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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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traut zu sein und die Stimmung desselben seit der Octroyirung seiner Landesverfassung
und besonders seit der Einführung der neuen unerhörten Steuern unbefangen zu
beobachten. Auch fühlen bereits die antimagyarischen Agitatoren in Agram das Erwachen
dieser ihnen sehr gefährlichen Kraft, und um den erlöschenden Haß zu nähren, wurde auf
Antrag des Redacteurs der Agramer Zeitung, Herrn Bauduar, beschlossen, den im Cor->
teskamvf von 1845 für die Nationalität Gefallenen ein Denkmal zu errichten. Die Ge¬
schichte kennt diesen Kampf, und der Antragsteller selbst wird es nicht leugnen können,
daß die damals herrschende magyarische Partei wehr- und waffenlos von den bewaffneten
Jllyriern angegriffen und gemordet wurde. Wir müßten alle Bildhauer Europa's beschäf¬
tigen, wollten wir in jeder Comitatsstadt, wo einst ein Corteskampf stattfand, ein Denk¬
mal errichten; doch unsere Geschichte wird uns, wenn einst andere Zeiten kommen sollten,
bessere Stoffe zu Nationaldenkmälern liefern. Sollten denn unsere kroatischen Brüder
wirklich so arm sein? Wir hatten ja bis zum März eine Geschichte!

Die vor zwei Monaten veröffentlichte Organisation der politischen Behörden erhielt
ihre Weihe durch die Ernennung der fünf Obergcspane für die fünf politischen Kreise.
Für Pesth ist v. August, für Kaschau Gr. Foryäch, für Oedenburg B. Hauer, für
Preßburg Gr. Altens, für Großwardein v. Dory bestimmt. Die Namen sind theils
fremde, theils einer Partei gehörende, die im Vormärz nichts weniger als populär
war. Erstere werden schwerlich je, letztere nur dann Popularität gewinnrn, wenn sie
und ihre Partei wirklich im Stande sind, das für das gedrückte Vaterland zu erwirken,
was den Liberalen unter den jetzigen Umständen unmöglich ist. Können sie zum ersten
Landtage eine solche Empfehlung mitbringen: gut; wo nicht, so müssen sie fallen trotz
Centralisation und Octroi.

In diesen Tagen verließ uns die liebenswürdige Lagrange nach einem sechsmonat¬
lichen Aufenthalt. Sie war anfänglich nur auf einen Cyklus von 12 Vorstellungen
engagirt, aber ihr Talent und noch mehr ihre Liebe zur magyarischen Nationalität (häufige
Benesizvorstelluugen für nationale Zwecke, besonders für das National-Conservatorium),
haben ihr viele Freunde erworben. Ihr Gesang, den wir mehr als sechszig Mal zu
hören Gelegenheit hatten, würde uns gewiß auch die Winterabende gekürzt haben, wenn
nicht früher eingegangene Verpflichtungen sie nach Berlin gerufen hätten. Vor ihrer
Abreise überreichte sie dem sie besuchenden Fräulein v. Bohns 50 Fi. C.-M. für ver¬
unglückte Honveds.




Im Verlag von Immanuel Müller in Leipzig ist so eben erschienen:
Das
Verdi et des Bürgers
über
die Bekenntnisse eines Soldaten.
Motto: "O schöner Tag, wenn endlich der Soldat
Jn's Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit,
Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten."
__ Mur Piccolomini.
Octav. In Umschlag broschirt. Preis 20 kr. C. M. 7 Ngr.




Verlag von F. L. Herbig. -- Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Druck von C. E. Elbert.

traut zu sein und die Stimmung desselben seit der Octroyirung seiner Landesverfassung
und besonders seit der Einführung der neuen unerhörten Steuern unbefangen zu
beobachten. Auch fühlen bereits die antimagyarischen Agitatoren in Agram das Erwachen
dieser ihnen sehr gefährlichen Kraft, und um den erlöschenden Haß zu nähren, wurde auf
Antrag des Redacteurs der Agramer Zeitung, Herrn Bauduar, beschlossen, den im Cor->
teskamvf von 1845 für die Nationalität Gefallenen ein Denkmal zu errichten. Die Ge¬
schichte kennt diesen Kampf, und der Antragsteller selbst wird es nicht leugnen können,
daß die damals herrschende magyarische Partei wehr- und waffenlos von den bewaffneten
Jllyriern angegriffen und gemordet wurde. Wir müßten alle Bildhauer Europa's beschäf¬
tigen, wollten wir in jeder Comitatsstadt, wo einst ein Corteskampf stattfand, ein Denk¬
mal errichten; doch unsere Geschichte wird uns, wenn einst andere Zeiten kommen sollten,
bessere Stoffe zu Nationaldenkmälern liefern. Sollten denn unsere kroatischen Brüder
wirklich so arm sein? Wir hatten ja bis zum März eine Geschichte!

Die vor zwei Monaten veröffentlichte Organisation der politischen Behörden erhielt
ihre Weihe durch die Ernennung der fünf Obergcspane für die fünf politischen Kreise.
Für Pesth ist v. August, für Kaschau Gr. Foryäch, für Oedenburg B. Hauer, für
Preßburg Gr. Altens, für Großwardein v. Dory bestimmt. Die Namen sind theils
fremde, theils einer Partei gehörende, die im Vormärz nichts weniger als populär
war. Erstere werden schwerlich je, letztere nur dann Popularität gewinnrn, wenn sie
und ihre Partei wirklich im Stande sind, das für das gedrückte Vaterland zu erwirken,
was den Liberalen unter den jetzigen Umständen unmöglich ist. Können sie zum ersten
Landtage eine solche Empfehlung mitbringen: gut; wo nicht, so müssen sie fallen trotz
Centralisation und Octroi.

In diesen Tagen verließ uns die liebenswürdige Lagrange nach einem sechsmonat¬
lichen Aufenthalt. Sie war anfänglich nur auf einen Cyklus von 12 Vorstellungen
engagirt, aber ihr Talent und noch mehr ihre Liebe zur magyarischen Nationalität (häufige
Benesizvorstelluugen für nationale Zwecke, besonders für das National-Conservatorium),
haben ihr viele Freunde erworben. Ihr Gesang, den wir mehr als sechszig Mal zu
hören Gelegenheit hatten, würde uns gewiß auch die Winterabende gekürzt haben, wenn
nicht früher eingegangene Verpflichtungen sie nach Berlin gerufen hätten. Vor ihrer
Abreise überreichte sie dem sie besuchenden Fräulein v. Bohns 50 Fi. C.-M. für ver¬
unglückte Honveds.




Im Verlag von Immanuel Müller in Leipzig ist so eben erschienen:
Das
Verdi et des Bürgers
über
die Bekenntnisse eines Soldaten.
Motto: „O schöner Tag, wenn endlich der Soldat
Jn's Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit,
Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten."
__ Mur Piccolomini.
Octav. In Umschlag broschirt. Preis 20 kr. C. M. 7 Ngr.




Verlag von F. L. Herbig. — Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Druck von C. E. Elbert.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/408>, abgerufen am 23.07.2024.