Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

zu können, und ihr Credit ist der Einwirkung aller ungünstigen Ereignisse blos¬
gelegt."

Freiherr von Stifft findet in der gegenwärtigen Ausdehnung der Notenemis¬
sion keine Beruhigung, und setzt hinzu: "Noch viel weniger läßt sich erwarten,
daß die Summe von 355 Millionen Gulden Papiergeld die Verwechslung gegen
Metallgeld jemals ermöglichen oder geeignet sein könnte, der Entwicklung der
Nationalökonomie und Industrie förderlich zu sein."

Die Entwerthung der Banknoten ist nicht allein im Coursblatte ausgedrückt,
sie ist in einem weit ungünstigern und sehr nachtheiligen Verhältnisse in allen
Lebensbedürfnissen und in den Erzeugungskosten enthalten. Dieser Krebsschaden
kann nur in der Beschränkung der Notenemission sein Heilmittel finden, und es
mag in Zukunft die Nationalbank Staats- oder Privatbank sein, dieses kranke
Glied muß von dem gesunden Körper abgelöst werden.

Auf den Schlußseiteu der Brochüre beißt es: "auf einem durch grundsätzliche
Fehlgriffe durchwühlten Boden der Gcldcirculativu läßt sich kein dauerhaftes Ge¬
bäude gründen."

Die Worte des Baron Stifft sind deshalb von größerer Bedeutung, weil er
bei etwaigem Ministerwechsel ein Aspirant auf das Portefeuille der Finanzen ist.
Wenn ein solcher Mann sein "iiimnatnr über das Gebahren im Geldwesen aus¬
spricht, so sollte der Minister anderswo als auf der Börse den Grund suchen,
weshalb das Silberagio steigt; das allgemeine Mißtrauen findet aber hierin seine
volle Rechtfertigung. Mag auch der Cours abwechselnd sich besser stellen , es ist
dennoch nur ein Schlimmerwerden zu prophezeihen. Ist das neue Anleihen voll
eingezahlt, so versiegt auch dieses Bächlein zur Verminderung der Banknoten,
während andererseits der Strom für staatliches Geldpapier durch Herausgabe der
verzinslichen Reichsschatzscheine noch höher anschwillt.

Wir werden den Geldzuständen Oestreichs fortwährend unsere Aufmerksamkeit
widmen, da sich außer den materiellen Interessen auch die politischen daran
knüpfen.




Auftritt Felix.



Wer sich durch deu Schein trügen läßt oder wer auch heute noch der Pa-
trimouialidee, dem großen Spruch l'vest c'est moi zu huldigen vermag, dem
wird es unzweifelhaft scheinen, daß die bekannte Phrase Austritt Felix, sich gerade
in der letzten Zeit, wo ein Felix in Person das Staatsruder führt, in sofern be-


Grenzboten. 18S0. 59

zu können, und ihr Credit ist der Einwirkung aller ungünstigen Ereignisse blos¬
gelegt."

Freiherr von Stifft findet in der gegenwärtigen Ausdehnung der Notenemis¬
sion keine Beruhigung, und setzt hinzu: „Noch viel weniger läßt sich erwarten,
daß die Summe von 355 Millionen Gulden Papiergeld die Verwechslung gegen
Metallgeld jemals ermöglichen oder geeignet sein könnte, der Entwicklung der
Nationalökonomie und Industrie förderlich zu sein."

Die Entwerthung der Banknoten ist nicht allein im Coursblatte ausgedrückt,
sie ist in einem weit ungünstigern und sehr nachtheiligen Verhältnisse in allen
Lebensbedürfnissen und in den Erzeugungskosten enthalten. Dieser Krebsschaden
kann nur in der Beschränkung der Notenemission sein Heilmittel finden, und es
mag in Zukunft die Nationalbank Staats- oder Privatbank sein, dieses kranke
Glied muß von dem gesunden Körper abgelöst werden.

Auf den Schlußseiteu der Brochüre beißt es: „auf einem durch grundsätzliche
Fehlgriffe durchwühlten Boden der Gcldcirculativu läßt sich kein dauerhaftes Ge¬
bäude gründen."

Die Worte des Baron Stifft sind deshalb von größerer Bedeutung, weil er
bei etwaigem Ministerwechsel ein Aspirant auf das Portefeuille der Finanzen ist.
Wenn ein solcher Mann sein «iiimnatnr über das Gebahren im Geldwesen aus¬
spricht, so sollte der Minister anderswo als auf der Börse den Grund suchen,
weshalb das Silberagio steigt; das allgemeine Mißtrauen findet aber hierin seine
volle Rechtfertigung. Mag auch der Cours abwechselnd sich besser stellen , es ist
dennoch nur ein Schlimmerwerden zu prophezeihen. Ist das neue Anleihen voll
eingezahlt, so versiegt auch dieses Bächlein zur Verminderung der Banknoten,
während andererseits der Strom für staatliches Geldpapier durch Herausgabe der
verzinslichen Reichsschatzscheine noch höher anschwillt.

Wir werden den Geldzuständen Oestreichs fortwährend unsere Aufmerksamkeit
widmen, da sich außer den materiellen Interessen auch die politischen daran
knüpfen.




Auftritt Felix.



Wer sich durch deu Schein trügen läßt oder wer auch heute noch der Pa-
trimouialidee, dem großen Spruch l'vest c'est moi zu huldigen vermag, dem
wird es unzweifelhaft scheinen, daß die bekannte Phrase Austritt Felix, sich gerade
in der letzten Zeit, wo ein Felix in Person das Staatsruder führt, in sofern be-


Grenzboten. 18S0. 59
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0473" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93296"/>
          <p xml:id="ID_1629" prev="#ID_1628"> zu können, und ihr Credit ist der Einwirkung aller ungünstigen Ereignisse blos¬<lb/>
gelegt."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1630"> Freiherr von Stifft findet in der gegenwärtigen Ausdehnung der Notenemis¬<lb/>
sion keine Beruhigung, und setzt hinzu: &#x201E;Noch viel weniger läßt sich erwarten,<lb/>
daß die Summe von 355 Millionen Gulden Papiergeld die Verwechslung gegen<lb/>
Metallgeld jemals ermöglichen oder geeignet sein könnte, der Entwicklung der<lb/>
Nationalökonomie und Industrie förderlich zu sein."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1631"> Die Entwerthung der Banknoten ist nicht allein im Coursblatte ausgedrückt,<lb/>
sie ist in einem weit ungünstigern und sehr nachtheiligen Verhältnisse in allen<lb/>
Lebensbedürfnissen und in den Erzeugungskosten enthalten. Dieser Krebsschaden<lb/>
kann nur in der Beschränkung der Notenemission sein Heilmittel finden, und es<lb/>
mag in Zukunft die Nationalbank Staats- oder Privatbank sein, dieses kranke<lb/>
Glied muß von dem gesunden Körper abgelöst werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1632"> Auf den Schlußseiteu der Brochüre beißt es: &#x201E;auf einem durch grundsätzliche<lb/>
Fehlgriffe durchwühlten Boden der Gcldcirculativu läßt sich kein dauerhaftes Ge¬<lb/>
bäude gründen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1633"> Die Worte des Baron Stifft sind deshalb von größerer Bedeutung, weil er<lb/>
bei etwaigem Ministerwechsel ein Aspirant auf das Portefeuille der Finanzen ist.<lb/>
Wenn ein solcher Mann sein «iiimnatnr über das Gebahren im Geldwesen aus¬<lb/>
spricht, so sollte der Minister anderswo als auf der Börse den Grund suchen,<lb/>
weshalb das Silberagio steigt; das allgemeine Mißtrauen findet aber hierin seine<lb/>
volle Rechtfertigung. Mag auch der Cours abwechselnd sich besser stellen , es ist<lb/>
dennoch nur ein Schlimmerwerden zu prophezeihen. Ist das neue Anleihen voll<lb/>
eingezahlt, so versiegt auch dieses Bächlein zur Verminderung der Banknoten,<lb/>
während andererseits der Strom für staatliches Geldpapier durch Herausgabe der<lb/>
verzinslichen Reichsschatzscheine noch höher anschwillt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1634"> Wir werden den Geldzuständen Oestreichs fortwährend unsere Aufmerksamkeit<lb/>
widmen, da sich außer den materiellen Interessen auch die politischen daran<lb/>
knüpfen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Auftritt Felix.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1635" next="#ID_1636"> Wer sich durch deu Schein trügen läßt oder wer auch heute noch der Pa-<lb/>
trimouialidee, dem großen Spruch l'vest c'est moi zu huldigen vermag, dem<lb/>
wird es unzweifelhaft scheinen, daß die bekannte Phrase Austritt Felix, sich gerade<lb/>
in der letzten Zeit, wo ein Felix in Person das Staatsruder führt, in sofern be-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten.  18S0. 59</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0473] zu können, und ihr Credit ist der Einwirkung aller ungünstigen Ereignisse blos¬ gelegt." Freiherr von Stifft findet in der gegenwärtigen Ausdehnung der Notenemis¬ sion keine Beruhigung, und setzt hinzu: „Noch viel weniger läßt sich erwarten, daß die Summe von 355 Millionen Gulden Papiergeld die Verwechslung gegen Metallgeld jemals ermöglichen oder geeignet sein könnte, der Entwicklung der Nationalökonomie und Industrie förderlich zu sein." Die Entwerthung der Banknoten ist nicht allein im Coursblatte ausgedrückt, sie ist in einem weit ungünstigern und sehr nachtheiligen Verhältnisse in allen Lebensbedürfnissen und in den Erzeugungskosten enthalten. Dieser Krebsschaden kann nur in der Beschränkung der Notenemission sein Heilmittel finden, und es mag in Zukunft die Nationalbank Staats- oder Privatbank sein, dieses kranke Glied muß von dem gesunden Körper abgelöst werden. Auf den Schlußseiteu der Brochüre beißt es: „auf einem durch grundsätzliche Fehlgriffe durchwühlten Boden der Gcldcirculativu läßt sich kein dauerhaftes Ge¬ bäude gründen." Die Worte des Baron Stifft sind deshalb von größerer Bedeutung, weil er bei etwaigem Ministerwechsel ein Aspirant auf das Portefeuille der Finanzen ist. Wenn ein solcher Mann sein «iiimnatnr über das Gebahren im Geldwesen aus¬ spricht, so sollte der Minister anderswo als auf der Börse den Grund suchen, weshalb das Silberagio steigt; das allgemeine Mißtrauen findet aber hierin seine volle Rechtfertigung. Mag auch der Cours abwechselnd sich besser stellen , es ist dennoch nur ein Schlimmerwerden zu prophezeihen. Ist das neue Anleihen voll eingezahlt, so versiegt auch dieses Bächlein zur Verminderung der Banknoten, während andererseits der Strom für staatliches Geldpapier durch Herausgabe der verzinslichen Reichsschatzscheine noch höher anschwillt. Wir werden den Geldzuständen Oestreichs fortwährend unsere Aufmerksamkeit widmen, da sich außer den materiellen Interessen auch die politischen daran knüpfen. Auftritt Felix. Wer sich durch deu Schein trügen läßt oder wer auch heute noch der Pa- trimouialidee, dem großen Spruch l'vest c'est moi zu huldigen vermag, dem wird es unzweifelhaft scheinen, daß die bekannte Phrase Austritt Felix, sich gerade in der letzten Zeit, wo ein Felix in Person das Staatsruder führt, in sofern be- Grenzboten. 18S0. 59

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/473
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/473>, abgerufen am 23.06.2024.