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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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Anfang gemacht, die Ergebnisse der bisherigen vergleichenden Grammatik fruchtbar
auf ein einzelnes Sprachgebiet anzuwenden. --

Mit einem Worte, es ist der erste und sogleich meisterhaft ausgeführte Ver¬
such einer wahrhaften Geschichte eines räumlich und zeitlich allerdings eng abge¬
grenzten Sprachgebietes, ein Versuch, der in keiner Literatur noch gewagt wor¬
den ist. --




Die deutsche Kriegsflotte.



Die letzte Handlung des nun abgegangenen Reichsverwesers war die Ernen¬
nung des Kommodore Brommy zum Contreadmiral uuserer Marine, und diese
Erhebung wenigstens belohnte wahres Verdienst. Dieser Brommy ist trotz seines
auf einem Schiffe doppelt auffallend klingenden ächt Leipziger Dialekts ein See¬
mann dnrch und durch; mau höre z. B. was die ersten, erfahrnen Kapitäne der
großen Bremer Schnellsegler, die besten Seeleute, welche wir 'n Deutschland be¬
sitzen, ihm für ein Zeugniß ausstellen, wenn sie des Abends in ihren Mußestunden
in Bremerhafen unsere Flotte kritisiren, die sie dort vor ihren Augen entstehen
sehen. Als Brommy im Herbste 48 aus griechischem Seedienst in deutschen trat,
fand er vou einer Flotte nichts vor, außer drei kleinen unvollständig bemannten
und schlecht ausgerüsteten Hamburger Dampfern, keine Matrosen, keine Offiziere,
kein Geschütz, keine Arsenale und Wersten. Dazu eine Centralgewalt ohne Auto¬
rität und ohne.Geld. Jetzt haben wir 3 große Dampssrcgatten, 4 Dampfcorvetten,
1 Dampfschoner (in Kiel), 1 Segelfregatte, 1 Segelcorvette und 1 Schoner, dazu
noch nahe an 30 Kanonenböte. Außer den Kanonenböten sind alle diese Schiffe
vollständig armirt, haben genügende Munitionsvorräthe aller Art und zu zwei
Drittheilen die nöthige Bemannung, nebst Ober- und Unteroffizieren an Bord.
So etwas in ungefähr 18 Monaten herzustellen, wo nichts vorhanden war, ist
keine Kleinigkeit, und wohl gebührt den Männern, die dies vermochten, ein Dank
der Presse. Außer dem Admiral Brommy, ans dessen Schultern die Hauptlast
ruht, hat sich um unsere deutsche Flotte große Verdienste erworben, der frühere
Reichsminister Dnckwitz, jetzt wieder Senator in Bremen, unter dessen Mini¬
sterium dieselbe gegründet ward, und General Nadowitz, der während seiner
ganzen Thätigkeit in Frankfurt der Flottenangelegenheit die größte Aufmerksamkeit
zuwandte und eine mächtige Stütze derselben war. Auch unter den Befehlshabern
der einzelnen Schisse sind tüchtige Offiziere, denen es gelungen ist, eine Ordnung
im Dienst dort einzuführen, die nichts mehr zu wünschen übrig läßt. Wenigstens
die Offiziere der nordamerikanischen Fregatte "Laurence," die längere Zeit neben


Anfang gemacht, die Ergebnisse der bisherigen vergleichenden Grammatik fruchtbar
auf ein einzelnes Sprachgebiet anzuwenden. —

Mit einem Worte, es ist der erste und sogleich meisterhaft ausgeführte Ver¬
such einer wahrhaften Geschichte eines räumlich und zeitlich allerdings eng abge¬
grenzten Sprachgebietes, ein Versuch, der in keiner Literatur noch gewagt wor¬
den ist. —




Die deutsche Kriegsflotte.



Die letzte Handlung des nun abgegangenen Reichsverwesers war die Ernen¬
nung des Kommodore Brommy zum Contreadmiral uuserer Marine, und diese
Erhebung wenigstens belohnte wahres Verdienst. Dieser Brommy ist trotz seines
auf einem Schiffe doppelt auffallend klingenden ächt Leipziger Dialekts ein See¬
mann dnrch und durch; mau höre z. B. was die ersten, erfahrnen Kapitäne der
großen Bremer Schnellsegler, die besten Seeleute, welche wir 'n Deutschland be¬
sitzen, ihm für ein Zeugniß ausstellen, wenn sie des Abends in ihren Mußestunden
in Bremerhafen unsere Flotte kritisiren, die sie dort vor ihren Augen entstehen
sehen. Als Brommy im Herbste 48 aus griechischem Seedienst in deutschen trat,
fand er vou einer Flotte nichts vor, außer drei kleinen unvollständig bemannten
und schlecht ausgerüsteten Hamburger Dampfern, keine Matrosen, keine Offiziere,
kein Geschütz, keine Arsenale und Wersten. Dazu eine Centralgewalt ohne Auto¬
rität und ohne.Geld. Jetzt haben wir 3 große Dampssrcgatten, 4 Dampfcorvetten,
1 Dampfschoner (in Kiel), 1 Segelfregatte, 1 Segelcorvette und 1 Schoner, dazu
noch nahe an 30 Kanonenböte. Außer den Kanonenböten sind alle diese Schiffe
vollständig armirt, haben genügende Munitionsvorräthe aller Art und zu zwei
Drittheilen die nöthige Bemannung, nebst Ober- und Unteroffizieren an Bord.
So etwas in ungefähr 18 Monaten herzustellen, wo nichts vorhanden war, ist
keine Kleinigkeit, und wohl gebührt den Männern, die dies vermochten, ein Dank
der Presse. Außer dem Admiral Brommy, ans dessen Schultern die Hauptlast
ruht, hat sich um unsere deutsche Flotte große Verdienste erworben, der frühere
Reichsminister Dnckwitz, jetzt wieder Senator in Bremen, unter dessen Mini¬
sterium dieselbe gegründet ward, und General Nadowitz, der während seiner
ganzen Thätigkeit in Frankfurt der Flottenangelegenheit die größte Aufmerksamkeit
zuwandte und eine mächtige Stütze derselben war. Auch unter den Befehlshabern
der einzelnen Schisse sind tüchtige Offiziere, denen es gelungen ist, eine Ordnung
im Dienst dort einzuführen, die nichts mehr zu wünschen übrig läßt. Wenigstens
die Offiziere der nordamerikanischen Fregatte „Laurence," die längere Zeit neben


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[0064] Anfang gemacht, die Ergebnisse der bisherigen vergleichenden Grammatik fruchtbar auf ein einzelnes Sprachgebiet anzuwenden. — Mit einem Worte, es ist der erste und sogleich meisterhaft ausgeführte Ver¬ such einer wahrhaften Geschichte eines räumlich und zeitlich allerdings eng abge¬ grenzten Sprachgebietes, ein Versuch, der in keiner Literatur noch gewagt wor¬ den ist. — Die deutsche Kriegsflotte. Die letzte Handlung des nun abgegangenen Reichsverwesers war die Ernen¬ nung des Kommodore Brommy zum Contreadmiral uuserer Marine, und diese Erhebung wenigstens belohnte wahres Verdienst. Dieser Brommy ist trotz seines auf einem Schiffe doppelt auffallend klingenden ächt Leipziger Dialekts ein See¬ mann dnrch und durch; mau höre z. B. was die ersten, erfahrnen Kapitäne der großen Bremer Schnellsegler, die besten Seeleute, welche wir 'n Deutschland be¬ sitzen, ihm für ein Zeugniß ausstellen, wenn sie des Abends in ihren Mußestunden in Bremerhafen unsere Flotte kritisiren, die sie dort vor ihren Augen entstehen sehen. Als Brommy im Herbste 48 aus griechischem Seedienst in deutschen trat, fand er vou einer Flotte nichts vor, außer drei kleinen unvollständig bemannten und schlecht ausgerüsteten Hamburger Dampfern, keine Matrosen, keine Offiziere, kein Geschütz, keine Arsenale und Wersten. Dazu eine Centralgewalt ohne Auto¬ rität und ohne.Geld. Jetzt haben wir 3 große Dampssrcgatten, 4 Dampfcorvetten, 1 Dampfschoner (in Kiel), 1 Segelfregatte, 1 Segelcorvette und 1 Schoner, dazu noch nahe an 30 Kanonenböte. Außer den Kanonenböten sind alle diese Schiffe vollständig armirt, haben genügende Munitionsvorräthe aller Art und zu zwei Drittheilen die nöthige Bemannung, nebst Ober- und Unteroffizieren an Bord. So etwas in ungefähr 18 Monaten herzustellen, wo nichts vorhanden war, ist keine Kleinigkeit, und wohl gebührt den Männern, die dies vermochten, ein Dank der Presse. Außer dem Admiral Brommy, ans dessen Schultern die Hauptlast ruht, hat sich um unsere deutsche Flotte große Verdienste erworben, der frühere Reichsminister Dnckwitz, jetzt wieder Senator in Bremen, unter dessen Mini¬ sterium dieselbe gegründet ward, und General Nadowitz, der während seiner ganzen Thätigkeit in Frankfurt der Flottenangelegenheit die größte Aufmerksamkeit zuwandte und eine mächtige Stütze derselben war. Auch unter den Befehlshabern der einzelnen Schisse sind tüchtige Offiziere, denen es gelungen ist, eine Ordnung im Dienst dort einzuführen, die nichts mehr zu wünschen übrig läßt. Wenigstens die Offiziere der nordamerikanischen Fregatte „Laurence," die längere Zeit neben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/64>, abgerufen am 24.07.2024.