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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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Nachdem Oberst von Urff (derselbe, welcher sich am 6. Dec. 1847 dazu
verstanden hatte, dein Kurfürsten die Bedenken des Officiercorps hinsichtlich des
neuen Fahnen- resp. HuldiguugSeideS vorzulegen) das Kriegsministerium kurze
Zeit auftragsweise versehen, wurde im März 1849 Major Bö dick er provisori¬
scher Vorstand desselben. Auch dieser gilt als sehr gescheidter, ja schlauer,
vielgewaudter, wohlunterrichteter Officier. Hochstehende Fachgenossen haben him
hinsichtlich seiner Geschäftöleitnug vor allen übrigen März-Kriegsministern die
Palme zuerkannt. Besonders rühmt man sein taktvolles Benehmen gegen
ältere und an Rang höher steheude Ofstciere. Unter ihm fand die Ausrüstung
und Absendung eiues hessischen Truppencorps nach Schleswig statt, bei welcher
Gelegenheit sich uuter uusern Soldaten ein edler kriegerischer Wetteifer kundgab:
die Abziehenden wurden von den Zurückbleibenden um ihr Glück nicht wenig be¬
neidet. Nachdem Bödicker "aus Gesundheitsrücksichten" erst einen längern Ur¬
laub, daun seine Entlassung genommen, wurde er zum Oberstlieutenant und
Commandeur der Division Kurfürst - Husaren, frühere Garde dn Corps, er¬
nannt, ist aber in neuester Zeit wegen seiner Verfassungstreue dieses Postens
enthoben worden.

Sein Nachfolger war vom December 1849 bis zum Fall des Märzministeriums
der wegen seines biedern Charakters, seiner Herzensgüte, patriotischen Gesinnung
und musterhaften Pflichttreue allgemein hochgeachtete Oberstlieutenant v. No ques,
Abkömmling eiuer aus dem südlichen Frankreich stammenden protestantischen Familie,
welche nach Aufhebung des Edicts von Nantes (1685) in Hessen eine Zuflucht
fand. Er war geboren 1795, seit seinem 15. Jahre Soldat, seit 1840 dem
Kriegsministerium als Referent beigegeben, daher ein wohlerfahrener Geschäfts¬
mann. Bei der Rückkehr Hasscnpflng'ö schied er ans dem Cabinet und trat wieder
als Stabsofficier in'S Garde-Regiment, starb aber schon im Juli 1850, tief-
betranert von seinen Waffengefährten und sonstigen Freunden, wie man glaubt,
ein Opfer der aufreibenden Zeitereignisse.




Nachdem Oberst von Urff (derselbe, welcher sich am 6. Dec. 1847 dazu
verstanden hatte, dein Kurfürsten die Bedenken des Officiercorps hinsichtlich des
neuen Fahnen- resp. HuldiguugSeideS vorzulegen) das Kriegsministerium kurze
Zeit auftragsweise versehen, wurde im März 1849 Major Bö dick er provisori¬
scher Vorstand desselben. Auch dieser gilt als sehr gescheidter, ja schlauer,
vielgewaudter, wohlunterrichteter Officier. Hochstehende Fachgenossen haben him
hinsichtlich seiner Geschäftöleitnug vor allen übrigen März-Kriegsministern die
Palme zuerkannt. Besonders rühmt man sein taktvolles Benehmen gegen
ältere und an Rang höher steheude Ofstciere. Unter ihm fand die Ausrüstung
und Absendung eiues hessischen Truppencorps nach Schleswig statt, bei welcher
Gelegenheit sich uuter uusern Soldaten ein edler kriegerischer Wetteifer kundgab:
die Abziehenden wurden von den Zurückbleibenden um ihr Glück nicht wenig be¬
neidet. Nachdem Bödicker „aus Gesundheitsrücksichten" erst einen längern Ur¬
laub, daun seine Entlassung genommen, wurde er zum Oberstlieutenant und
Commandeur der Division Kurfürst - Husaren, frühere Garde dn Corps, er¬
nannt, ist aber in neuester Zeit wegen seiner Verfassungstreue dieses Postens
enthoben worden.

Sein Nachfolger war vom December 1849 bis zum Fall des Märzministeriums
der wegen seines biedern Charakters, seiner Herzensgüte, patriotischen Gesinnung
und musterhaften Pflichttreue allgemein hochgeachtete Oberstlieutenant v. No ques,
Abkömmling eiuer aus dem südlichen Frankreich stammenden protestantischen Familie,
welche nach Aufhebung des Edicts von Nantes (1685) in Hessen eine Zuflucht
fand. Er war geboren 1795, seit seinem 15. Jahre Soldat, seit 1840 dem
Kriegsministerium als Referent beigegeben, daher ein wohlerfahrener Geschäfts¬
mann. Bei der Rückkehr Hasscnpflng'ö schied er ans dem Cabinet und trat wieder
als Stabsofficier in'S Garde-Regiment, starb aber schon im Juli 1850, tief-
betranert von seinen Waffengefährten und sonstigen Freunden, wie man glaubt,
ein Opfer der aufreibenden Zeitereignisse.




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[0432] Nachdem Oberst von Urff (derselbe, welcher sich am 6. Dec. 1847 dazu verstanden hatte, dein Kurfürsten die Bedenken des Officiercorps hinsichtlich des neuen Fahnen- resp. HuldiguugSeideS vorzulegen) das Kriegsministerium kurze Zeit auftragsweise versehen, wurde im März 1849 Major Bö dick er provisori¬ scher Vorstand desselben. Auch dieser gilt als sehr gescheidter, ja schlauer, vielgewaudter, wohlunterrichteter Officier. Hochstehende Fachgenossen haben him hinsichtlich seiner Geschäftöleitnug vor allen übrigen März-Kriegsministern die Palme zuerkannt. Besonders rühmt man sein taktvolles Benehmen gegen ältere und an Rang höher steheude Ofstciere. Unter ihm fand die Ausrüstung und Absendung eiues hessischen Truppencorps nach Schleswig statt, bei welcher Gelegenheit sich uuter uusern Soldaten ein edler kriegerischer Wetteifer kundgab: die Abziehenden wurden von den Zurückbleibenden um ihr Glück nicht wenig be¬ neidet. Nachdem Bödicker „aus Gesundheitsrücksichten" erst einen längern Ur¬ laub, daun seine Entlassung genommen, wurde er zum Oberstlieutenant und Commandeur der Division Kurfürst - Husaren, frühere Garde dn Corps, er¬ nannt, ist aber in neuester Zeit wegen seiner Verfassungstreue dieses Postens enthoben worden. Sein Nachfolger war vom December 1849 bis zum Fall des Märzministeriums der wegen seines biedern Charakters, seiner Herzensgüte, patriotischen Gesinnung und musterhaften Pflichttreue allgemein hochgeachtete Oberstlieutenant v. No ques, Abkömmling eiuer aus dem südlichen Frankreich stammenden protestantischen Familie, welche nach Aufhebung des Edicts von Nantes (1685) in Hessen eine Zuflucht fand. Er war geboren 1795, seit seinem 15. Jahre Soldat, seit 1840 dem Kriegsministerium als Referent beigegeben, daher ein wohlerfahrener Geschäfts¬ mann. Bei der Rückkehr Hasscnpflng'ö schied er ans dem Cabinet und trat wieder als Stabsofficier in'S Garde-Regiment, starb aber schon im Juli 1850, tief- betranert von seinen Waffengefährten und sonstigen Freunden, wie man glaubt, ein Opfer der aufreibenden Zeitereignisse.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/432>, abgerufen am 26.07.2024.