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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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stiegen war. Die Schleswig-Holstciuer kämpfen nicht für die Eroberung neuer Freiheiten,
oder eine größere Unabhängigkeit, als welche ihnen nach den alten Verträgen zusteht,
sie kämpfen lediglich für die Wiederherstellung dieser Verträge und für deren unvcrrückte
Aufrechterhaltung.

Was Deutschlands Theilnahme an diesem Kampfe betrifft, so beruht das Recht
und die Verpflichtung dazu aus den Grundgesetzen des deutschen Bundes, welche einen
anerkannten Theil der völkerrechtlichen Verträge Europa'ö ausmachen. Nach diesen Grund¬
gesetzen (Bundesacte Art. 11., Wiener Schlußactc Art. 37. .38.) ist der Bund ver¬
pflichtet, "jeden einzelnen Bundesstaat gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen," da¬
her auch, "wenn ein Bundesstaat bei einer zwischen ihm und einer auswärtigen Macht
entstandenen Irrung die Dazwischenkunft des Bundes anruft" -- "den Ursprung solcher
Irrung und das wahre Sachverhältniß sorgfältig zu prüfen," und, wenn sich aus dieser
Prüfung ergibt, daß dem Bundesstaate das Recht zur Seite steht, "dem verletzte"
Bundesstaate seine wirksamste Verwendung und Vertretung angedeihen zu lassen und
solche so weit auszudehnen, als nöthig ist, damit demselben volle Sicherheit und ange¬
messene Genugthuung zu Theil werde."

Getreu dieser Verpflichtung hat Deutschland im Jahre 1848 und im Jahre
184!) Krieg geführt gegen Dänemark, um "das Bundesland Holstein 'in seinem Rechte
auf die untrennbare Verbindung mit Schleswig zu schützen, einem Rechte, dessen zwei¬
fellose vertragsmäßige Natur und dessen tief eingreifender Einfluß auf die ganze ma¬
terielle und politische Existenz Holsteins den Bund zum nachdrücklichsten Schutze desselben
ebenso sehr berechtigte als verpflichtete..

Man hat diesem Kampfe Deutschlands für Schleswig-Holstein den Charakter
eines Eroberungskrieges auszuprägen versucht; man hat uns schnldgegcbcn, wir wollten
Schleswig nicht blos vor einer Einverleibung in Dänemark schützen, sondern es uns,
dem deutsche" Bunde oder Bundesstaate, einverleiben. Man ist noch weiter gegangen;
man hat de" Gedanke" einer einseitigen und gewaltsamen Einverleibung Schleswigs
in den deutschen Bund --einen Gedanken, den man uns unterlegte ohne ausreichenden
Grund, wie ich sogleich zeigen werde -- verschrien als das erste Symptom einer all¬
gemeinen Eroberungslust und einer revolutionären Mißachtung bestehender Bcsitzvcrhält-
"löse, welche das deutsche Volk i" Folge der nationale" Erhebung des März 1848
überkommen habe; man hat an de" Namen Schleswig den Namen des Elsasses geknüpft.
Nichts könnte ungerechter und, verzeihen Sie mir de" Ausdruck, abgeschmackter sein, als
wen" ma" im Ernste aus dem, was i" jener Richtung von deutscher Seite geschehen
ist, irgend etwas der angedeuteten Art folgern wollte, sei es in Betreff des Elsasses
oder irgend welcher frühem Zubchörigkeitcn des deutschen Reichs.

Wie tief auch jeder Deutsche den Verlust der ehemals deutscheu Länder des El¬
sasses , Lothringens, der russischen Ostseeprovinzen beklagen mag, dem Gedanken an eine
Wiedergewinnung derselben stehen nicht blos die geschichtlichen Verträge, sondern, was
ungleich schwerer wiegt, es steht ihm, wenigstens was jene erstgenannten Provinze" betrifft,
der Wille der Bevölkerung selbst entgegen, die durch Geschichte, Verfassung, Gesetz und Sitte
so sehr mit ihrem "euer Vaterlande verwachsen ist. daß die Sprache allein, welche sie
noch einigermaßen auf Deutschland hinüber verweist, gegen jene stärkern Bande nichts
vermag.

Aber ein ganz anderes ist unser Verhältniß zu Schleswig. Dort ist die große
Mehrzahl der Bevölkerung einer innigen Verbindung mit Deutschland geneigt, einer Einver¬
leibung in Dänemark dagege" im tiefste" Herze" gram; die Verträge stehen dieser letzter"
entschieden entgegen, "ut der natürliche Gang der Ereignisse wird, wenn man ihn nicht
willkürlich ändert, von selbst zu dem hinleiten, was wir eben deshalb nicht nöthig haben
auf dem Wege der Eroberung gewaltsam herbeizuführen. Denn sobald nur nicht das
Grundgesetz der Herzogthümer, wonach der Mannsstamm allein in diesen herrschen kann,
wider den klaren Wortlaut der alten Verträge umgestoßen wird, muß, da in Dänemark


stiegen war. Die Schleswig-Holstciuer kämpfen nicht für die Eroberung neuer Freiheiten,
oder eine größere Unabhängigkeit, als welche ihnen nach den alten Verträgen zusteht,
sie kämpfen lediglich für die Wiederherstellung dieser Verträge und für deren unvcrrückte
Aufrechterhaltung.

Was Deutschlands Theilnahme an diesem Kampfe betrifft, so beruht das Recht
und die Verpflichtung dazu aus den Grundgesetzen des deutschen Bundes, welche einen
anerkannten Theil der völkerrechtlichen Verträge Europa'ö ausmachen. Nach diesen Grund¬
gesetzen (Bundesacte Art. 11., Wiener Schlußactc Art. 37. .38.) ist der Bund ver¬
pflichtet, „jeden einzelnen Bundesstaat gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen," da¬
her auch, „wenn ein Bundesstaat bei einer zwischen ihm und einer auswärtigen Macht
entstandenen Irrung die Dazwischenkunft des Bundes anruft" — „den Ursprung solcher
Irrung und das wahre Sachverhältniß sorgfältig zu prüfen," und, wenn sich aus dieser
Prüfung ergibt, daß dem Bundesstaate das Recht zur Seite steht, „dem verletzte»
Bundesstaate seine wirksamste Verwendung und Vertretung angedeihen zu lassen und
solche so weit auszudehnen, als nöthig ist, damit demselben volle Sicherheit und ange¬
messene Genugthuung zu Theil werde."

Getreu dieser Verpflichtung hat Deutschland im Jahre 1848 und im Jahre
184!) Krieg geführt gegen Dänemark, um "das Bundesland Holstein 'in seinem Rechte
auf die untrennbare Verbindung mit Schleswig zu schützen, einem Rechte, dessen zwei¬
fellose vertragsmäßige Natur und dessen tief eingreifender Einfluß auf die ganze ma¬
terielle und politische Existenz Holsteins den Bund zum nachdrücklichsten Schutze desselben
ebenso sehr berechtigte als verpflichtete..

Man hat diesem Kampfe Deutschlands für Schleswig-Holstein den Charakter
eines Eroberungskrieges auszuprägen versucht; man hat uns schnldgegcbcn, wir wollten
Schleswig nicht blos vor einer Einverleibung in Dänemark schützen, sondern es uns,
dem deutsche» Bunde oder Bundesstaate, einverleiben. Man ist noch weiter gegangen;
man hat de» Gedanke» einer einseitigen und gewaltsamen Einverleibung Schleswigs
in den deutschen Bund —einen Gedanken, den man uns unterlegte ohne ausreichenden
Grund, wie ich sogleich zeigen werde — verschrien als das erste Symptom einer all¬
gemeinen Eroberungslust und einer revolutionären Mißachtung bestehender Bcsitzvcrhält-
»löse, welche das deutsche Volk i» Folge der nationale» Erhebung des März 1848
überkommen habe; man hat an de» Namen Schleswig den Namen des Elsasses geknüpft.
Nichts könnte ungerechter und, verzeihen Sie mir de» Ausdruck, abgeschmackter sein, als
wen» ma» im Ernste aus dem, was i» jener Richtung von deutscher Seite geschehen
ist, irgend etwas der angedeuteten Art folgern wollte, sei es in Betreff des Elsasses
oder irgend welcher frühem Zubchörigkeitcn des deutschen Reichs.

Wie tief auch jeder Deutsche den Verlust der ehemals deutscheu Länder des El¬
sasses , Lothringens, der russischen Ostseeprovinzen beklagen mag, dem Gedanken an eine
Wiedergewinnung derselben stehen nicht blos die geschichtlichen Verträge, sondern, was
ungleich schwerer wiegt, es steht ihm, wenigstens was jene erstgenannten Provinze» betrifft,
der Wille der Bevölkerung selbst entgegen, die durch Geschichte, Verfassung, Gesetz und Sitte
so sehr mit ihrem »euer Vaterlande verwachsen ist. daß die Sprache allein, welche sie
noch einigermaßen auf Deutschland hinüber verweist, gegen jene stärkern Bande nichts
vermag.

Aber ein ganz anderes ist unser Verhältniß zu Schleswig. Dort ist die große
Mehrzahl der Bevölkerung einer innigen Verbindung mit Deutschland geneigt, einer Einver¬
leibung in Dänemark dagege» im tiefste» Herze» gram; die Verträge stehen dieser letzter»
entschieden entgegen, »ut der natürliche Gang der Ereignisse wird, wenn man ihn nicht
willkürlich ändert, von selbst zu dem hinleiten, was wir eben deshalb nicht nöthig haben
auf dem Wege der Eroberung gewaltsam herbeizuführen. Denn sobald nur nicht das
Grundgesetz der Herzogthümer, wonach der Mannsstamm allein in diesen herrschen kann,
wider den klaren Wortlaut der alten Verträge umgestoßen wird, muß, da in Dänemark


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[0325] stiegen war. Die Schleswig-Holstciuer kämpfen nicht für die Eroberung neuer Freiheiten, oder eine größere Unabhängigkeit, als welche ihnen nach den alten Verträgen zusteht, sie kämpfen lediglich für die Wiederherstellung dieser Verträge und für deren unvcrrückte Aufrechterhaltung. Was Deutschlands Theilnahme an diesem Kampfe betrifft, so beruht das Recht und die Verpflichtung dazu aus den Grundgesetzen des deutschen Bundes, welche einen anerkannten Theil der völkerrechtlichen Verträge Europa'ö ausmachen. Nach diesen Grund¬ gesetzen (Bundesacte Art. 11., Wiener Schlußactc Art. 37. .38.) ist der Bund ver¬ pflichtet, „jeden einzelnen Bundesstaat gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen," da¬ her auch, „wenn ein Bundesstaat bei einer zwischen ihm und einer auswärtigen Macht entstandenen Irrung die Dazwischenkunft des Bundes anruft" — „den Ursprung solcher Irrung und das wahre Sachverhältniß sorgfältig zu prüfen," und, wenn sich aus dieser Prüfung ergibt, daß dem Bundesstaate das Recht zur Seite steht, „dem verletzte» Bundesstaate seine wirksamste Verwendung und Vertretung angedeihen zu lassen und solche so weit auszudehnen, als nöthig ist, damit demselben volle Sicherheit und ange¬ messene Genugthuung zu Theil werde." Getreu dieser Verpflichtung hat Deutschland im Jahre 1848 und im Jahre 184!) Krieg geführt gegen Dänemark, um "das Bundesland Holstein 'in seinem Rechte auf die untrennbare Verbindung mit Schleswig zu schützen, einem Rechte, dessen zwei¬ fellose vertragsmäßige Natur und dessen tief eingreifender Einfluß auf die ganze ma¬ terielle und politische Existenz Holsteins den Bund zum nachdrücklichsten Schutze desselben ebenso sehr berechtigte als verpflichtete.. Man hat diesem Kampfe Deutschlands für Schleswig-Holstein den Charakter eines Eroberungskrieges auszuprägen versucht; man hat uns schnldgegcbcn, wir wollten Schleswig nicht blos vor einer Einverleibung in Dänemark schützen, sondern es uns, dem deutsche» Bunde oder Bundesstaate, einverleiben. Man ist noch weiter gegangen; man hat de» Gedanke» einer einseitigen und gewaltsamen Einverleibung Schleswigs in den deutschen Bund —einen Gedanken, den man uns unterlegte ohne ausreichenden Grund, wie ich sogleich zeigen werde — verschrien als das erste Symptom einer all¬ gemeinen Eroberungslust und einer revolutionären Mißachtung bestehender Bcsitzvcrhält- »löse, welche das deutsche Volk i» Folge der nationale» Erhebung des März 1848 überkommen habe; man hat an de» Namen Schleswig den Namen des Elsasses geknüpft. Nichts könnte ungerechter und, verzeihen Sie mir de» Ausdruck, abgeschmackter sein, als wen» ma» im Ernste aus dem, was i» jener Richtung von deutscher Seite geschehen ist, irgend etwas der angedeuteten Art folgern wollte, sei es in Betreff des Elsasses oder irgend welcher frühem Zubchörigkeitcn des deutschen Reichs. Wie tief auch jeder Deutsche den Verlust der ehemals deutscheu Länder des El¬ sasses , Lothringens, der russischen Ostseeprovinzen beklagen mag, dem Gedanken an eine Wiedergewinnung derselben stehen nicht blos die geschichtlichen Verträge, sondern, was ungleich schwerer wiegt, es steht ihm, wenigstens was jene erstgenannten Provinze» betrifft, der Wille der Bevölkerung selbst entgegen, die durch Geschichte, Verfassung, Gesetz und Sitte so sehr mit ihrem »euer Vaterlande verwachsen ist. daß die Sprache allein, welche sie noch einigermaßen auf Deutschland hinüber verweist, gegen jene stärkern Bande nichts vermag. Aber ein ganz anderes ist unser Verhältniß zu Schleswig. Dort ist die große Mehrzahl der Bevölkerung einer innigen Verbindung mit Deutschland geneigt, einer Einver¬ leibung in Dänemark dagege» im tiefste» Herze» gram; die Verträge stehen dieser letzter» entschieden entgegen, »ut der natürliche Gang der Ereignisse wird, wenn man ihn nicht willkürlich ändert, von selbst zu dem hinleiten, was wir eben deshalb nicht nöthig haben auf dem Wege der Eroberung gewaltsam herbeizuführen. Denn sobald nur nicht das Grundgesetz der Herzogthümer, wonach der Mannsstamm allein in diesen herrschen kann, wider den klaren Wortlaut der alten Verträge umgestoßen wird, muß, da in Dänemark

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/325>, abgerufen am 27.07.2024.