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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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ist auch Alles, was man von denselben mittheilen kann, indem sie nur hin und
wieder einmal ein ganz kleines Lebenszeichen von sich geben und jeden offenen
Bruch mit der Hornisse vermeiden. Dieser Verein, so wie jede hier nud da im
Laude sich noch vorsiudeude Analogie desselben, umfaßt hauptsächlich Männer,
die theils notorisch, theils in der Tiefe ihrer Brust "Republikaner" siud und sich
als eine eigene Fraction zusammenfanden, weil sie mit der Hornisse nicht gehen
und doch auch freisinniger sein wollten, als die Freunde des Ministeriums Eber¬
hard, da dieses ja schon er,istirte und el" entschieden freisinniger Mann immer
nach mehr Freiheit strebt, als von derselben gesetzlich genossen werden kann.
Die Partei der Hornisse, zu der fast uur das eigentliche Proletariat als positiv
sür sie eiusteheuder Anhang gerechnet werden kann, will im radikalsten Sinne
tubula rasa machen und neben der totalen Umgestaltung der politischen Verfas-
sungsform zugleich eine ganz neue Basis für das materielle Güterleben herbei¬
führen. Diese Fraction würde in viel schwächerer Zahl dastehen, wenn die vor¬
her geschilderten Republikaner den Muth hätten, ihr entgegenzutreten, oder sich
nur entschieden von ihr zu sondern; aus Furcht vor den Sarkasmen und persön¬
lichen Schmähungen der Hornisse überdecken sie, so gut es gehen will, den klaffen¬
den Riß. Die Hornisse stellt mit großer Entschiedenheit sich mit ihrem Anhang
als die allein demokratische Partei jeder andern, anch einer ihr näherstehenden,
als einer reaktionären und undemokratischen gegenüber. Als Hasseupflug kam
und Vilmar in's Ministerium gerufen ward, hat sie manchen schwachen Mann da¬
durch zu sich herübergezogen, daß sie allen Kampf der Constitutionellen gegen
dieses Ministerium als Spiegelfechterei darstellte und Jedem uur die eine Wahl
in's Genüssen schrieb: zwischen sich und dieser unverschämtesten aller Reactionen.

In der Revolutionszeit tauchte gar manche Große auf, welche sich zu ihrem
eignen Besten mit dem Schluß der großen Volksversammlungen in die tiefste
Stille des Privatlebens zurückgezogen hat. Was noch von nennenswerther Be¬
deutung vorhanden ist, sitzt in diesem Landtag neben der viel größern Zahl
ganz unbedeutender Gesinnuttgögeuvsseu. Natürlich hat der Umstand, daß in
dem an politischen Notabilitäten so armen Kurhessen auch die demokratische Par¬
tei uur so wenige zum Anführeramte qnalificirle Capacitäten austreiben konnte,
ihrer geschlossenen Wirksamkeit nichts weniger als geschadet. Aus diesem Land¬
tage aber werden alle Einzelnen sür ihre dem Lande verantwortliche Wirksam¬
keit eintreten müssen; es wird sich zudem der Unterschied klar herausstellen
zwischen der allgemeinen Phrase mit idealistischen Versprechungen und den in
einem geordneten Rechtsstaats möglichen Formen der Verwirklichung, die außerdem
auf deu realen Lebensbedingungen erwachsen muß. Die Führer der demokratischen
Partei werden uneins werden und das Land wird schwarz ans weiß Gelegenheit
erhalten zu einer Prüfung der großen in Aussicht gestellten Verbesserungen. Ja
der erste Schritt zu beiden Ereignissen liegt schon vor. Die Autwortsadresse der


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ist auch Alles, was man von denselben mittheilen kann, indem sie nur hin und
wieder einmal ein ganz kleines Lebenszeichen von sich geben und jeden offenen
Bruch mit der Hornisse vermeiden. Dieser Verein, so wie jede hier nud da im
Laude sich noch vorsiudeude Analogie desselben, umfaßt hauptsächlich Männer,
die theils notorisch, theils in der Tiefe ihrer Brust „Republikaner" siud und sich
als eine eigene Fraction zusammenfanden, weil sie mit der Hornisse nicht gehen
und doch auch freisinniger sein wollten, als die Freunde des Ministeriums Eber¬
hard, da dieses ja schon er,istirte und el» entschieden freisinniger Mann immer
nach mehr Freiheit strebt, als von derselben gesetzlich genossen werden kann.
Die Partei der Hornisse, zu der fast uur das eigentliche Proletariat als positiv
sür sie eiusteheuder Anhang gerechnet werden kann, will im radikalsten Sinne
tubula rasa machen und neben der totalen Umgestaltung der politischen Verfas-
sungsform zugleich eine ganz neue Basis für das materielle Güterleben herbei¬
führen. Diese Fraction würde in viel schwächerer Zahl dastehen, wenn die vor¬
her geschilderten Republikaner den Muth hätten, ihr entgegenzutreten, oder sich
nur entschieden von ihr zu sondern; aus Furcht vor den Sarkasmen und persön¬
lichen Schmähungen der Hornisse überdecken sie, so gut es gehen will, den klaffen¬
den Riß. Die Hornisse stellt mit großer Entschiedenheit sich mit ihrem Anhang
als die allein demokratische Partei jeder andern, anch einer ihr näherstehenden,
als einer reaktionären und undemokratischen gegenüber. Als Hasseupflug kam
und Vilmar in's Ministerium gerufen ward, hat sie manchen schwachen Mann da¬
durch zu sich herübergezogen, daß sie allen Kampf der Constitutionellen gegen
dieses Ministerium als Spiegelfechterei darstellte und Jedem uur die eine Wahl
in's Genüssen schrieb: zwischen sich und dieser unverschämtesten aller Reactionen.

In der Revolutionszeit tauchte gar manche Große auf, welche sich zu ihrem
eignen Besten mit dem Schluß der großen Volksversammlungen in die tiefste
Stille des Privatlebens zurückgezogen hat. Was noch von nennenswerther Be¬
deutung vorhanden ist, sitzt in diesem Landtag neben der viel größern Zahl
ganz unbedeutender Gesinnuttgögeuvsseu. Natürlich hat der Umstand, daß in
dem an politischen Notabilitäten so armen Kurhessen auch die demokratische Par¬
tei uur so wenige zum Anführeramte qnalificirle Capacitäten austreiben konnte,
ihrer geschlossenen Wirksamkeit nichts weniger als geschadet. Aus diesem Land¬
tage aber werden alle Einzelnen sür ihre dem Lande verantwortliche Wirksam¬
keit eintreten müssen; es wird sich zudem der Unterschied klar herausstellen
zwischen der allgemeinen Phrase mit idealistischen Versprechungen und den in
einem geordneten Rechtsstaats möglichen Formen der Verwirklichung, die außerdem
auf deu realen Lebensbedingungen erwachsen muß. Die Führer der demokratischen
Partei werden uneins werden und das Land wird schwarz ans weiß Gelegenheit
erhalten zu einer Prüfung der großen in Aussicht gestellten Verbesserungen. Ja
der erste Schritt zu beiden Ereignissen liegt schon vor. Die Autwortsadresse der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/427>, abgerufen am 27.07.2024.