischen Freundschaft geht, ist er als verloren zu be¬
trachten, trotzdem für den Augenblick Niemand genannt werden könnte — auch
der Prinz von Joinville nicht — der mehr Chancen für sich hätte, als Louis
Bonaparte.

Die Londoner Ausstellung, jeuer erste kosmopolitische Versuch der Alles ui-
vellireudeu Industrie, wird nächste Woche noch einen andern Sieg ähnlicher Art
feiern. Die Stadt London wird von Paris zu Tische geladen, der Erzfeind wird
in unsre Mauern einziehen als Friedensbote und als lieber Gast. Die Wasser
von Versailles werden ihre glänzenden Hoskünste machen, und der erste Koch der
Welt wird der Königin unsrer Zeit, der Industrie, ein Mahl bereiten, das
Lucullus zur Bewunderung hingerissen haben würde. Der Seinepräfcct wird mit
dem Maire von London Arm in Arm die Herrlichkeiten von Paris besehen, die
große Oper wird sich in ihr Galakleid werfen und das Ballet in sein Gala-
gcgentheil. Die Armee und die Nationalgarde wird unsern Ueberfluß an Deficit
in einer großen Revue den lieben Gästen veranschauliche», und Louis Bonaparte
wird den Engländern bei dieser Gelegenheit einen Beweis von seiner Resignation
gebe», indem er zeigen wird, wieviel er an sich vorübergehen lassen kann.
Zum Schlüsse wird er die Englischen Besucher in Se. Cloud bewirthen d, ed-rrxe
revanekö, denn sie dürften ihm die Ehre eher wieder erweisen können, als
ihm wünschenswerth scheinen mochte. Thiers könnte ein solches Schauspiel nicht
mit ansehen, und er flüchtete sich nach Spanien, auf den Kriegsschauplatz des
Napoleonischen Feldzuges.

Unsre Theater werden den Gästen et'oMre-NanckL nnr wenig bieten können,
und die prorogationsgcwisse Kammer hält anch so nichtssagende Sitzungen, daß
wir ihnen nicht einmal mit einem politischen Scandale dienen können werden.
Es wird ihnen demnach nichts Anderes übrig bleiben, als sich NadMv, das Llmteau
nes lleurs und das cimtoau roug« zu besichtige», und die Nativnalvcrsöhnung
durch einen eanecw mit ?ii8öde<z oder Mssolottö zu besiegeln. Was wol der
alte Meidinger sagen müßte, der seine Schüler damit in die Geheimnisse der
Französischen Sprache einführte, daß er sie „die Engländer hassen die Franzosen
und die Franzosen hassen die Engländer" hin und wieder übersetzen ließ. Ich
meines Theils hasse die Engländer und die Franzosen, so satt bekomme ich dieses
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/231>, abgerufen am 02.07.2024.