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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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einzelnen Gemüthern des blinden Autoritätsglaubens die alberne Meinung, damals
habe wirklich eine aus Mord und Todtschlag berechnete Verschwörung bestanden, hatte
doch Fürst Windischgrätz das in einer gedruckten Proklamation verkündet, Mo weil es
gedruckt war, glauben das jene Leute noch immer, obwohl derselbe Fürst Windischgrätz,
als, er im Oktober gegen Wien gezogen war, hatte drucken lassen, er sei jetzt ganz
anderer Ansicht geworden. Sonderbar bleibt es doch, daß in Prag, in dem so ver¬
feindeten nationalen slavischen Lager Liebe zur Freiheit, zum Fortschritt allein, revrci-
sentirt ist, während das deutsche Element mit dem Spießbürgerthum und der Philisterei
Chorus macht und sich verbündet. Um dem Slaventhum entgegen zu treten, unterstützt
man jede rückschrittliche Maßregel der Negierung und sieht die Freiheit untergraben.
Bisher wurde den Austrostaven immer vorgeworfen, sie verkauften für eine Glasperle
nationaler Anerkennung ihre Freiheit, wie die wilden Rothhäute; mag das anderwärts
so geschienen haben, in Prag ist eS gerade umgekehrt.

Dieselben Leute, welche im Jahre 1848 aus Slavophobie um Aufrechthaltung des
Belagerungszustandes gebeten, -- damals waren ihrer siebenundsechzig, -- haben erst
kürzlich, bis aus hundert und drei verstärkt, gegen eine im Stadtrath beschlossene Adresse
an den Kaiser, einen wirklich vvrsüudfluthlichcn Protest veröffentlicht, obwohl jene'Adresse,
in Loyalität überströmend, den Dank der Stadt für das vollendete Verfassnngswerk
aussprechen und blos nebenbei die Bitte anfügen sollte, es möge der böhmische Landtag
früher, als im November einberufen, und der Belagerungszustand demnächst aufgehoben
werden. Dem Vernehmen nach soll jene Adresse von v. Pinkas versaßt sein, von wel¬
chem anch der ganze Antrag im Stadtrathe ausgegangen war. Stände meine Ansicht
von diesem Manne nicht ziemlich fest, so würde mich jener Antrag und der Ton der
Adresse beinahe zu der Idee geführt haben, auch dieser Mann sei wankend und oppositionS-
müdc geworden, wie hätte er -- so dachte ich -- außerdem eine solche von Loyalität
überströmende Adresse ans seiner Feder pressen, wie hätte er, ein äußerst thätiges Mit¬
glied des Constitntionsansschnsses zu Krcmsier, den Dank sür die Vollendung des Ner-
fassungSwcrkcs aussprechen können, nachdem dasselbe eben durch die Vollendung, nämlich
der schlechten Landesverfassungen, vollends zu Schanden geworden ist.

Freilich mag die schlechteste Verfassung immer noch besser scheinen, als die heu¬
tige Militärherrschaft, doch ist bei richtiger Auffassung, vom pessimistischen Standpunkte
-- und aus diesen ist Oestreich jetzt gewiesen -- die MilitärdcSpoiie vorzuziehen, denn
sie erbittert, während eine schlechte Verfassung, von einer weniger brutalen, aber mehr
perfiden Regierung, durch wohlangebrachte Korruption gehandhabt, allmälig demorali-
sirt und das Volk in Bande schlägt, welche zäher und fester sind, als die Eisenfessel
der Militärgewalt. Ich tadle den Schritt, den O. Pinkas nnternomwen, weil ich kaum
annehmen kann, er habe etwa vorausgesehen, was heute eingetreten, daß nämlich dieser
Schritt zu einer wichtigen Prinzipienfrage führen werde, indem der Statthalter dem
Stadtrath im direkten Widerspruch mit den Grundrechten, das Recht zur politi¬
schen Petition abgesprochen und dnrch diesen übereilten Schritt, dnrch diesen
offenbaren staatsmännischen Fehler die ganze liberale Journalistik Oestreichs und alle
Communen sammt und sonders zu seinen Gegnern gemacht und das Ministerium in un¬
angenehme Verlegenheit gebracht hat.

So viel ist richtig, daß der Herr Statthalter und seine Räthe, ohnehin nur Kanz¬
leimänner von vormals, bei ihrem ersten politischen Debüt, was politischen Takt betrifft,
sich sür insolvent erklärt, sich von jenen 103 Protestirendeu in's Bockshorn haben jagen
lassen. Sie bewiesen überdies, daß sie in der Partei und nicht über den Par¬
teien stehen. In den alten Gubernialbureaus freilich hat man politischen Takt kaum
erlernen können. Jene Liste der Protestirendeu, welche das Journal Union veröffent¬
licht hat, ist übrigens nicht uninteressant und für die Sache der Freiheit überdies tröst¬
lich; -- zählt Prag wirklich nicht mehr und nicht gewichtigere Feinde des Fortschritts,


einzelnen Gemüthern des blinden Autoritätsglaubens die alberne Meinung, damals
habe wirklich eine aus Mord und Todtschlag berechnete Verschwörung bestanden, hatte
doch Fürst Windischgrätz das in einer gedruckten Proklamation verkündet, Mo weil es
gedruckt war, glauben das jene Leute noch immer, obwohl derselbe Fürst Windischgrätz,
als, er im Oktober gegen Wien gezogen war, hatte drucken lassen, er sei jetzt ganz
anderer Ansicht geworden. Sonderbar bleibt es doch, daß in Prag, in dem so ver¬
feindeten nationalen slavischen Lager Liebe zur Freiheit, zum Fortschritt allein, revrci-
sentirt ist, während das deutsche Element mit dem Spießbürgerthum und der Philisterei
Chorus macht und sich verbündet. Um dem Slaventhum entgegen zu treten, unterstützt
man jede rückschrittliche Maßregel der Negierung und sieht die Freiheit untergraben.
Bisher wurde den Austrostaven immer vorgeworfen, sie verkauften für eine Glasperle
nationaler Anerkennung ihre Freiheit, wie die wilden Rothhäute; mag das anderwärts
so geschienen haben, in Prag ist eS gerade umgekehrt.

Dieselben Leute, welche im Jahre 1848 aus Slavophobie um Aufrechthaltung des
Belagerungszustandes gebeten, — damals waren ihrer siebenundsechzig, — haben erst
kürzlich, bis aus hundert und drei verstärkt, gegen eine im Stadtrath beschlossene Adresse
an den Kaiser, einen wirklich vvrsüudfluthlichcn Protest veröffentlicht, obwohl jene'Adresse,
in Loyalität überströmend, den Dank der Stadt für das vollendete Verfassnngswerk
aussprechen und blos nebenbei die Bitte anfügen sollte, es möge der böhmische Landtag
früher, als im November einberufen, und der Belagerungszustand demnächst aufgehoben
werden. Dem Vernehmen nach soll jene Adresse von v. Pinkas versaßt sein, von wel¬
chem anch der ganze Antrag im Stadtrathe ausgegangen war. Stände meine Ansicht
von diesem Manne nicht ziemlich fest, so würde mich jener Antrag und der Ton der
Adresse beinahe zu der Idee geführt haben, auch dieser Mann sei wankend und oppositionS-
müdc geworden, wie hätte er — so dachte ich — außerdem eine solche von Loyalität
überströmende Adresse ans seiner Feder pressen, wie hätte er, ein äußerst thätiges Mit¬
glied des Constitntionsansschnsses zu Krcmsier, den Dank sür die Vollendung des Ner-
fassungSwcrkcs aussprechen können, nachdem dasselbe eben durch die Vollendung, nämlich
der schlechten Landesverfassungen, vollends zu Schanden geworden ist.

Freilich mag die schlechteste Verfassung immer noch besser scheinen, als die heu¬
tige Militärherrschaft, doch ist bei richtiger Auffassung, vom pessimistischen Standpunkte
— und aus diesen ist Oestreich jetzt gewiesen — die MilitärdcSpoiie vorzuziehen, denn
sie erbittert, während eine schlechte Verfassung, von einer weniger brutalen, aber mehr
perfiden Regierung, durch wohlangebrachte Korruption gehandhabt, allmälig demorali-
sirt und das Volk in Bande schlägt, welche zäher und fester sind, als die Eisenfessel
der Militärgewalt. Ich tadle den Schritt, den O. Pinkas nnternomwen, weil ich kaum
annehmen kann, er habe etwa vorausgesehen, was heute eingetreten, daß nämlich dieser
Schritt zu einer wichtigen Prinzipienfrage führen werde, indem der Statthalter dem
Stadtrath im direkten Widerspruch mit den Grundrechten, das Recht zur politi¬
schen Petition abgesprochen und dnrch diesen übereilten Schritt, dnrch diesen
offenbaren staatsmännischen Fehler die ganze liberale Journalistik Oestreichs und alle
Communen sammt und sonders zu seinen Gegnern gemacht und das Ministerium in un¬
angenehme Verlegenheit gebracht hat.

So viel ist richtig, daß der Herr Statthalter und seine Räthe, ohnehin nur Kanz¬
leimänner von vormals, bei ihrem ersten politischen Debüt, was politischen Takt betrifft,
sich sür insolvent erklärt, sich von jenen 103 Protestirendeu in's Bockshorn haben jagen
lassen. Sie bewiesen überdies, daß sie in der Partei und nicht über den Par¬
teien stehen. In den alten Gubernialbureaus freilich hat man politischen Takt kaum
erlernen können. Jene Liste der Protestirendeu, welche das Journal Union veröffent¬
licht hat, ist übrigens nicht uninteressant und für die Sache der Freiheit überdies tröst¬
lich; — zählt Prag wirklich nicht mehr und nicht gewichtigere Feinde des Fortschritts,


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[0285] einzelnen Gemüthern des blinden Autoritätsglaubens die alberne Meinung, damals habe wirklich eine aus Mord und Todtschlag berechnete Verschwörung bestanden, hatte doch Fürst Windischgrätz das in einer gedruckten Proklamation verkündet, Mo weil es gedruckt war, glauben das jene Leute noch immer, obwohl derselbe Fürst Windischgrätz, als, er im Oktober gegen Wien gezogen war, hatte drucken lassen, er sei jetzt ganz anderer Ansicht geworden. Sonderbar bleibt es doch, daß in Prag, in dem so ver¬ feindeten nationalen slavischen Lager Liebe zur Freiheit, zum Fortschritt allein, revrci- sentirt ist, während das deutsche Element mit dem Spießbürgerthum und der Philisterei Chorus macht und sich verbündet. Um dem Slaventhum entgegen zu treten, unterstützt man jede rückschrittliche Maßregel der Negierung und sieht die Freiheit untergraben. Bisher wurde den Austrostaven immer vorgeworfen, sie verkauften für eine Glasperle nationaler Anerkennung ihre Freiheit, wie die wilden Rothhäute; mag das anderwärts so geschienen haben, in Prag ist eS gerade umgekehrt. Dieselben Leute, welche im Jahre 1848 aus Slavophobie um Aufrechthaltung des Belagerungszustandes gebeten, — damals waren ihrer siebenundsechzig, — haben erst kürzlich, bis aus hundert und drei verstärkt, gegen eine im Stadtrath beschlossene Adresse an den Kaiser, einen wirklich vvrsüudfluthlichcn Protest veröffentlicht, obwohl jene'Adresse, in Loyalität überströmend, den Dank der Stadt für das vollendete Verfassnngswerk aussprechen und blos nebenbei die Bitte anfügen sollte, es möge der böhmische Landtag früher, als im November einberufen, und der Belagerungszustand demnächst aufgehoben werden. Dem Vernehmen nach soll jene Adresse von v. Pinkas versaßt sein, von wel¬ chem anch der ganze Antrag im Stadtrathe ausgegangen war. Stände meine Ansicht von diesem Manne nicht ziemlich fest, so würde mich jener Antrag und der Ton der Adresse beinahe zu der Idee geführt haben, auch dieser Mann sei wankend und oppositionS- müdc geworden, wie hätte er — so dachte ich — außerdem eine solche von Loyalität überströmende Adresse ans seiner Feder pressen, wie hätte er, ein äußerst thätiges Mit¬ glied des Constitntionsansschnsses zu Krcmsier, den Dank sür die Vollendung des Ner- fassungSwcrkcs aussprechen können, nachdem dasselbe eben durch die Vollendung, nämlich der schlechten Landesverfassungen, vollends zu Schanden geworden ist. Freilich mag die schlechteste Verfassung immer noch besser scheinen, als die heu¬ tige Militärherrschaft, doch ist bei richtiger Auffassung, vom pessimistischen Standpunkte — und aus diesen ist Oestreich jetzt gewiesen — die MilitärdcSpoiie vorzuziehen, denn sie erbittert, während eine schlechte Verfassung, von einer weniger brutalen, aber mehr perfiden Regierung, durch wohlangebrachte Korruption gehandhabt, allmälig demorali- sirt und das Volk in Bande schlägt, welche zäher und fester sind, als die Eisenfessel der Militärgewalt. Ich tadle den Schritt, den O. Pinkas nnternomwen, weil ich kaum annehmen kann, er habe etwa vorausgesehen, was heute eingetreten, daß nämlich dieser Schritt zu einer wichtigen Prinzipienfrage führen werde, indem der Statthalter dem Stadtrath im direkten Widerspruch mit den Grundrechten, das Recht zur politi¬ schen Petition abgesprochen und dnrch diesen übereilten Schritt, dnrch diesen offenbaren staatsmännischen Fehler die ganze liberale Journalistik Oestreichs und alle Communen sammt und sonders zu seinen Gegnern gemacht und das Ministerium in un¬ angenehme Verlegenheit gebracht hat. So viel ist richtig, daß der Herr Statthalter und seine Räthe, ohnehin nur Kanz¬ leimänner von vormals, bei ihrem ersten politischen Debüt, was politischen Takt betrifft, sich sür insolvent erklärt, sich von jenen 103 Protestirendeu in's Bockshorn haben jagen lassen. Sie bewiesen überdies, daß sie in der Partei und nicht über den Par¬ teien stehen. In den alten Gubernialbureaus freilich hat man politischen Takt kaum erlernen können. Jene Liste der Protestirendeu, welche das Journal Union veröffent¬ licht hat, ist übrigens nicht uninteressant und für die Sache der Freiheit überdies tröst¬ lich; — zählt Prag wirklich nicht mehr und nicht gewichtigere Feinde des Fortschritts,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/285>, abgerufen am 24.07.2024.