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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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ihrer ganzen Größe vorfuhren, das; er uns nämlich in seiner Abhandlung die Re¬
sultate der ersten Berathung der Vertrauensmänner unter Stadion, die zwar zu
keinem "ausgearbeiteten Entwurfe," aber doch immer bis zu einem gewissen Punkte
gediehen waren, und die schon wegen der gemischt-nationalen Zusammensetzung
der Commission von größtem Interesse sind, serner den in der zweiten Berathung
unter Bach "ausgearbeiteten Entwurf eines Provisoriums", in wel¬
chem die Ansichten und Wünsche der Konservativen am deutlichsten zu lesen wären,
zur Einsicht vorlegen we^de; aber von dein Allen ist in der benannten Brosclmre
keine Spur. Herr Zsed6nyi sagt zwar zur Bertheidigung der negativen Haltung
des Memorandum (Seite 77): "Welch' lebendiges Kleid sie sür Ungarn an
die Stelle des abgetragenen oder abgerissenen wirken wollen, haben sie zwar
nicht gesagt, aber sie scheinen zu glauben, daß wie der positive Entwurf sür das
Provisorium noch voriges Jahr durch sie dem Ministerium unterbreitet wurde, sie
eben nur auf dessen Wunsch in Betreff der definitiven Neorganisirung Rede
und Antwort stehen können," aber dieses etwas schmollende, den Stempel des
passiven Widerstandes an der Stirne tragende Benehmen kau" nur den Mini¬
stern gegenüber gerechtfertigt werden, welches nur in sein Archiv zu greifen
braucht, um vou dem "positiven Entwurf sür das Provisorium" Einsicht zu
nehmen, und durch Nichts gehindert ist, den Conservativen "seinen Wunsch in
Betreff der definitiven Neorganisirnng" mitzutheilen; aber das Volk "in allen
seinen Abtheilungen und Stämmen," das heut zu Tage keine Organe hat, in
welchen es seine "Wünsche" aussprechen könnte, und in dessen Namen sowohl die
Unterzeichner des Memorandum, als der Verfasser der Broschüre zu sprechen be¬
haupten, will wissen, was es in den "Männern seines Vertrauens" zu unter¬
stützen, was es von ihnen zu hoffen hat? -- Zwar würden heute sowohl das Memo¬
randum als die Broschüre, wenn sie den Völkern in Ungarn zu Unterzeichnung vor¬
gelegt wurden, Millionen Signaturen zählen, und die Konservativen haben durch
ihre Unerschrockenheit, und den Eifer, welchen sie für die jedem Ungar heilige
Integrität des Vaterlandes an den Tag legten, sich jedenfalls eine Basis für
die Zukunft gebaut; Aber können diese Männer, welche es ehrlich mit Oestreich
halten, wollen, die Negierung bei den Wahlen zum nächsten Landtage eine Majo¬
rität in Ungarn sichern, wenn sie dem Volle nicht ihr eigentliches positives
Walten als Prograui vorlegen und seine Willensäußerung darüber vernehmen?
Herr Zsed(>nyi sucht zwar durch mehrere Argumente, und besonders (Seite 52)
durch den Umstand, daß "die Namen der Verurtheilten nud ihr angegebener
Geburtsort zeigen, daß viele Anstalt-der und von gebornen Ungarn zwischen
zwanzig Schuldigen kaum ein Magyar (?), die kaiserlichen
Fahnen verlassen hatten" die dynastisch-monarchische Gesinnung dieses
Volksstammes zu bezeugen; ja er glaubt sogar (Seite -W) für " die Treue
der eingereihten Hvnveds," von denen er zwar selbst nicht glaubt (Seite 59),


ihrer ganzen Größe vorfuhren, das; er uns nämlich in seiner Abhandlung die Re¬
sultate der ersten Berathung der Vertrauensmänner unter Stadion, die zwar zu
keinem „ausgearbeiteten Entwurfe," aber doch immer bis zu einem gewissen Punkte
gediehen waren, und die schon wegen der gemischt-nationalen Zusammensetzung
der Commission von größtem Interesse sind, serner den in der zweiten Berathung
unter Bach „ausgearbeiteten Entwurf eines Provisoriums", in wel¬
chem die Ansichten und Wünsche der Konservativen am deutlichsten zu lesen wären,
zur Einsicht vorlegen we^de; aber von dein Allen ist in der benannten Brosclmre
keine Spur. Herr Zsed6nyi sagt zwar zur Bertheidigung der negativen Haltung
des Memorandum (Seite 77): „Welch' lebendiges Kleid sie sür Ungarn an
die Stelle des abgetragenen oder abgerissenen wirken wollen, haben sie zwar
nicht gesagt, aber sie scheinen zu glauben, daß wie der positive Entwurf sür das
Provisorium noch voriges Jahr durch sie dem Ministerium unterbreitet wurde, sie
eben nur auf dessen Wunsch in Betreff der definitiven Neorganisirung Rede
und Antwort stehen können," aber dieses etwas schmollende, den Stempel des
passiven Widerstandes an der Stirne tragende Benehmen kau» nur den Mini¬
stern gegenüber gerechtfertigt werden, welches nur in sein Archiv zu greifen
braucht, um vou dem „positiven Entwurf sür das Provisorium" Einsicht zu
nehmen, und durch Nichts gehindert ist, den Conservativen „seinen Wunsch in
Betreff der definitiven Neorganisirnng" mitzutheilen; aber das Volk „in allen
seinen Abtheilungen und Stämmen," das heut zu Tage keine Organe hat, in
welchen es seine „Wünsche" aussprechen könnte, und in dessen Namen sowohl die
Unterzeichner des Memorandum, als der Verfasser der Broschüre zu sprechen be¬
haupten, will wissen, was es in den „Männern seines Vertrauens" zu unter¬
stützen, was es von ihnen zu hoffen hat? — Zwar würden heute sowohl das Memo¬
randum als die Broschüre, wenn sie den Völkern in Ungarn zu Unterzeichnung vor¬
gelegt wurden, Millionen Signaturen zählen, und die Konservativen haben durch
ihre Unerschrockenheit, und den Eifer, welchen sie für die jedem Ungar heilige
Integrität des Vaterlandes an den Tag legten, sich jedenfalls eine Basis für
die Zukunft gebaut; Aber können diese Männer, welche es ehrlich mit Oestreich
halten, wollen, die Negierung bei den Wahlen zum nächsten Landtage eine Majo¬
rität in Ungarn sichern, wenn sie dem Volle nicht ihr eigentliches positives
Walten als Prograui vorlegen und seine Willensäußerung darüber vernehmen?
Herr Zsed(>nyi sucht zwar durch mehrere Argumente, und besonders (Seite 52)
durch den Umstand, daß „die Namen der Verurtheilten nud ihr angegebener
Geburtsort zeigen, daß viele Anstalt-der und von gebornen Ungarn zwischen
zwanzig Schuldigen kaum ein Magyar (?), die kaiserlichen
Fahnen verlassen hatten" die dynastisch-monarchische Gesinnung dieses
Volksstammes zu bezeugen; ja er glaubt sogar (Seite -W) für „ die Treue
der eingereihten Hvnveds," von denen er zwar selbst nicht glaubt (Seite 59),


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/396>, abgerufen am 22.07.2024.