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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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Comitö zählt Leute zu Mitgliedern, welche unter den dctcrmiuirtcstcn der sogenannten
Siebenuudsechziger glänzen, alle sind buudcisrige Anbeter des Ministeriums, und diese
Leute wollen einen ConstitutiouSstein setzen in Böhmen! Ohne Zweifel wird es ein Grab¬
stein sein, sie werden erst die Constitution todtschlagen Helfen, und dann ihr das Denk¬
mal setzen, mit der Aufschrift: obiit fumo Domini 18SV. Reich an unberühm-
ter Herren ist das Namensverzeichniß dieses monumentalen Comitvs, die leitenden Mit-
Lliedcr sind dieselben, welche vor wenig Wochen die Reiterstatue Kaiser Franz I. auf
dem Moldauqnai nisu et lurlim inauguriren halfen. Sie treiben die Sache als Hand¬
werk. Ich fürchte, Böhmen geht einer ganz abscheulichen, schmählichen Zukunft ent¬
gegen. Schade um das schöne Land! Die liberalen Deutschen und die angeblich eben¬
falls liberalen Czechen Paralysiren sich in ihrem frcihcitsmördcrischcn Hasse, und die
indolente Mittclpartci, ans einigen Adeligen, einigen Geistlichen und Spießbürgern be¬
stehend, verlacht behaglich Beide. Man muß zum Czcchenseinde werden, sieht man
solche Wirthschaft mit an.

Uebrigens praktizirt das permanent thätige Kriegsgericht einen Constitutionalismus
ganz neuer Art, welcher uns durch die jüngsten Tagesblätter bekannt wird. Nachdem
vorige Woche ein robuster Schuhmachergesell, wegen "wörtlicher" Beleidigung eines
Herrn Gensdarmen, zu dreißig Stockstrcichen verurtheilt worden war, deren Valuta
demselben auch voll ohne alle Courtage zugezählt worden ist, wurde jüngst ein junger
Schneidergesell wegen desselben schauderhaften Verbrechens, nach dem deutlichen Wort¬
laut des Urtheils, nur zu dreimonatlichen Stockhausarrcst in Eisen mit obligatem
zweimaligen Fasten per Woche, blos darum verurtheilt, weil ihn seine Con¬
stitution zur Empfangnahme von Stockprügcln nicht eignet. So weit
hätten wir es gebracht mit unseren Errungenschaften, denen sich das Grundrecht beigesellt,
daß man nur dann keine Stockprügel bekömmt, wenn man allenfalls den Tod davon
haben könnte; noch ein paar Monate weiter belagert, so fällt wohl auch dieser Skrupel
weg. Der Schneider hat in der That seiner Constitution mehr zu verdanken, als
wir übrigen unserer Constitution vom 4. Mai, die wir allenfalls dazu verwenden kön¬
nen, um zehn oder zwanzig Exemplare in unsere Jncxprcssibles zu schieben, und durch
die Polsterung den Corporalsstock unschädlich zu machen. Das Denkmalcomitv läßt sich
durch solche Kleinigkeiten in seiner Freude über die Verfassungsrechte nicht stören, ich
empfehle ihnen die satyrischen Feldzüge des verstorbenen Friedrich, welcher nach den
"BclagcrungSkriegcn" die Errichtung eines Denkmals der deutschen Freiheit empfahl,
und nach langer Erörterung über die Wahl des tauglichsten Materials, endlich deutschen
Lehm unter treffender Motivirung vorschlug. Lehm gibt es auch in Böhmen und mit diesem
Material wird das Comitv, das stets am Boden kriechende, auch zu handticrcn verstehen.

Das constitutionelle Blatt hat jene Nachricht von dem, aus Constitutions-
rücksichten uicht geprügelten Schneider, ohne alle Bemerkung mitgetheilt, die furchtsame,
löschpapicrne Union hat sich unterstanden, ein oppositionelles Ausrufungszeichen beizu-
drücken; kühner Redacteur! bist du dir etwa gleicher Constitution bewußt, du wagst
ein Ausrufungszeichen? vielleicht werden dir dafür nächstens dreißig Ausrufungszeichen
zudictirt werden, von einem k. k. Corporal als Nachccnsor.

Die Czechen aber, welche dem Ministerium den Hof gemacht in alberner Verblen¬
dung und ihm erst dann die Zähne weisen wollten, als sie ihnen schon ausgebrochen
waren, mögen ihren Enkeln zur Lehre dienen, damit diese, wenn es im nächsten Jahr¬
hundert in Böhmen etwa wieder volkstümliche Erhebungen gibt, über der czechischen
Grammatik nicht die Freiheit vernachlässigen. Die Freiheit spricht nur eine Weltsprache,
da haben sie dieselbe aber ins Czechische übersetzt haben wollen, und in dieser Uebersetz-
ung ist die czechische Freiheit gleichgcworden mit dreißig wohlgemessenen Stockstreichen,
wegen Vcrbalbelcidigung eines rohen, übermüthigen, aus den Reihen der Soldateska
-- K. -- genommenen Bengels von Gensdarmen.




Verlag von F. L. Herbig. -- Redactcure: Gustav Freytag und Julian Schmidt. ,
Druck von C. E. Elvert.

Comitö zählt Leute zu Mitgliedern, welche unter den dctcrmiuirtcstcn der sogenannten
Siebenuudsechziger glänzen, alle sind buudcisrige Anbeter des Ministeriums, und diese
Leute wollen einen ConstitutiouSstein setzen in Böhmen! Ohne Zweifel wird es ein Grab¬
stein sein, sie werden erst die Constitution todtschlagen Helfen, und dann ihr das Denk¬
mal setzen, mit der Aufschrift: obiit fumo Domini 18SV. Reich an unberühm-
ter Herren ist das Namensverzeichniß dieses monumentalen Comitvs, die leitenden Mit-
Lliedcr sind dieselben, welche vor wenig Wochen die Reiterstatue Kaiser Franz I. auf
dem Moldauqnai nisu et lurlim inauguriren halfen. Sie treiben die Sache als Hand¬
werk. Ich fürchte, Böhmen geht einer ganz abscheulichen, schmählichen Zukunft ent¬
gegen. Schade um das schöne Land! Die liberalen Deutschen und die angeblich eben¬
falls liberalen Czechen Paralysiren sich in ihrem frcihcitsmördcrischcn Hasse, und die
indolente Mittclpartci, ans einigen Adeligen, einigen Geistlichen und Spießbürgern be¬
stehend, verlacht behaglich Beide. Man muß zum Czcchenseinde werden, sieht man
solche Wirthschaft mit an.

Uebrigens praktizirt das permanent thätige Kriegsgericht einen Constitutionalismus
ganz neuer Art, welcher uns durch die jüngsten Tagesblätter bekannt wird. Nachdem
vorige Woche ein robuster Schuhmachergesell, wegen „wörtlicher" Beleidigung eines
Herrn Gensdarmen, zu dreißig Stockstrcichen verurtheilt worden war, deren Valuta
demselben auch voll ohne alle Courtage zugezählt worden ist, wurde jüngst ein junger
Schneidergesell wegen desselben schauderhaften Verbrechens, nach dem deutlichen Wort¬
laut des Urtheils, nur zu dreimonatlichen Stockhausarrcst in Eisen mit obligatem
zweimaligen Fasten per Woche, blos darum verurtheilt, weil ihn seine Con¬
stitution zur Empfangnahme von Stockprügcln nicht eignet. So weit
hätten wir es gebracht mit unseren Errungenschaften, denen sich das Grundrecht beigesellt,
daß man nur dann keine Stockprügel bekömmt, wenn man allenfalls den Tod davon
haben könnte; noch ein paar Monate weiter belagert, so fällt wohl auch dieser Skrupel
weg. Der Schneider hat in der That seiner Constitution mehr zu verdanken, als
wir übrigen unserer Constitution vom 4. Mai, die wir allenfalls dazu verwenden kön¬
nen, um zehn oder zwanzig Exemplare in unsere Jncxprcssibles zu schieben, und durch
die Polsterung den Corporalsstock unschädlich zu machen. Das Denkmalcomitv läßt sich
durch solche Kleinigkeiten in seiner Freude über die Verfassungsrechte nicht stören, ich
empfehle ihnen die satyrischen Feldzüge des verstorbenen Friedrich, welcher nach den
„BclagcrungSkriegcn" die Errichtung eines Denkmals der deutschen Freiheit empfahl,
und nach langer Erörterung über die Wahl des tauglichsten Materials, endlich deutschen
Lehm unter treffender Motivirung vorschlug. Lehm gibt es auch in Böhmen und mit diesem
Material wird das Comitv, das stets am Boden kriechende, auch zu handticrcn verstehen.

Das constitutionelle Blatt hat jene Nachricht von dem, aus Constitutions-
rücksichten uicht geprügelten Schneider, ohne alle Bemerkung mitgetheilt, die furchtsame,
löschpapicrne Union hat sich unterstanden, ein oppositionelles Ausrufungszeichen beizu-
drücken; kühner Redacteur! bist du dir etwa gleicher Constitution bewußt, du wagst
ein Ausrufungszeichen? vielleicht werden dir dafür nächstens dreißig Ausrufungszeichen
zudictirt werden, von einem k. k. Corporal als Nachccnsor.

Die Czechen aber, welche dem Ministerium den Hof gemacht in alberner Verblen¬
dung und ihm erst dann die Zähne weisen wollten, als sie ihnen schon ausgebrochen
waren, mögen ihren Enkeln zur Lehre dienen, damit diese, wenn es im nächsten Jahr¬
hundert in Böhmen etwa wieder volkstümliche Erhebungen gibt, über der czechischen
Grammatik nicht die Freiheit vernachlässigen. Die Freiheit spricht nur eine Weltsprache,
da haben sie dieselbe aber ins Czechische übersetzt haben wollen, und in dieser Uebersetz-
ung ist die czechische Freiheit gleichgcworden mit dreißig wohlgemessenen Stockstreichen,
wegen Vcrbalbelcidigung eines rohen, übermüthigen, aus den Reihen der Soldateska
— K. — genommenen Bengels von Gensdarmen.




Verlag von F. L. Herbig. — Redactcure: Gustav Freytag und Julian Schmidt. ,
Druck von C. E. Elvert.
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[0168] Comitö zählt Leute zu Mitgliedern, welche unter den dctcrmiuirtcstcn der sogenannten Siebenuudsechziger glänzen, alle sind buudcisrige Anbeter des Ministeriums, und diese Leute wollen einen ConstitutiouSstein setzen in Böhmen! Ohne Zweifel wird es ein Grab¬ stein sein, sie werden erst die Constitution todtschlagen Helfen, und dann ihr das Denk¬ mal setzen, mit der Aufschrift: obiit fumo Domini 18SV. Reich an unberühm- ter Herren ist das Namensverzeichniß dieses monumentalen Comitvs, die leitenden Mit- Lliedcr sind dieselben, welche vor wenig Wochen die Reiterstatue Kaiser Franz I. auf dem Moldauqnai nisu et lurlim inauguriren halfen. Sie treiben die Sache als Hand¬ werk. Ich fürchte, Böhmen geht einer ganz abscheulichen, schmählichen Zukunft ent¬ gegen. Schade um das schöne Land! Die liberalen Deutschen und die angeblich eben¬ falls liberalen Czechen Paralysiren sich in ihrem frcihcitsmördcrischcn Hasse, und die indolente Mittclpartci, ans einigen Adeligen, einigen Geistlichen und Spießbürgern be¬ stehend, verlacht behaglich Beide. Man muß zum Czcchenseinde werden, sieht man solche Wirthschaft mit an. Uebrigens praktizirt das permanent thätige Kriegsgericht einen Constitutionalismus ganz neuer Art, welcher uns durch die jüngsten Tagesblätter bekannt wird. Nachdem vorige Woche ein robuster Schuhmachergesell, wegen „wörtlicher" Beleidigung eines Herrn Gensdarmen, zu dreißig Stockstrcichen verurtheilt worden war, deren Valuta demselben auch voll ohne alle Courtage zugezählt worden ist, wurde jüngst ein junger Schneidergesell wegen desselben schauderhaften Verbrechens, nach dem deutlichen Wort¬ laut des Urtheils, nur zu dreimonatlichen Stockhausarrcst in Eisen mit obligatem zweimaligen Fasten per Woche, blos darum verurtheilt, weil ihn seine Con¬ stitution zur Empfangnahme von Stockprügcln nicht eignet. So weit hätten wir es gebracht mit unseren Errungenschaften, denen sich das Grundrecht beigesellt, daß man nur dann keine Stockprügel bekömmt, wenn man allenfalls den Tod davon haben könnte; noch ein paar Monate weiter belagert, so fällt wohl auch dieser Skrupel weg. Der Schneider hat in der That seiner Constitution mehr zu verdanken, als wir übrigen unserer Constitution vom 4. Mai, die wir allenfalls dazu verwenden kön¬ nen, um zehn oder zwanzig Exemplare in unsere Jncxprcssibles zu schieben, und durch die Polsterung den Corporalsstock unschädlich zu machen. Das Denkmalcomitv läßt sich durch solche Kleinigkeiten in seiner Freude über die Verfassungsrechte nicht stören, ich empfehle ihnen die satyrischen Feldzüge des verstorbenen Friedrich, welcher nach den „BclagcrungSkriegcn" die Errichtung eines Denkmals der deutschen Freiheit empfahl, und nach langer Erörterung über die Wahl des tauglichsten Materials, endlich deutschen Lehm unter treffender Motivirung vorschlug. Lehm gibt es auch in Böhmen und mit diesem Material wird das Comitv, das stets am Boden kriechende, auch zu handticrcn verstehen. Das constitutionelle Blatt hat jene Nachricht von dem, aus Constitutions- rücksichten uicht geprügelten Schneider, ohne alle Bemerkung mitgetheilt, die furchtsame, löschpapicrne Union hat sich unterstanden, ein oppositionelles Ausrufungszeichen beizu- drücken; kühner Redacteur! bist du dir etwa gleicher Constitution bewußt, du wagst ein Ausrufungszeichen? vielleicht werden dir dafür nächstens dreißig Ausrufungszeichen zudictirt werden, von einem k. k. Corporal als Nachccnsor. Die Czechen aber, welche dem Ministerium den Hof gemacht in alberner Verblen¬ dung und ihm erst dann die Zähne weisen wollten, als sie ihnen schon ausgebrochen waren, mögen ihren Enkeln zur Lehre dienen, damit diese, wenn es im nächsten Jahr¬ hundert in Böhmen etwa wieder volkstümliche Erhebungen gibt, über der czechischen Grammatik nicht die Freiheit vernachlässigen. Die Freiheit spricht nur eine Weltsprache, da haben sie dieselbe aber ins Czechische übersetzt haben wollen, und in dieser Uebersetz- ung ist die czechische Freiheit gleichgcworden mit dreißig wohlgemessenen Stockstreichen, wegen Vcrbalbelcidigung eines rohen, übermüthigen, aus den Reihen der Soldateska — K. — genommenen Bengels von Gensdarmen. Verlag von F. L. Herbig. — Redactcure: Gustav Freytag und Julian Schmidt. , Druck von C. E. Elvert.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/168>, abgerufen am 27.07.2024.