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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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über die Donau, und da wir nur einen einzigen großen Uebcrgangskcchn hatten, währte
er drei Tage. Es setzten 800 Polen und >L00 Italiener über. Aus Orszowa erließ
ich noch eine Proclamation an das ungarische Volk, in welcher ich sagte:'

"Ich spreche zum ungarischen Volke, nicht zur Regierung, denndiese ist der Ge¬
walt eines Eurer Generale gewichen, der den Krieg durch eine Convention beenden will,
an der wir keinen Antheil haben können noch wollen; wir wollen demnach kein Hinder-
niß bei Verträgen sein, in welchen Ihr Eure letzte Rettung sehet. Wir haben mit und
für Euch gekämpft nicht als Söldner, sondern in der Aussicht, das stete Ziel unsers
Lebens, die Unabhängigkeit Polens durch Ungarns Freiheit zu erreichen. Erhaltet, so
wie wir die Treue fürs Vaterland und den Glauben an seine Zukunft und Freiheit und
die unzähligen Opfer, die wir gemeinschaftlich gebracht, werden nicht verloren sein. Die
Zeit wird kommen, wo wir den heiligen Kampf fortsetzen werden.

Die Obristen Zämoyski und Bystrzonvwski theilten das Loos der Legion. Wir
lagerten in Tekia, einem serbischen Dorfe, OrSzowa gegenüber; nach drei Tagen kam ein türkischer
Beamter, der unsern Abmarsch nach der bulgarischen Grenze in Eilmärschen betrieb.
Die armen serbischen Bewohner wollten uns die nöthigen Lebensmittel ohne baare Zah¬
lung nicht geben und wir hatten nur ungarische Banknoten; es entstand hieraus große
Roth, welche Zämoyski dadurch endete, daß er für uns zahlte. Mit den Serben, bei
welchen jeder Mann mit Gewehr, Pistolen und Handzar stets bewaffnet gehen, kam
es aus Mißverständnis;' beim Fouragiren, wie wir noch in Tekia standen, zum Gefecht,
wobei zwei unserer Pferde verwundet wurden. Nach gelöstem Mißverständnis; endeten
Umarmungen und das Geschrei Axwio ?oIM, die sonderbare Scene.

In Widdin lagerten wir unter türkischen Zelten an der Donau, mit türkischen
Wachen umstellt; die Generale Dcmbinski, Meszaros und Perczel fanden wir schon hier;
Bein, Stein, Kmety und Guvon kamen mit ungefähr ^000 Ungarn und 100 Polen
von der siebenbürgischen Legion einige Tage später an. Die Polen verbanden sich mit
uns. Der Kaiser Nicolaus verlangte durch den Fürsten Nadziwill unsere Auslieferung;
der Sultan war edeldcnkend und verweigerte dieselbe, während England und Frankreich
glaubten, den Frieden Europa's nicht gefährden zu dürfen, wegen einiger zum Galgen
verurtheilten Aufrührer. Die Einwirkung des Fürsten Ezartoryiski und seiner Freunde
wurden in Constantinopel unsere Retter, Zu unserer größern Sicherheit empfahl man
uns den Uebergang zum Islam. Bem und zwei ungarische Generale ergriffen diese
Hilfsmittel, einige Polen und Italiener und eine bei weitem größere Anzahl Ungarn
folgten ihnen.

Auch der entschiedenste Feind wird dem General Bem nicht den Vorwurf machen
können, diesen Schritt aus Furcht gethan zu haben, es leitete ihn darin die Hoffnung,
gegen unsere ärgsten Feinde kämpft" zu können. Wir folgten einem andern politischen
Standpunkt. Konnte denn dieses ungeheure Opfer unserm Vaterlande wirklich Nutzen
bringen? Endlich ziemt es sich auch nicht, zur Erreichung auch des größten Ziels Mittel
zu ergreifen, welche unser Gewissen zurückstößt. Unsere jungen Polen fühlten ebenso
und zogen den Tod am Galgen bem Anberg-enge zum Islam vor. Die Klage, daß
die polnischen Emigranten heftig, streitsüchtig, mit allem unzufrieden, Niemandem ver¬
trauend, selbst nicht wissen, was sie wollen, hört man sehr oft. Diese Klage kann
wohl wahr sein, aber man denke sich junge Leute, die von edlem Feuer getrieben, das
väterliche Haus verlassen, i" dem sie alle Freuden und Bequemlichkeiten genossen hatten,
jetzt allen Entbehrungen ausgesetzt, auf bloßer Erde in zerrissenen Kleidern liegend, ohne
ordentliche Nahrung als Gefangene in immerwährender Sorge um die Zukunft. Bei dieser
Veranlassung muß ich auch meines persönlichen Verhältnisses mit Dcmbinski erwähnen.
Ein Danksaguugsbricf, den ich an den Sultan als Commandant der polnischen Legion
schrieb, schien Dcmbinski als Jntrigue, um ihm zuvorzukommen, ein türkisch-polnisches
Commando zu erhalten. Wer aber hatte ein größeres Recht zur Theilnahme an der


über die Donau, und da wir nur einen einzigen großen Uebcrgangskcchn hatten, währte
er drei Tage. Es setzten 800 Polen und >L00 Italiener über. Aus Orszowa erließ
ich noch eine Proclamation an das ungarische Volk, in welcher ich sagte:'

„Ich spreche zum ungarischen Volke, nicht zur Regierung, denndiese ist der Ge¬
walt eines Eurer Generale gewichen, der den Krieg durch eine Convention beenden will,
an der wir keinen Antheil haben können noch wollen; wir wollen demnach kein Hinder-
niß bei Verträgen sein, in welchen Ihr Eure letzte Rettung sehet. Wir haben mit und
für Euch gekämpft nicht als Söldner, sondern in der Aussicht, das stete Ziel unsers
Lebens, die Unabhängigkeit Polens durch Ungarns Freiheit zu erreichen. Erhaltet, so
wie wir die Treue fürs Vaterland und den Glauben an seine Zukunft und Freiheit und
die unzähligen Opfer, die wir gemeinschaftlich gebracht, werden nicht verloren sein. Die
Zeit wird kommen, wo wir den heiligen Kampf fortsetzen werden.

Die Obristen Zämoyski und Bystrzonvwski theilten das Loos der Legion. Wir
lagerten in Tekia, einem serbischen Dorfe, OrSzowa gegenüber; nach drei Tagen kam ein türkischer
Beamter, der unsern Abmarsch nach der bulgarischen Grenze in Eilmärschen betrieb.
Die armen serbischen Bewohner wollten uns die nöthigen Lebensmittel ohne baare Zah¬
lung nicht geben und wir hatten nur ungarische Banknoten; es entstand hieraus große
Roth, welche Zämoyski dadurch endete, daß er für uns zahlte. Mit den Serben, bei
welchen jeder Mann mit Gewehr, Pistolen und Handzar stets bewaffnet gehen, kam
es aus Mißverständnis;' beim Fouragiren, wie wir noch in Tekia standen, zum Gefecht,
wobei zwei unserer Pferde verwundet wurden. Nach gelöstem Mißverständnis; endeten
Umarmungen und das Geschrei Axwio ?oIM, die sonderbare Scene.

In Widdin lagerten wir unter türkischen Zelten an der Donau, mit türkischen
Wachen umstellt; die Generale Dcmbinski, Meszaros und Perczel fanden wir schon hier;
Bein, Stein, Kmety und Guvon kamen mit ungefähr ^000 Ungarn und 100 Polen
von der siebenbürgischen Legion einige Tage später an. Die Polen verbanden sich mit
uns. Der Kaiser Nicolaus verlangte durch den Fürsten Nadziwill unsere Auslieferung;
der Sultan war edeldcnkend und verweigerte dieselbe, während England und Frankreich
glaubten, den Frieden Europa's nicht gefährden zu dürfen, wegen einiger zum Galgen
verurtheilten Aufrührer. Die Einwirkung des Fürsten Ezartoryiski und seiner Freunde
wurden in Constantinopel unsere Retter, Zu unserer größern Sicherheit empfahl man
uns den Uebergang zum Islam. Bem und zwei ungarische Generale ergriffen diese
Hilfsmittel, einige Polen und Italiener und eine bei weitem größere Anzahl Ungarn
folgten ihnen.

Auch der entschiedenste Feind wird dem General Bem nicht den Vorwurf machen
können, diesen Schritt aus Furcht gethan zu haben, es leitete ihn darin die Hoffnung,
gegen unsere ärgsten Feinde kämpft» zu können. Wir folgten einem andern politischen
Standpunkt. Konnte denn dieses ungeheure Opfer unserm Vaterlande wirklich Nutzen
bringen? Endlich ziemt es sich auch nicht, zur Erreichung auch des größten Ziels Mittel
zu ergreifen, welche unser Gewissen zurückstößt. Unsere jungen Polen fühlten ebenso
und zogen den Tod am Galgen bem Anberg-enge zum Islam vor. Die Klage, daß
die polnischen Emigranten heftig, streitsüchtig, mit allem unzufrieden, Niemandem ver¬
trauend, selbst nicht wissen, was sie wollen, hört man sehr oft. Diese Klage kann
wohl wahr sein, aber man denke sich junge Leute, die von edlem Feuer getrieben, das
väterliche Haus verlassen, i» dem sie alle Freuden und Bequemlichkeiten genossen hatten,
jetzt allen Entbehrungen ausgesetzt, auf bloßer Erde in zerrissenen Kleidern liegend, ohne
ordentliche Nahrung als Gefangene in immerwährender Sorge um die Zukunft. Bei dieser
Veranlassung muß ich auch meines persönlichen Verhältnisses mit Dcmbinski erwähnen.
Ein Danksaguugsbricf, den ich an den Sultan als Commandant der polnischen Legion
schrieb, schien Dcmbinski als Jntrigue, um ihm zuvorzukommen, ein türkisch-polnisches
Commando zu erhalten. Wer aber hatte ein größeres Recht zur Theilnahme an der


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[0047] über die Donau, und da wir nur einen einzigen großen Uebcrgangskcchn hatten, währte er drei Tage. Es setzten 800 Polen und >L00 Italiener über. Aus Orszowa erließ ich noch eine Proclamation an das ungarische Volk, in welcher ich sagte:' „Ich spreche zum ungarischen Volke, nicht zur Regierung, denndiese ist der Ge¬ walt eines Eurer Generale gewichen, der den Krieg durch eine Convention beenden will, an der wir keinen Antheil haben können noch wollen; wir wollen demnach kein Hinder- niß bei Verträgen sein, in welchen Ihr Eure letzte Rettung sehet. Wir haben mit und für Euch gekämpft nicht als Söldner, sondern in der Aussicht, das stete Ziel unsers Lebens, die Unabhängigkeit Polens durch Ungarns Freiheit zu erreichen. Erhaltet, so wie wir die Treue fürs Vaterland und den Glauben an seine Zukunft und Freiheit und die unzähligen Opfer, die wir gemeinschaftlich gebracht, werden nicht verloren sein. Die Zeit wird kommen, wo wir den heiligen Kampf fortsetzen werden. Die Obristen Zämoyski und Bystrzonvwski theilten das Loos der Legion. Wir lagerten in Tekia, einem serbischen Dorfe, OrSzowa gegenüber; nach drei Tagen kam ein türkischer Beamter, der unsern Abmarsch nach der bulgarischen Grenze in Eilmärschen betrieb. Die armen serbischen Bewohner wollten uns die nöthigen Lebensmittel ohne baare Zah¬ lung nicht geben und wir hatten nur ungarische Banknoten; es entstand hieraus große Roth, welche Zämoyski dadurch endete, daß er für uns zahlte. Mit den Serben, bei welchen jeder Mann mit Gewehr, Pistolen und Handzar stets bewaffnet gehen, kam es aus Mißverständnis;' beim Fouragiren, wie wir noch in Tekia standen, zum Gefecht, wobei zwei unserer Pferde verwundet wurden. Nach gelöstem Mißverständnis; endeten Umarmungen und das Geschrei Axwio ?oIM, die sonderbare Scene. In Widdin lagerten wir unter türkischen Zelten an der Donau, mit türkischen Wachen umstellt; die Generale Dcmbinski, Meszaros und Perczel fanden wir schon hier; Bein, Stein, Kmety und Guvon kamen mit ungefähr ^000 Ungarn und 100 Polen von der siebenbürgischen Legion einige Tage später an. Die Polen verbanden sich mit uns. Der Kaiser Nicolaus verlangte durch den Fürsten Nadziwill unsere Auslieferung; der Sultan war edeldcnkend und verweigerte dieselbe, während England und Frankreich glaubten, den Frieden Europa's nicht gefährden zu dürfen, wegen einiger zum Galgen verurtheilten Aufrührer. Die Einwirkung des Fürsten Ezartoryiski und seiner Freunde wurden in Constantinopel unsere Retter, Zu unserer größern Sicherheit empfahl man uns den Uebergang zum Islam. Bem und zwei ungarische Generale ergriffen diese Hilfsmittel, einige Polen und Italiener und eine bei weitem größere Anzahl Ungarn folgten ihnen. Auch der entschiedenste Feind wird dem General Bem nicht den Vorwurf machen können, diesen Schritt aus Furcht gethan zu haben, es leitete ihn darin die Hoffnung, gegen unsere ärgsten Feinde kämpft» zu können. Wir folgten einem andern politischen Standpunkt. Konnte denn dieses ungeheure Opfer unserm Vaterlande wirklich Nutzen bringen? Endlich ziemt es sich auch nicht, zur Erreichung auch des größten Ziels Mittel zu ergreifen, welche unser Gewissen zurückstößt. Unsere jungen Polen fühlten ebenso und zogen den Tod am Galgen bem Anberg-enge zum Islam vor. Die Klage, daß die polnischen Emigranten heftig, streitsüchtig, mit allem unzufrieden, Niemandem ver¬ trauend, selbst nicht wissen, was sie wollen, hört man sehr oft. Diese Klage kann wohl wahr sein, aber man denke sich junge Leute, die von edlem Feuer getrieben, das väterliche Haus verlassen, i» dem sie alle Freuden und Bequemlichkeiten genossen hatten, jetzt allen Entbehrungen ausgesetzt, auf bloßer Erde in zerrissenen Kleidern liegend, ohne ordentliche Nahrung als Gefangene in immerwährender Sorge um die Zukunft. Bei dieser Veranlassung muß ich auch meines persönlichen Verhältnisses mit Dcmbinski erwähnen. Ein Danksaguugsbricf, den ich an den Sultan als Commandant der polnischen Legion schrieb, schien Dcmbinski als Jntrigue, um ihm zuvorzukommen, ein türkisch-polnisches Commando zu erhalten. Wer aber hatte ein größeres Recht zur Theilnahme an der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/47>, abgerufen am 27.07.2024.