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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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wirknnglos abgeprallt. Unsere Sache hat mit Feinden zu kämpfen, von denen
die offenen im dänischen Lager nicht immer die unangenehmsten sind. So hat
uns auch ein guter Theil der deutschen Presse durch Tactlosigt'eit mehr geschadet,
als gewitzt. Einzelne Korrespondenten lungern in unserm Hauptquartiere umher, um
irgend eine Neuigkeit durch dritte und vierte Hand zu erfahren und möglichst
ausgeschmückt ihren Lesern mitzutheilen. So sind denn oft alberne Zeitungs¬
nachrichten über unsere mährchenhaften Heldenthaten entstanden, die der schleswig-
holsteiuscheu Sache nur geschadet, in unserm Heere selbst gerechten Widerwillen
hervorgerufen haben, und von der dänischen Presse begierig aufgegriffen wor¬
den, uns in lächerliches Licht zu scheu. Einige Officiere von uns haben sich
wiederholt deu Scherz gemacht, bekannten Zcituugscorrespoudenten Geschichten
s. 1a Münchhausen aufzubinden, die dann oft selbst in sonst achtbare Blätter
übergingen. Jetzt ist übrigens durch eigenen Armeebefehl sehr vernünftig allen
Ofstcieren untersagt worden, sich öffentlich über Operationspläne und sonstige
Kriegsangelegenheiten auszusprechen. Ein anderer Nachtheil, den uns die
deutsche Presse zufügt, ist ihr ewiges, oft wirklich unverständiges Drängen
zu entscheidenden Schritten, ohne daß sie die wahren Verhältnisse irgend zu be¬
urtheile" vermag. Wahrlich, das Gesindel unter den Zeitungscorrespondenten
scheint zu glauben, daß wir uur dazu da wären, um ja recht vielen Stoff zu
pikanten Zeitungsartikeln zu liefern. Wenn solch unnützes Geschwätz auch hier
bei uus im Heere selbst nicht den mindesten Einfluß hat, so dient es doch mit
dazu, die kaum erwachten Sympathien für unsere Sache im übrigen Deutschland
schwächen zu helfen, und schadet so dem Schleswig-holsteiuscheu Volke nicht wenig.




Biographien unbernhmier Muffen.
2. Schicksale eines nnirten Popen.

Bekanntlich war die unirte Kirche, die sich innerhalb des russischen Gebietes
nnr in deu vormals polnischen Ländern, besonders in Kleinpolen und Lithauen
sendet, ursprünglich rein griechisch. Erst im 17. Jahrhundert, als die Jesuiten
in Polen zu Ansehen gelangt waren, arbeitete die polnische Regierung darauf hin,
die Griechen der römisch-katholischen Kirche zuzuführen. Eine völlige Einverleibung
war nicht möglich, eine sehr bedeutende Annäherung aber wurde durch kluge Nachsicht
der Negierung und durch den Patriotismus der Griechischgläubigen erwirkt. Denn
öffentlich sprachen sie es aus: indem sie sich der apostolischen Kirche, soweit es
ihr Gewissen erlaube, näherten, stehe ihnen besonders das Wohl der Republik
vor Augen.


wirknnglos abgeprallt. Unsere Sache hat mit Feinden zu kämpfen, von denen
die offenen im dänischen Lager nicht immer die unangenehmsten sind. So hat
uns auch ein guter Theil der deutschen Presse durch Tactlosigt'eit mehr geschadet,
als gewitzt. Einzelne Korrespondenten lungern in unserm Hauptquartiere umher, um
irgend eine Neuigkeit durch dritte und vierte Hand zu erfahren und möglichst
ausgeschmückt ihren Lesern mitzutheilen. So sind denn oft alberne Zeitungs¬
nachrichten über unsere mährchenhaften Heldenthaten entstanden, die der schleswig-
holsteiuscheu Sache nur geschadet, in unserm Heere selbst gerechten Widerwillen
hervorgerufen haben, und von der dänischen Presse begierig aufgegriffen wor¬
den, uns in lächerliches Licht zu scheu. Einige Officiere von uns haben sich
wiederholt deu Scherz gemacht, bekannten Zcituugscorrespoudenten Geschichten
s. 1a Münchhausen aufzubinden, die dann oft selbst in sonst achtbare Blätter
übergingen. Jetzt ist übrigens durch eigenen Armeebefehl sehr vernünftig allen
Ofstcieren untersagt worden, sich öffentlich über Operationspläne und sonstige
Kriegsangelegenheiten auszusprechen. Ein anderer Nachtheil, den uns die
deutsche Presse zufügt, ist ihr ewiges, oft wirklich unverständiges Drängen
zu entscheidenden Schritten, ohne daß sie die wahren Verhältnisse irgend zu be¬
urtheile« vermag. Wahrlich, das Gesindel unter den Zeitungscorrespondenten
scheint zu glauben, daß wir uur dazu da wären, um ja recht vielen Stoff zu
pikanten Zeitungsartikeln zu liefern. Wenn solch unnützes Geschwätz auch hier
bei uus im Heere selbst nicht den mindesten Einfluß hat, so dient es doch mit
dazu, die kaum erwachten Sympathien für unsere Sache im übrigen Deutschland
schwächen zu helfen, und schadet so dem Schleswig-holsteiuscheu Volke nicht wenig.




Biographien unbernhmier Muffen.
2. Schicksale eines nnirten Popen.

Bekanntlich war die unirte Kirche, die sich innerhalb des russischen Gebietes
nnr in deu vormals polnischen Ländern, besonders in Kleinpolen und Lithauen
sendet, ursprünglich rein griechisch. Erst im 17. Jahrhundert, als die Jesuiten
in Polen zu Ansehen gelangt waren, arbeitete die polnische Regierung darauf hin,
die Griechen der römisch-katholischen Kirche zuzuführen. Eine völlige Einverleibung
war nicht möglich, eine sehr bedeutende Annäherung aber wurde durch kluge Nachsicht
der Negierung und durch den Patriotismus der Griechischgläubigen erwirkt. Denn
öffentlich sprachen sie es aus: indem sie sich der apostolischen Kirche, soweit es
ihr Gewissen erlaube, näherten, stehe ihnen besonders das Wohl der Republik
vor Augen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/173>, abgerufen am 22.07.2024.