Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.z. B. gegen den Chartisten-Chef John Frost die Proceduren anfing. Entsteht Der Constable ist in England die einzige Person, die arretirt. Aus eigener Diejenigen unserer Leser, welchen dergleichen Gegenstände fremder sind, z. B. gegen den Chartisten-Chef John Frost die Proceduren anfing. Entsteht Der Constable ist in England die einzige Person, die arretirt. Aus eigener Diejenigen unserer Leser, welchen dergleichen Gegenstände fremder sind, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0231" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/85814"/> <p xml:id="ID_767" prev="#ID_766"> z. B. gegen den Chartisten-Chef John Frost die Proceduren anfing. Entsteht<lb/> nun irgendwo ein Aufruhr, so begibt sich ein oder mehrere Polizei--Magistrate,<lb/> begleitet von einem Schwann von Constabeln nach dem Orte—und es muß erst<lb/> die Aufrnhrsakte verlesen worden sein, welche das Volk zur N»he und zum Ausein¬<lb/> andergehen ermahnt, ehe sich ein Soldat sehen lassen darf.</p><lb/> <p xml:id="ID_768"> Der Constable ist in England die einzige Person, die arretirt. Aus eigener<lb/> Machtvollkommenheit kann ein Constable nnr in klaxranli äeliew, bei Begehen<lb/> eines Verbrechens, sein Amt handeln. Wird eine Thätlichkeit in der Straße<lb/> begangen, so kann blos Jener arretirt werden, der den andern zum Binden ver¬<lb/> lebt hat. Die öffentliche Ruhe (ete liings psaoe) darf man aber ans der Straße<lb/> in England nicht ungeahndet stören — ein lärmend Betrunkener, Jeder, der<lb/> unanständige (vbscöne) Reden führt, kann anch arretirt werden. In dieser Be¬<lb/> ziehung wird kein Unterschied der Stände gemacht, und der No,rquii> ol ValsilorÄ<lb/> (einer der reichsten Gutsbesitzer Irlands) hatte während seiner Jugendfahrten in<lb/> London öfters die Ehre in einer Polizeizelle zu schlafen. Außer diesen Fällen,<lb/> die denn doch wohl durch das Gewühl der großen englischen Städte geboten<lb/> sind — kann Niemand ohne einen ^Variant (schriftliche Vollmacht) arretirt wer¬<lb/> den. Wehe dem Constable, der bei Tag oder Nacht ohne ein dergleichen Docu-<lb/> ment sich in das Hans eines Engländers begeben wollte; denn der Hausherr<lb/> oder sonst Betheiligte hätten das Recht, ihn augenblicklich zu tödten; Fälle die<lb/> denn manchmal vorgefallen sind. Vor Gericht würde ein derlei Todtschläger<lb/> freilich zu erscheinen haben, aber jede Jury würde ihn sogleich freisprechen.<lb/> Uebrigens steht auch bei einer nicht ganz eigenmächtigen, aber doch in der Form<lb/> mangelhaften Arrestation dem Beschädigtem ein Proceß lor Ku8ö ImMsonement<lb/> (für ungesetzliche Einsperrung) gegen die Regierung frei, welche demnach oft einen<lb/> bedeutenden Schadenersatz zu leisten hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_769" next="#ID_770"> Diejenigen unserer Leser, welchen dergleichen Gegenstände fremder sind,<lb/> werden demnach fragen, wie kann man denn also in England Mörder, Diebe<lb/> oder auch Hochverräther oder Aufwiegler arretiren? Ganz allein auf einem gesetz¬<lb/> lichen, genau vorgeschriebenen Wege. Dies ist eine der Hauptaufgaben der<lb/> Police Ovals. Hier können entweder Private oder die Regierung durch ihre<lb/> Organe als Ankläger auftreten, aber nur in den seltensten Fällen (als den Schieße¬<lb/> reien auf die Königin ze.) sind die präparatvrischen Verhandlungen geheim,<lb/> alles andere geschieht bei offenen Thüren. Jeder Ankläger (und wäre es ein<lb/> königlicher Prinz) muß zuerst eiuen Eid schwören, die Wahrheit zu sprechen; verstößt<lb/> er gegen diesen, so kann ihm der Beschädigte (oder das Gericht) einen Criminal-<lb/> prozeß wegen falschen Zeugniß anhängen, worauf Deportation steht. Nun bringt<lb/> dennoch der Zeuge oder die Zeugen ihre Anklage gegen den Abwesenden (wenn<lb/> er nicht gleich in ^laKrcmti, arretirt worden war) vor. Nach längeren oder kür¬<lb/> zeren Verhandlungen kann nur die LenoK, ein oder mehre Magistrate , die An-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0231]
z. B. gegen den Chartisten-Chef John Frost die Proceduren anfing. Entsteht
nun irgendwo ein Aufruhr, so begibt sich ein oder mehrere Polizei--Magistrate,
begleitet von einem Schwann von Constabeln nach dem Orte—und es muß erst
die Aufrnhrsakte verlesen worden sein, welche das Volk zur N»he und zum Ausein¬
andergehen ermahnt, ehe sich ein Soldat sehen lassen darf.
Der Constable ist in England die einzige Person, die arretirt. Aus eigener
Machtvollkommenheit kann ein Constable nnr in klaxranli äeliew, bei Begehen
eines Verbrechens, sein Amt handeln. Wird eine Thätlichkeit in der Straße
begangen, so kann blos Jener arretirt werden, der den andern zum Binden ver¬
lebt hat. Die öffentliche Ruhe (ete liings psaoe) darf man aber ans der Straße
in England nicht ungeahndet stören — ein lärmend Betrunkener, Jeder, der
unanständige (vbscöne) Reden führt, kann anch arretirt werden. In dieser Be¬
ziehung wird kein Unterschied der Stände gemacht, und der No,rquii> ol ValsilorÄ
(einer der reichsten Gutsbesitzer Irlands) hatte während seiner Jugendfahrten in
London öfters die Ehre in einer Polizeizelle zu schlafen. Außer diesen Fällen,
die denn doch wohl durch das Gewühl der großen englischen Städte geboten
sind — kann Niemand ohne einen ^Variant (schriftliche Vollmacht) arretirt wer¬
den. Wehe dem Constable, der bei Tag oder Nacht ohne ein dergleichen Docu-
ment sich in das Hans eines Engländers begeben wollte; denn der Hausherr
oder sonst Betheiligte hätten das Recht, ihn augenblicklich zu tödten; Fälle die
denn manchmal vorgefallen sind. Vor Gericht würde ein derlei Todtschläger
freilich zu erscheinen haben, aber jede Jury würde ihn sogleich freisprechen.
Uebrigens steht auch bei einer nicht ganz eigenmächtigen, aber doch in der Form
mangelhaften Arrestation dem Beschädigtem ein Proceß lor Ku8ö ImMsonement
(für ungesetzliche Einsperrung) gegen die Regierung frei, welche demnach oft einen
bedeutenden Schadenersatz zu leisten hat.
Diejenigen unserer Leser, welchen dergleichen Gegenstände fremder sind,
werden demnach fragen, wie kann man denn also in England Mörder, Diebe
oder auch Hochverräther oder Aufwiegler arretiren? Ganz allein auf einem gesetz¬
lichen, genau vorgeschriebenen Wege. Dies ist eine der Hauptaufgaben der
Police Ovals. Hier können entweder Private oder die Regierung durch ihre
Organe als Ankläger auftreten, aber nur in den seltensten Fällen (als den Schieße¬
reien auf die Königin ze.) sind die präparatvrischen Verhandlungen geheim,
alles andere geschieht bei offenen Thüren. Jeder Ankläger (und wäre es ein
königlicher Prinz) muß zuerst eiuen Eid schwören, die Wahrheit zu sprechen; verstößt
er gegen diesen, so kann ihm der Beschädigte (oder das Gericht) einen Criminal-
prozeß wegen falschen Zeugniß anhängen, worauf Deportation steht. Nun bringt
dennoch der Zeuge oder die Zeugen ihre Anklage gegen den Abwesenden (wenn
er nicht gleich in ^laKrcmti, arretirt worden war) vor. Nach längeren oder kür¬
zeren Verhandlungen kann nur die LenoK, ein oder mehre Magistrate , die An-
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