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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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Richtungen divergirenden Haarwuchs. Dort lorgncttirt Cremieux, der Juifcrrant, die
Damen, welche die Fächer vor die Gesichter halten, weil seine exquisite Häßlichkeit ihnen
Zuckungen, Nervenzufälle verursacht. Selbst der finstere Lagrange, In >u:>"s ->" l'ohn
6" pi"ton, wie ihn der Volkswitz nennt, hat es nicht verschmäht zu erscheinen und be¬
hauptet seinen eingenommenen Posten am Büffet mit einer Ausdauer, welche einer bes¬
seren Sache würdig wäre. Seinen erwähnten Beinamen hat er erhalten, weil er neu¬
lich von der Tribune herab erklärte, bei dem ersten Versuche, das Königthum wieder¬
herzustellen, würde er nach Hause gehen und sein Percussionsgewehr holen, und dann
-- AAN! v<ins, >nL"s!t!">8 K>" I'u^'i-Il"!>-s! Ein wieherndes Gelächter erfolgte aus diese
Drohung, welche den Mann in den Augen des niederen Volks zum Heros erhob. La¬
grange ist ein Fanatiker durch und durch, eingefleischter Republikaner, aber auf dem
Boden des Gesetzes. seinen großen persönlichen Muth hat er schon bei der Lyoner
Emente im Jahre 1832 bewiesen, in welcher er die Arbeiter anführte, und mit der
Büchse in der Hand sich tapfer und hartnäckig gegen die Linientruppen schlug. -- Un¬
begreiflich ist es noch immer, woher der Präsident das Geld' nimmt, welches er aus¬
gibt. Gewiß ist es, daß er mehr als das Dreifache der hunderttausend Francs aus¬
gibt, welche seine Monatsrcvcnüen bilden. Viele wollen behaupten, die Familie Na¬
poleon, welche allerdings einige sehr reiche Mitglieder hat, habe zusammengeschossen
und, gleichviel zu welchem Zweck, demjenigen eine bedeutende Summe zugestellt, der
ihr vielleicht berufen scheint, den Glanz des alten Kaiserreichs wieder über sie zu er¬
gießen. Nicht weniger, als seine Feste, kostet den Präsidenten seine Geliebte, Miß
Good, mit welcher er schon als Verbannter in England eine zärtliche Liaison gehabt
hat. Dieselbe wohnt in den Champs Elyftcs, ganz nahe bei dem Palast des Elysoe
nationale, und ihre Wohnung ist mit einer Pracht und Eleganz ausgestattet, welche
selbst hier, wo mau doch in dieser Hinsicht so leicht nichts mehr bewundert, Aussehen
macht. Das Haus der Miß Good ist zugleich mit besonderer Sorgfalt ausgewählt.
Es steht , nach jeder Seite frei, mitten in einem reizenden Garten, welcher mit einer
hohen Mauer rings umgeben ist. Zuverlässige Personen und furchtbare Hunde bewa¬
chen es bei Tag und Nacht. Denn der Prinz fürchtet sehr das Schicksal des Bürger-
königs,aber er glaubt nicht, dessen Glückzu haben. Jnseiner eigenen Wohnung, inmitten seiner
treuen L>>!>8s"u^8 tlo Vmeunnu", fühlt er sich geborgen, nicht aber außerhalb derselben. Und
so furchtsam ist er geworden, daß er trotz aller Wachen und geheimen Polizciagcnten,
welche es fortwährend umschleichen, im Hanse seiner Geliebten dennoch einmal von ir¬
gend einem ein>>> ,I>> pi8wi>'i überrascht zu werden glaubt, und deshalb deu Speisesaal,
Welcher von der Zinne der Gartenmauer beherrscht werden kaun, "" pi,-in!ur verlegt
hat, als kürzlich die Unruhen ausgebrochen und unterdrückt waren. Judiscrcte Perso¬
nen seines Haushalts, welche dies erzählten, wissen über seine Furcht noch gar Vieles
und Ergötzliches zu erzählen: daß er einen tscherkessischen Kettenpanzer,, stets, geladene
Pistolen in den Taschen trage, und selbst die dringendsten Geschäfte an den geheimsten
Orten nicht vornehme, ohne eine solche mit gespanntem Hahn neben sich zusahen. Der
arme, eingebildete Mann mißt wahrscheinlich seinem Leben eine weit größere Wichtigkeit
bei, als es in der TKat für seine Feinde hat. Sein Streben nach Einfluß und Po¬
pularität hat immer noch nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Das von ihm selbst
herausgegebene und redigirte Blatt, Le Napoleon, welches seit diesem Jahr .erscheint, hat
zwar große Sensation erregt, keineswegs aber der zum Sprichwort gewordenen "persön¬
lichen Politik" neue Anhänger geworben. Auch seine Besuche in den Werkstätten der
Fabriken und Arbeiter gewinnen nur hie und da einen Ehrgeizigen. Ich war kürzlich
Zeuge eines solchen Besuchs im Atelier des Herrn Allart, eines der größten Möbel¬
fabrikanten von Paris, im Marais. Das Eintreffen des Präsidenten war schon Wo¬
chen voraus angezeigt, aber verschoben worden, weil er mit mehreren seiner Juliner
in Se. Cloud Schlittschuhe gelaufen und dabei so arg gefallen war, daß er sich einen


Richtungen divergirenden Haarwuchs. Dort lorgncttirt Cremieux, der Juifcrrant, die
Damen, welche die Fächer vor die Gesichter halten, weil seine exquisite Häßlichkeit ihnen
Zuckungen, Nervenzufälle verursacht. Selbst der finstere Lagrange, In >u:>»s ->» l'ohn
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hauptet seinen eingenommenen Posten am Büffet mit einer Ausdauer, welche einer bes¬
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Drohung, welche den Mann in den Augen des niederen Volks zum Heros erhob. La¬
grange ist ein Fanatiker durch und durch, eingefleischter Republikaner, aber auf dem
Boden des Gesetzes. seinen großen persönlichen Muth hat er schon bei der Lyoner
Emente im Jahre 1832 bewiesen, in welcher er die Arbeiter anführte, und mit der
Büchse in der Hand sich tapfer und hartnäckig gegen die Linientruppen schlug. — Un¬
begreiflich ist es noch immer, woher der Präsident das Geld' nimmt, welches er aus¬
gibt. Gewiß ist es, daß er mehr als das Dreifache der hunderttausend Francs aus¬
gibt, welche seine Monatsrcvcnüen bilden. Viele wollen behaupten, die Familie Na¬
poleon, welche allerdings einige sehr reiche Mitglieder hat, habe zusammengeschossen
und, gleichviel zu welchem Zweck, demjenigen eine bedeutende Summe zugestellt, der
ihr vielleicht berufen scheint, den Glanz des alten Kaiserreichs wieder über sie zu er¬
gießen. Nicht weniger, als seine Feste, kostet den Präsidenten seine Geliebte, Miß
Good, mit welcher er schon als Verbannter in England eine zärtliche Liaison gehabt
hat. Dieselbe wohnt in den Champs Elyftcs, ganz nahe bei dem Palast des Elysoe
nationale, und ihre Wohnung ist mit einer Pracht und Eleganz ausgestattet, welche
selbst hier, wo mau doch in dieser Hinsicht so leicht nichts mehr bewundert, Aussehen
macht. Das Haus der Miß Good ist zugleich mit besonderer Sorgfalt ausgewählt.
Es steht , nach jeder Seite frei, mitten in einem reizenden Garten, welcher mit einer
hohen Mauer rings umgeben ist. Zuverlässige Personen und furchtbare Hunde bewa¬
chen es bei Tag und Nacht. Denn der Prinz fürchtet sehr das Schicksal des Bürger-
königs,aber er glaubt nicht, dessen Glückzu haben. Jnseiner eigenen Wohnung, inmitten seiner
treuen L>>!>8s«u^8 tlo Vmeunnu«, fühlt er sich geborgen, nicht aber außerhalb derselben. Und
so furchtsam ist er geworden, daß er trotz aller Wachen und geheimen Polizciagcnten,
welche es fortwährend umschleichen, im Hanse seiner Geliebten dennoch einmal von ir¬
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Welcher von der Zinne der Gartenmauer beherrscht werden kaun, »» pi,-in!ur verlegt
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nen seines Haushalts, welche dies erzählten, wissen über seine Furcht noch gar Vieles
und Ergötzliches zu erzählen: daß er einen tscherkessischen Kettenpanzer,, stets, geladene
Pistolen in den Taschen trage, und selbst die dringendsten Geschäfte an den geheimsten
Orten nicht vornehme, ohne eine solche mit gespanntem Hahn neben sich zusahen. Der
arme, eingebildete Mann mißt wahrscheinlich seinem Leben eine weit größere Wichtigkeit
bei, als es in der TKat für seine Feinde hat. Sein Streben nach Einfluß und Po¬
pularität hat immer noch nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Das von ihm selbst
herausgegebene und redigirte Blatt, Le Napoleon, welches seit diesem Jahr .erscheint, hat
zwar große Sensation erregt, keineswegs aber der zum Sprichwort gewordenen „persön¬
lichen Politik" neue Anhänger geworben. Auch seine Besuche in den Werkstätten der
Fabriken und Arbeiter gewinnen nur hie und da einen Ehrgeizigen. Ich war kürzlich
Zeuge eines solchen Besuchs im Atelier des Herrn Allart, eines der größten Möbel¬
fabrikanten von Paris, im Marais. Das Eintreffen des Präsidenten war schon Wo¬
chen voraus angezeigt, aber verschoben worden, weil er mit mehreren seiner Juliner
in Se. Cloud Schlittschuhe gelaufen und dabei so arg gefallen war, daß er sich einen


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[0438] Richtungen divergirenden Haarwuchs. Dort lorgncttirt Cremieux, der Juifcrrant, die Damen, welche die Fächer vor die Gesichter halten, weil seine exquisite Häßlichkeit ihnen Zuckungen, Nervenzufälle verursacht. Selbst der finstere Lagrange, In >u:>»s ->» l'ohn 6« pi«ton, wie ihn der Volkswitz nennt, hat es nicht verschmäht zu erscheinen und be¬ hauptet seinen eingenommenen Posten am Büffet mit einer Ausdauer, welche einer bes¬ seren Sache würdig wäre. Seinen erwähnten Beinamen hat er erhalten, weil er neu¬ lich von der Tribune herab erklärte, bei dem ersten Versuche, das Königthum wieder¬ herzustellen, würde er nach Hause gehen und sein Percussionsgewehr holen, und dann — AAN! v<ins, >nL«s!t!»>8 K>« I'u^'i-Il«!>-s! Ein wieherndes Gelächter erfolgte aus diese Drohung, welche den Mann in den Augen des niederen Volks zum Heros erhob. La¬ grange ist ein Fanatiker durch und durch, eingefleischter Republikaner, aber auf dem Boden des Gesetzes. seinen großen persönlichen Muth hat er schon bei der Lyoner Emente im Jahre 1832 bewiesen, in welcher er die Arbeiter anführte, und mit der Büchse in der Hand sich tapfer und hartnäckig gegen die Linientruppen schlug. — Un¬ begreiflich ist es noch immer, woher der Präsident das Geld' nimmt, welches er aus¬ gibt. Gewiß ist es, daß er mehr als das Dreifache der hunderttausend Francs aus¬ gibt, welche seine Monatsrcvcnüen bilden. Viele wollen behaupten, die Familie Na¬ poleon, welche allerdings einige sehr reiche Mitglieder hat, habe zusammengeschossen und, gleichviel zu welchem Zweck, demjenigen eine bedeutende Summe zugestellt, der ihr vielleicht berufen scheint, den Glanz des alten Kaiserreichs wieder über sie zu er¬ gießen. Nicht weniger, als seine Feste, kostet den Präsidenten seine Geliebte, Miß Good, mit welcher er schon als Verbannter in England eine zärtliche Liaison gehabt hat. Dieselbe wohnt in den Champs Elyftcs, ganz nahe bei dem Palast des Elysoe nationale, und ihre Wohnung ist mit einer Pracht und Eleganz ausgestattet, welche selbst hier, wo mau doch in dieser Hinsicht so leicht nichts mehr bewundert, Aussehen macht. Das Haus der Miß Good ist zugleich mit besonderer Sorgfalt ausgewählt. Es steht , nach jeder Seite frei, mitten in einem reizenden Garten, welcher mit einer hohen Mauer rings umgeben ist. Zuverlässige Personen und furchtbare Hunde bewa¬ chen es bei Tag und Nacht. Denn der Prinz fürchtet sehr das Schicksal des Bürger- königs,aber er glaubt nicht, dessen Glückzu haben. Jnseiner eigenen Wohnung, inmitten seiner treuen L>>!>8s«u^8 tlo Vmeunnu«, fühlt er sich geborgen, nicht aber außerhalb derselben. Und so furchtsam ist er geworden, daß er trotz aller Wachen und geheimen Polizciagcnten, welche es fortwährend umschleichen, im Hanse seiner Geliebten dennoch einmal von ir¬ gend einem ein>>> ,I>> pi8wi>'i überrascht zu werden glaubt, und deshalb deu Speisesaal, Welcher von der Zinne der Gartenmauer beherrscht werden kaun, »» pi,-in!ur verlegt hat, als kürzlich die Unruhen ausgebrochen und unterdrückt waren. Judiscrcte Perso¬ nen seines Haushalts, welche dies erzählten, wissen über seine Furcht noch gar Vieles und Ergötzliches zu erzählen: daß er einen tscherkessischen Kettenpanzer,, stets, geladene Pistolen in den Taschen trage, und selbst die dringendsten Geschäfte an den geheimsten Orten nicht vornehme, ohne eine solche mit gespanntem Hahn neben sich zusahen. Der arme, eingebildete Mann mißt wahrscheinlich seinem Leben eine weit größere Wichtigkeit bei, als es in der TKat für seine Feinde hat. Sein Streben nach Einfluß und Po¬ pularität hat immer noch nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Das von ihm selbst herausgegebene und redigirte Blatt, Le Napoleon, welches seit diesem Jahr .erscheint, hat zwar große Sensation erregt, keineswegs aber der zum Sprichwort gewordenen „persön¬ lichen Politik" neue Anhänger geworben. Auch seine Besuche in den Werkstätten der Fabriken und Arbeiter gewinnen nur hie und da einen Ehrgeizigen. Ich war kürzlich Zeuge eines solchen Besuchs im Atelier des Herrn Allart, eines der größten Möbel¬ fabrikanten von Paris, im Marais. Das Eintreffen des Präsidenten war schon Wo¬ chen voraus angezeigt, aber verschoben worden, weil er mit mehreren seiner Juliner in Se. Cloud Schlittschuhe gelaufen und dabei so arg gefallen war, daß er sich einen

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/438>, abgerufen am 21.06.2024.