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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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Monarchie zu sichern. Allerdings war das nur der geringste Theil der Gesammt-
macht des neugebackenen "Reiches" Baiern; ans dem Papier standen damals schon
30,000 Mann. Jetzt aber sollen, wie die bairischen officiellen Berichte ein¬
stimmig angeben, 76,000 Mann schlagfertig sein. Gewiß ist es, daß 16 Infan¬
terieregimenter vorhanden sind, von denen jedes vor 1848 aus 2 Bataillonen
bestand, das Bataillon zu acht- bis neunhundert Maun gerechnet. 1848 brachte
als die wesentlichste Neuerung für Baiern die Creirung vou dritten Bataillonen,
die, wenn sie vollständig wären, einen Effcctivstand der Infanterie von etwa
45,000 Mann gäben. -- Aber bis vor Kurzem war zwar der Stamm aller 16
dritten Bataillone gebildet, doch kein einziges von ihnen ganz vollständig und von
einigen eben nichts weiter als der Stamm vorhanden. Ganz neuerlich ist die
Errichtung von vierten Bataillonen durch Ordre des Kriegsministers befohlen
worden; da man aber die größte Mühe hatte, den Stamm der dritten zusammen¬
zubringen und ihre Completirung wegen Mangel an Geld, Equipirungs- und
Armaturstücken gar uicht durchgesetzt werden konnte, so werden wohl diese vierten
Bataillone für immer auf dem Papier bleiben. Maki lasse sich nicht dadurch
täuschen, daß die bairischen Zeitungen schon jetzt von ihrer zusehends fortschreiten¬
den Bildung sprechen; sie haben dies seiner Zeit mit denselben Worten auch vou
den dritten Bataillonen gethan, als noch kein einziger Unter- und Oberofsicier
für irgeud eines derselben ernannt war. -- Die Ausrüstung dieser 45,000 Mann
Infanterie ist fast noch ganz dieselbe, wie wir sie aus unsern Jugendjahren von
den Nürnberger Bilderbogen kennen, die zumeist vaterländische Krieger abzuconter-
feien pflegen. Der breite Helm ohne Decke des Nackens -- das sogenannte
bairische Caöquet, eine Verballhornung des allen Dragonerhelms; jetzt statt der
urvorweltlich zugeschnittenen Fracks Waffenröcke von dem altbairischen Kornblumen¬
blau, schwarze oder weiße Hosen und sehr viel Lederzeug geben dem Anblick des
bairischen Jnfanteristen durchaus nichts vou dem Eleganten, Einfachen und doch
dem Auge Wohlthuenden, welches die preußische Uniformirung und die ihr nach¬
gebildeten zu einem relativ vollendeten Muster erhebt. -- Die Bewaffnung be¬
steht in Percussionsgewehren -- ob die dritten Bataillone vollständig damit ver¬
sehen sind, wäre noch erst zu ermitteln, für die vierten hat der Staat im Allgenblick
sicher keine Wasservorräthe -- und einem nicht unpraktischen kurzen Säbel, der erst
neuerlich eingeführt worden ist. Die Bepacknng ist wenigstens im Ganzen nach dem
außerhalb Preußen fast allgemein üblichen System eingerichtet und trägt eben¬
falls nicht bei, den Glanz der äußern Erscheinung des bairischen Jnfanteristen zu
erhöben, wie sie auch sonst in der Armee selbst bei dem gemeinen Manne wegen
ihrer Schwere und Unbequemlichkeit durchaus verhaßt ist. --

Die Cavallerie bestand lind besteht noch aus 6 leichten und zwei schweren
Regimentern. Die ersten führen den Namen ekLvcmx-leKors, der sich außer
Oestreich und Hessen-Darmstadt nirgends in Deutschland erhalten hat. Es ist


Monarchie zu sichern. Allerdings war das nur der geringste Theil der Gesammt-
macht des neugebackenen „Reiches" Baiern; ans dem Papier standen damals schon
30,000 Mann. Jetzt aber sollen, wie die bairischen officiellen Berichte ein¬
stimmig angeben, 76,000 Mann schlagfertig sein. Gewiß ist es, daß 16 Infan¬
terieregimenter vorhanden sind, von denen jedes vor 1848 aus 2 Bataillonen
bestand, das Bataillon zu acht- bis neunhundert Maun gerechnet. 1848 brachte
als die wesentlichste Neuerung für Baiern die Creirung vou dritten Bataillonen,
die, wenn sie vollständig wären, einen Effcctivstand der Infanterie von etwa
45,000 Mann gäben. — Aber bis vor Kurzem war zwar der Stamm aller 16
dritten Bataillone gebildet, doch kein einziges von ihnen ganz vollständig und von
einigen eben nichts weiter als der Stamm vorhanden. Ganz neuerlich ist die
Errichtung von vierten Bataillonen durch Ordre des Kriegsministers befohlen
worden; da man aber die größte Mühe hatte, den Stamm der dritten zusammen¬
zubringen und ihre Completirung wegen Mangel an Geld, Equipirungs- und
Armaturstücken gar uicht durchgesetzt werden konnte, so werden wohl diese vierten
Bataillone für immer auf dem Papier bleiben. Maki lasse sich nicht dadurch
täuschen, daß die bairischen Zeitungen schon jetzt von ihrer zusehends fortschreiten¬
den Bildung sprechen; sie haben dies seiner Zeit mit denselben Worten auch vou
den dritten Bataillonen gethan, als noch kein einziger Unter- und Oberofsicier
für irgeud eines derselben ernannt war. — Die Ausrüstung dieser 45,000 Mann
Infanterie ist fast noch ganz dieselbe, wie wir sie aus unsern Jugendjahren von
den Nürnberger Bilderbogen kennen, die zumeist vaterländische Krieger abzuconter-
feien pflegen. Der breite Helm ohne Decke des Nackens — das sogenannte
bairische Caöquet, eine Verballhornung des allen Dragonerhelms; jetzt statt der
urvorweltlich zugeschnittenen Fracks Waffenröcke von dem altbairischen Kornblumen¬
blau, schwarze oder weiße Hosen und sehr viel Lederzeug geben dem Anblick des
bairischen Jnfanteristen durchaus nichts vou dem Eleganten, Einfachen und doch
dem Auge Wohlthuenden, welches die preußische Uniformirung und die ihr nach¬
gebildeten zu einem relativ vollendeten Muster erhebt. — Die Bewaffnung be¬
steht in Percussionsgewehren — ob die dritten Bataillone vollständig damit ver¬
sehen sind, wäre noch erst zu ermitteln, für die vierten hat der Staat im Allgenblick
sicher keine Wasservorräthe — und einem nicht unpraktischen kurzen Säbel, der erst
neuerlich eingeführt worden ist. Die Bepacknng ist wenigstens im Ganzen nach dem
außerhalb Preußen fast allgemein üblichen System eingerichtet und trägt eben¬
falls nicht bei, den Glanz der äußern Erscheinung des bairischen Jnfanteristen zu
erhöben, wie sie auch sonst in der Armee selbst bei dem gemeinen Manne wegen
ihrer Schwere und Unbequemlichkeit durchaus verhaßt ist. —

Die Cavallerie bestand lind besteht noch aus 6 leichten und zwei schweren
Regimentern. Die ersten führen den Namen ekLvcmx-leKors, der sich außer
Oestreich und Hessen-Darmstadt nirgends in Deutschland erhalten hat. Es ist


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[0378] Monarchie zu sichern. Allerdings war das nur der geringste Theil der Gesammt- macht des neugebackenen „Reiches" Baiern; ans dem Papier standen damals schon 30,000 Mann. Jetzt aber sollen, wie die bairischen officiellen Berichte ein¬ stimmig angeben, 76,000 Mann schlagfertig sein. Gewiß ist es, daß 16 Infan¬ terieregimenter vorhanden sind, von denen jedes vor 1848 aus 2 Bataillonen bestand, das Bataillon zu acht- bis neunhundert Maun gerechnet. 1848 brachte als die wesentlichste Neuerung für Baiern die Creirung vou dritten Bataillonen, die, wenn sie vollständig wären, einen Effcctivstand der Infanterie von etwa 45,000 Mann gäben. — Aber bis vor Kurzem war zwar der Stamm aller 16 dritten Bataillone gebildet, doch kein einziges von ihnen ganz vollständig und von einigen eben nichts weiter als der Stamm vorhanden. Ganz neuerlich ist die Errichtung von vierten Bataillonen durch Ordre des Kriegsministers befohlen worden; da man aber die größte Mühe hatte, den Stamm der dritten zusammen¬ zubringen und ihre Completirung wegen Mangel an Geld, Equipirungs- und Armaturstücken gar uicht durchgesetzt werden konnte, so werden wohl diese vierten Bataillone für immer auf dem Papier bleiben. Maki lasse sich nicht dadurch täuschen, daß die bairischen Zeitungen schon jetzt von ihrer zusehends fortschreiten¬ den Bildung sprechen; sie haben dies seiner Zeit mit denselben Worten auch vou den dritten Bataillonen gethan, als noch kein einziger Unter- und Oberofsicier für irgeud eines derselben ernannt war. — Die Ausrüstung dieser 45,000 Mann Infanterie ist fast noch ganz dieselbe, wie wir sie aus unsern Jugendjahren von den Nürnberger Bilderbogen kennen, die zumeist vaterländische Krieger abzuconter- feien pflegen. Der breite Helm ohne Decke des Nackens — das sogenannte bairische Caöquet, eine Verballhornung des allen Dragonerhelms; jetzt statt der urvorweltlich zugeschnittenen Fracks Waffenröcke von dem altbairischen Kornblumen¬ blau, schwarze oder weiße Hosen und sehr viel Lederzeug geben dem Anblick des bairischen Jnfanteristen durchaus nichts vou dem Eleganten, Einfachen und doch dem Auge Wohlthuenden, welches die preußische Uniformirung und die ihr nach¬ gebildeten zu einem relativ vollendeten Muster erhebt. — Die Bewaffnung be¬ steht in Percussionsgewehren — ob die dritten Bataillone vollständig damit ver¬ sehen sind, wäre noch erst zu ermitteln, für die vierten hat der Staat im Allgenblick sicher keine Wasservorräthe — und einem nicht unpraktischen kurzen Säbel, der erst neuerlich eingeführt worden ist. Die Bepacknng ist wenigstens im Ganzen nach dem außerhalb Preußen fast allgemein üblichen System eingerichtet und trägt eben¬ falls nicht bei, den Glanz der äußern Erscheinung des bairischen Jnfanteristen zu erhöben, wie sie auch sonst in der Armee selbst bei dem gemeinen Manne wegen ihrer Schwere und Unbequemlichkeit durchaus verhaßt ist. — Die Cavallerie bestand lind besteht noch aus 6 leichten und zwei schweren Regimentern. Die ersten führen den Namen ekLvcmx-leKors, der sich außer Oestreich und Hessen-Darmstadt nirgends in Deutschland erhalten hat. Es ist

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/378>, abgerufen am 22.07.2024.