Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band. Gctheiltcs Loos mit längstcntschwundnm Streiten Wird für die Nachwelt unsre Brust erweitern, Daß wir im Unglück uns prophetisch freuen, Und Kampf und Schmerz, sieglosen Tod nicht scheuen. So wird dereinst in viel beglücktem Tagen Die Nachwelt auch nach unserm Leide fragen. -- -- In den halbgcschichtlichcn Bildeni, ans denen der Dichter ein Lied gemacht O wäre solch' ein Tiger mir Genosse, Mit Geisterkrallen, unsichtbarem Nachen Mir den Gcdankenhccrd treu zu bewachen, Den Einbruch wehrend meinem Fcindcstrossc! Wenn mein einsames Herz Gedanken hämmert, Daß ich die Welt und ihren Gram vergesse, Wenn mir an seiner hellen Feueresse Die Morgengluth des heil'gar Sabbaths dämmert, He Tiger! dann bewache meine Schranken, u. s. w. . . . l-- -- Wenn Erdenwüusche komme", mich zu locken, So spring sie an, daß sie entflieh" erschrocken! Und kommen klagende Erinnerungen, Ermorde sie, bevor sie eingedrungen! Aus eine aber stürze dich vor allen, Zerreiße schnell mit deinen scharfen Krallen, Verschling auf, immer du in deinem Rachen Ein Frauenbild,, das mich will weinen machen! -- u. f. w. -- -- O Welt! aus allen Wüsten möcht' ich holen Die Tigcrgcistcr dir zu Apostolcu! -- -- Wohin ließ ich von meinem Haß mich führen! , Ich wünschte mir den Tiger zum Genossen, Schon ist in meinem Geist sein Hauch zu spüren, Und durch mein Herz sein wildes Blut ergossen! Weltschinerzlieder, Coquetterie mit den Wunden, welche die seelenlose und Gctheiltcs Loos mit längstcntschwundnm Streiten Wird für die Nachwelt unsre Brust erweitern, Daß wir im Unglück uns prophetisch freuen, Und Kampf und Schmerz, sieglosen Tod nicht scheuen. So wird dereinst in viel beglücktem Tagen Die Nachwelt auch nach unserm Leide fragen. — — In den halbgcschichtlichcn Bildeni, ans denen der Dichter ein Lied gemacht O wäre solch' ein Tiger mir Genosse, Mit Geisterkrallen, unsichtbarem Nachen Mir den Gcdankenhccrd treu zu bewachen, Den Einbruch wehrend meinem Fcindcstrossc! Wenn mein einsames Herz Gedanken hämmert, Daß ich die Welt und ihren Gram vergesse, Wenn mir an seiner hellen Feueresse Die Morgengluth des heil'gar Sabbaths dämmert, He Tiger! dann bewache meine Schranken, u. s. w. . . . l— — Wenn Erdenwüusche komme», mich zu locken, So spring sie an, daß sie entflieh» erschrocken! Und kommen klagende Erinnerungen, Ermorde sie, bevor sie eingedrungen! Aus eine aber stürze dich vor allen, Zerreiße schnell mit deinen scharfen Krallen, Verschling auf, immer du in deinem Rachen Ein Frauenbild,, das mich will weinen machen! — u. f. w. — — O Welt! aus allen Wüsten möcht' ich holen Die Tigcrgcistcr dir zu Apostolcu! — — Wohin ließ ich von meinem Haß mich führen! , Ich wünschte mir den Tiger zum Genossen, Schon ist in meinem Geist sein Hauch zu spüren, Und durch mein Herz sein wildes Blut ergossen! Weltschinerzlieder, Coquetterie mit den Wunden, welche die seelenlose und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0390" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/85973"/> <lg xml:id="POEMID_22" type="poem"> <l> Gctheiltcs Loos mit längstcntschwundnm Streiten<lb/> Wird für die Nachwelt unsre Brust erweitern,<lb/> Daß wir im Unglück uns prophetisch freuen,<lb/> Und Kampf und Schmerz, sieglosen Tod nicht scheuen.<lb/> So wird dereinst in viel beglücktem Tagen<lb/> Die Nachwelt auch nach unserm Leide fragen. — —<lb/></l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1346"> In den halbgcschichtlichcn Bildeni, ans denen der Dichter ein Lied gemacht<lb/> hat — Faust, Savanarola, den Albigensem — ist es die Empfindung der eignen<lb/> Kontraste, aus welcher die mehr zehrende als wärmende Gluth seiner Farben, das<lb/> springende, Fieberhafte seiner Vorstellungen hervorgeht. Daher diese Energie des<lb/> Hasses, in welchem schon zuweilen das dumpfe Grollen des Wahnsinns sich ver¬<lb/> nehmlich macht. In den: „Nachtgesang", der die „Albigenser" einleitet, kommt<lb/> er ans die seltsame Phantasie der Chinesen, die einen Tigergeist zum Hüter ihrer<lb/> Wohnung bestellen. 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Gctheiltcs Loos mit längstcntschwundnm Streiten
Wird für die Nachwelt unsre Brust erweitern,
Daß wir im Unglück uns prophetisch freuen,
Und Kampf und Schmerz, sieglosen Tod nicht scheuen.
So wird dereinst in viel beglücktem Tagen
Die Nachwelt auch nach unserm Leide fragen. — —
In den halbgcschichtlichcn Bildeni, ans denen der Dichter ein Lied gemacht
hat — Faust, Savanarola, den Albigensem — ist es die Empfindung der eignen
Kontraste, aus welcher die mehr zehrende als wärmende Gluth seiner Farben, das
springende, Fieberhafte seiner Vorstellungen hervorgeht. Daher diese Energie des
Hasses, in welchem schon zuweilen das dumpfe Grollen des Wahnsinns sich ver¬
nehmlich macht. In den: „Nachtgesang", der die „Albigenser" einleitet, kommt
er ans die seltsame Phantasie der Chinesen, die einen Tigergeist zum Hüter ihrer
Wohnung bestellen. In dieser Phantasie verliert er sich in den wildesten Gedanken-
sprnngen.
O wäre solch' ein Tiger mir Genosse,
Mit Geisterkrallen, unsichtbarem Nachen
Mir den Gcdankenhccrd treu zu bewachen,
Den Einbruch wehrend meinem Fcindcstrossc!
Wenn mein einsames Herz Gedanken hämmert,
Daß ich die Welt und ihren Gram vergesse,
Wenn mir an seiner hellen Feueresse
Die Morgengluth des heil'gar Sabbaths dämmert,
He Tiger! dann bewache meine Schranken, u. s. w. . . .
l— — Wenn Erdenwüusche komme», mich zu locken,
So spring sie an, daß sie entflieh» erschrocken!
Und kommen klagende Erinnerungen,
Ermorde sie, bevor sie eingedrungen!
Aus eine aber stürze dich vor allen,
Zerreiße schnell mit deinen scharfen Krallen,
Verschling auf, immer du in deinem Rachen
Ein Frauenbild,, das mich will weinen machen! — u. f. w.
— — O Welt! aus allen Wüsten möcht' ich holen
Die Tigcrgcistcr dir zu Apostolcu! — —
Wohin ließ ich von meinem Haß mich führen!
, Ich wünschte mir den Tiger zum Genossen,
Schon ist in meinem Geist sein Hauch zu spüren,
Und durch mein Herz sein wildes Blut ergossen!
Weltschinerzlieder, Coquetterie mit den Wunden, welche die seelenlose und
entgötterte Welt dem einsamen Herzen geschlagen, Anklagen gegen den Himmel,
Anklagen gegen die Ungemüthlichkeit des Gedankens, der den Himmel verzehrt
hat — das Alles dischen uns unsere modernen Dichter mehr als zur Genüge
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