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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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Böhmische Haiduken. *)

ES war in den dreißiger Jahren. Der ^Pascha von Nowy-Pazar hatte
einige der berüchtigtsten Haidnken und Arambassen ans der berühmten Bande des
Mladen, Glavac und Serawicza gefangen genommen. Um diese wieder zu
lösen, lauerten die Haidnken Mladen'ö und Serawicza'S auf den Hochzeitszug,
der Emire, des Nowy-Pazarer Pascha's Tochter, in den Harem des befreundeten
Vezir'ö der Herzogovina bringen sollte, sie überfielen das Geleite und entführten
Emire auf das Gebirge, als theueres Unterpfand für das Leben der gefangenen
Kameraden. Der Pascha rief seine Aga's und Spahi's zusammen, die Tochter
zu befreien und Mladen'ö und Serawieza'ö Banden zu vernichten. Es war an
einem Herbstmorgen. Die Sonne beschien die blanken Spitzen der Minarete
von Pazar und die gelbgedörrre berühmte Ebene von Kosowo-polja und spie¬
gelte sich in den blauen Fluthen des Jbar. In Nowy-Pazar und weit
rings um die Mauern wimmelte es von rechtgläubigen Kriegsvolk, das der
Tartariue (Postreiter) aus allen Theilen Bosniens zusammengerufen hatte zum
Heerzug gegen die Haidnken. Die Buudzuke mit den flatternden Noßschweifcn
starrten hoch in die Lust, die grünen Halbmondfahnen der böhmischen Begs wehten
zu Hunderten: die Blüthe der waffenfähigen Osmanlis der Bosra hatte sich bei
Pazar zusammengefunden, die räuberischen Christenhnnde zu züchtigen. Ein lautes
Getümmel herrscht, die Aga's mit den goldglänzenden Gewändern, nnter welchen
oft ein Panzer ans Stahlschnppcn blinkt, tummeln die Rosse, das Fußvolk steht
in Gruppen, laut fluchend dem Christengott und dessen Dienern und begierig
auf den Kampf, der jedem ächten Bosnier-Osmanli hochwillkomner ist. Da
tönt von den Spitzen der Minarete die Saba der Muezzin's, zum Gebete rufend,
und Alles schweigt, die Stirn vor Allah beugend. Noch ist das Gebet nicht
zu Eude, als sich schon Viele wild aufraffen, auf deu Weg von Wncitrn (Wolfs¬
dorn) sind ihre Blicke starr gerichtet. Staunen malt sich in den braunen Ge¬
sichtern und uuter leisem Geflüster und Köpfezusammeustecken deuten die ausge¬
recktem Zeigefinger gegen Wucitru. Dort vom Wucitrner Wege kommen vier
Reiter. Haidukeu siud's! der eine trägt eine Kreuzfahue, von der ein weißer
Schleier flattert. Ruhig im gemessenen Trabb kommen sie furchtlos immer näher
und näher, stolz blicken sie und gleichsam verächtlich auf die Streitmacht ihrer
Feinde von Nowy-Pazar.

"Hoj ho! was wollen die Djauren (Christenhuude)?" -- rufen die Begs --
"kommen sie, um unser zu spotten?"



Dies Stuck ist eine Probe aus einem serbische" größer,: Werke, eine Schilderung
alter serbischer Zustände. Wir haben unsern Correspondenten aufgefordert, über das interes¬
sante Original in diesen Blättern Näheres mitzutheilen.
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Böhmische Haiduken. *)

ES war in den dreißiger Jahren. Der ^Pascha von Nowy-Pazar hatte
einige der berüchtigtsten Haidnken und Arambassen ans der berühmten Bande des
Mladen, Glavac und Serawicza gefangen genommen. Um diese wieder zu
lösen, lauerten die Haidnken Mladen'ö und Serawicza'S auf den Hochzeitszug,
der Emire, des Nowy-Pazarer Pascha's Tochter, in den Harem des befreundeten
Vezir'ö der Herzogovina bringen sollte, sie überfielen das Geleite und entführten
Emire auf das Gebirge, als theueres Unterpfand für das Leben der gefangenen
Kameraden. Der Pascha rief seine Aga's und Spahi's zusammen, die Tochter
zu befreien und Mladen'ö und Serawieza'ö Banden zu vernichten. Es war an
einem Herbstmorgen. Die Sonne beschien die blanken Spitzen der Minarete
von Pazar und die gelbgedörrre berühmte Ebene von Kosowo-polja und spie¬
gelte sich in den blauen Fluthen des Jbar. In Nowy-Pazar und weit
rings um die Mauern wimmelte es von rechtgläubigen Kriegsvolk, das der
Tartariue (Postreiter) aus allen Theilen Bosniens zusammengerufen hatte zum
Heerzug gegen die Haidnken. Die Buudzuke mit den flatternden Noßschweifcn
starrten hoch in die Lust, die grünen Halbmondfahnen der böhmischen Begs wehten
zu Hunderten: die Blüthe der waffenfähigen Osmanlis der Bosra hatte sich bei
Pazar zusammengefunden, die räuberischen Christenhnnde zu züchtigen. Ein lautes
Getümmel herrscht, die Aga's mit den goldglänzenden Gewändern, nnter welchen
oft ein Panzer ans Stahlschnppcn blinkt, tummeln die Rosse, das Fußvolk steht
in Gruppen, laut fluchend dem Christengott und dessen Dienern und begierig
auf den Kampf, der jedem ächten Bosnier-Osmanli hochwillkomner ist. Da
tönt von den Spitzen der Minarete die Saba der Muezzin's, zum Gebete rufend,
und Alles schweigt, die Stirn vor Allah beugend. Noch ist das Gebet nicht
zu Eude, als sich schon Viele wild aufraffen, auf deu Weg von Wncitrn (Wolfs¬
dorn) sind ihre Blicke starr gerichtet. Staunen malt sich in den braunen Ge¬
sichtern und uuter leisem Geflüster und Köpfezusammeustecken deuten die ausge¬
recktem Zeigefinger gegen Wucitru. Dort vom Wucitrner Wege kommen vier
Reiter. Haidukeu siud's! der eine trägt eine Kreuzfahue, von der ein weißer
Schleier flattert. Ruhig im gemessenen Trabb kommen sie furchtlos immer näher
und näher, stolz blicken sie und gleichsam verächtlich auf die Streitmacht ihrer
Feinde von Nowy-Pazar.

„Hoj ho! was wollen die Djauren (Christenhuude)?" — rufen die Begs —
„kommen sie, um unser zu spotten?"



Dies Stuck ist eine Probe aus einem serbische« größer,: Werke, eine Schilderung
alter serbischer Zustände. Wir haben unsern Correspondenten aufgefordert, über das interes¬
sante Original in diesen Blättern Näheres mitzutheilen.
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[0187] Böhmische Haiduken. *) ES war in den dreißiger Jahren. Der ^Pascha von Nowy-Pazar hatte einige der berüchtigtsten Haidnken und Arambassen ans der berühmten Bande des Mladen, Glavac und Serawicza gefangen genommen. Um diese wieder zu lösen, lauerten die Haidnken Mladen'ö und Serawicza'S auf den Hochzeitszug, der Emire, des Nowy-Pazarer Pascha's Tochter, in den Harem des befreundeten Vezir'ö der Herzogovina bringen sollte, sie überfielen das Geleite und entführten Emire auf das Gebirge, als theueres Unterpfand für das Leben der gefangenen Kameraden. Der Pascha rief seine Aga's und Spahi's zusammen, die Tochter zu befreien und Mladen'ö und Serawieza'ö Banden zu vernichten. Es war an einem Herbstmorgen. Die Sonne beschien die blanken Spitzen der Minarete von Pazar und die gelbgedörrre berühmte Ebene von Kosowo-polja und spie¬ gelte sich in den blauen Fluthen des Jbar. In Nowy-Pazar und weit rings um die Mauern wimmelte es von rechtgläubigen Kriegsvolk, das der Tartariue (Postreiter) aus allen Theilen Bosniens zusammengerufen hatte zum Heerzug gegen die Haidnken. Die Buudzuke mit den flatternden Noßschweifcn starrten hoch in die Lust, die grünen Halbmondfahnen der böhmischen Begs wehten zu Hunderten: die Blüthe der waffenfähigen Osmanlis der Bosra hatte sich bei Pazar zusammengefunden, die räuberischen Christenhnnde zu züchtigen. Ein lautes Getümmel herrscht, die Aga's mit den goldglänzenden Gewändern, nnter welchen oft ein Panzer ans Stahlschnppcn blinkt, tummeln die Rosse, das Fußvolk steht in Gruppen, laut fluchend dem Christengott und dessen Dienern und begierig auf den Kampf, der jedem ächten Bosnier-Osmanli hochwillkomner ist. Da tönt von den Spitzen der Minarete die Saba der Muezzin's, zum Gebete rufend, und Alles schweigt, die Stirn vor Allah beugend. Noch ist das Gebet nicht zu Eude, als sich schon Viele wild aufraffen, auf deu Weg von Wncitrn (Wolfs¬ dorn) sind ihre Blicke starr gerichtet. Staunen malt sich in den braunen Ge¬ sichtern und uuter leisem Geflüster und Köpfezusammeustecken deuten die ausge¬ recktem Zeigefinger gegen Wucitru. Dort vom Wucitrner Wege kommen vier Reiter. Haidukeu siud's! der eine trägt eine Kreuzfahue, von der ein weißer Schleier flattert. Ruhig im gemessenen Trabb kommen sie furchtlos immer näher und näher, stolz blicken sie und gleichsam verächtlich auf die Streitmacht ihrer Feinde von Nowy-Pazar. „Hoj ho! was wollen die Djauren (Christenhuude)?" — rufen die Begs — „kommen sie, um unser zu spotten?" Dies Stuck ist eine Probe aus einem serbische« größer,: Werke, eine Schilderung alter serbischer Zustände. Wir haben unsern Correspondenten aufgefordert, über das interes¬ sante Original in diesen Blättern Näheres mitzutheilen. 88"-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/187>, abgerufen am 22.07.2024.