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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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deren Schicksal in seiner Hand liegt. Kurz, der gute Schwarze gebärdet sich als
Träumer.

(5in Mönch, der ihm den ersten Unterricht ertheilt und aus dem Sclaven
einen Menschen gemacht hat, unterbricht ihn mitten in den Aeußerungen seiner
Angst. Toussaint denkt an seine Kinder, die als leiste!" in den Händen der
Franzosen geblieben sind, und schreckt vor dem Kriege zurück. Aber der Mönch
fuhrt ihn wieder zu seinem frühern Entschluß zurück; er zeigt ihm das Crucifix:
,,D" zitterst für Deine Kinder; hat nicht Gott seinen eigenen Sohn für das
Heil des Menschengeschlechts geopfert?" Toussaint läßt sich durch dieses zweifel¬
hafte Argument überzeugen und beugt seiue Knie vor dem Christusbilde. Da
steigt ihm el" anderes Bedenken aus: er will die Weißen bekämpfen, und betet
doch den Gott der Weißen an. - Ueber die gemeinsame Abstammung aller
Racen von Adam, und die völlige Identität Gottes hatte ihn also sei". Reli-
gionslehrer uicht aufgeklärt. -- Adrieuile kommt dazu, und Toussaint, um den
Feldzugsplan des feindlichen Generals zu erspähen, hüllt sich in ein. Bettler¬
gewand, gibt seinen Augen den Schein der Blindheit und läßt sich von
Adrieuue ins französische Vager führen. - - Cin etwas verbrauchter Cffect, um
so weniger angebracht in einem Laude, wo es keine Bettler gibt, weil die eut-
lauseueu Seeger es bequemer siudeu, zu stehle" und zu plündern.

Dritter Act. Trommelwirbel, Pfeifen, Troiupeteu, Marschbeweguugen, eine
wüste Masse Umforme". Der angebliche Bettler wird von der schönen Pauline
Bonaparte beschicht, der Gemahlin des französischen Generals. Die Unterredung
der beiden Heerführer hat etwas Melodramatisches. Leclere geht leicht in die
Falle; er will seinem Gegner einen Brief übersende", "ut wählt den blinden
Bettler zum Boden. -- Die beideu Söhne Toussaint's, die der General aus
Frankreich mit herübergebracht hat, um den Zieger zur freiwilligen Unterwerfung
zu bewege", sitze", daneben, ohne ihre" Bater zu erkennen. -- Leclere fragt den
Bettler, ob er Toussaint kenne? -- Dreißig Jahre habe ich neben ihm uuter
derselben Ajoupa geschlafen. -- Liebt Toussaint seiue Kinder'!' Wenn Gott
ihn selber fragte, so würde er ihm keine Antwort darauf geben.

Er ergeht sich noch weiter in dithyrambischen Reden über das Wesen des
Negerfürsteu, die zwar einige Aufmerksamkeit erregen, aber leinen Berbande.
Freilich denkt Toussaint auch nicht tara", die Leichtgläubigkeit des Generals zu
seinem Zweck zu benutze". Da tritt ein schwarzer Unlerfeldherr auf, Moses;
auch er erkennt seiue" Ober" "icht, und schickt sich eben an, deu Plan seiner
Landsleute denk Geiuwal zu verrathen, da springt Toussaint aus ihn zu, erdolcht
ihn und stürzt sich ins Meer, verfolgt vou einem Kugelregen, der ihm um die
Ohren pfeift, ohne ihn zu erreiche". Adrie""e bleibt als Gefangene zurück.

Vierter Act. Überirdischer Kerker. Adrienne ist an die Mauer gekettet,
ohne daß mau erfahrt, wozu diese unnöthige Grausamkeit an ihr ausgeübt wird.


deren Schicksal in seiner Hand liegt. Kurz, der gute Schwarze gebärdet sich als
Träumer.

(5in Mönch, der ihm den ersten Unterricht ertheilt und aus dem Sclaven
einen Menschen gemacht hat, unterbricht ihn mitten in den Aeußerungen seiner
Angst. Toussaint denkt an seine Kinder, die als leiste!» in den Händen der
Franzosen geblieben sind, und schreckt vor dem Kriege zurück. Aber der Mönch
fuhrt ihn wieder zu seinem frühern Entschluß zurück; er zeigt ihm das Crucifix:
,,D» zitterst für Deine Kinder; hat nicht Gott seinen eigenen Sohn für das
Heil des Menschengeschlechts geopfert?" Toussaint läßt sich durch dieses zweifel¬
hafte Argument überzeugen und beugt seiue Knie vor dem Christusbilde. Da
steigt ihm el» anderes Bedenken aus: er will die Weißen bekämpfen, und betet
doch den Gott der Weißen an. - Ueber die gemeinsame Abstammung aller
Racen von Adam, und die völlige Identität Gottes hatte ihn also sei». Reli-
gionslehrer uicht aufgeklärt. — Adrieuile kommt dazu, und Toussaint, um den
Feldzugsplan des feindlichen Generals zu erspähen, hüllt sich in ein. Bettler¬
gewand, gibt seinen Augen den Schein der Blindheit und läßt sich von
Adrieuue ins französische Vager führen. - - Cin etwas verbrauchter Cffect, um
so weniger angebracht in einem Laude, wo es keine Bettler gibt, weil die eut-
lauseueu Seeger es bequemer siudeu, zu stehle» und zu plündern.

Dritter Act. Trommelwirbel, Pfeifen, Troiupeteu, Marschbeweguugen, eine
wüste Masse Umforme». Der angebliche Bettler wird von der schönen Pauline
Bonaparte beschicht, der Gemahlin des französischen Generals. Die Unterredung
der beiden Heerführer hat etwas Melodramatisches. Leclere geht leicht in die
Falle; er will seinem Gegner einen Brief übersende», »ut wählt den blinden
Bettler zum Boden. — Die beideu Söhne Toussaint's, die der General aus
Frankreich mit herübergebracht hat, um den Zieger zur freiwilligen Unterwerfung
zu bewege«, sitze», daneben, ohne ihre» Bater zu erkennen. — Leclere fragt den
Bettler, ob er Toussaint kenne? — Dreißig Jahre habe ich neben ihm uuter
derselben Ajoupa geschlafen. — Liebt Toussaint seiue Kinder'!' Wenn Gott
ihn selber fragte, so würde er ihm keine Antwort darauf geben.

Er ergeht sich noch weiter in dithyrambischen Reden über das Wesen des
Negerfürsteu, die zwar einige Aufmerksamkeit erregen, aber leinen Berbande.
Freilich denkt Toussaint auch nicht tara», die Leichtgläubigkeit des Generals zu
seinem Zweck zu benutze». Da tritt ein schwarzer Unlerfeldherr auf, Moses;
auch er erkennt seiue» Ober» »icht, und schickt sich eben an, deu Plan seiner
Landsleute denk Geiuwal zu verrathen, da springt Toussaint aus ihn zu, erdolcht
ihn und stürzt sich ins Meer, verfolgt vou einem Kugelregen, der ihm um die
Ohren pfeift, ohne ihn zu erreiche». Adrie»»e bleibt als Gefangene zurück.

Vierter Act. Überirdischer Kerker. Adrienne ist an die Mauer gekettet,
ohne daß mau erfahrt, wozu diese unnöthige Grausamkeit an ihr ausgeübt wird.


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[0296] deren Schicksal in seiner Hand liegt. Kurz, der gute Schwarze gebärdet sich als Träumer. (5in Mönch, der ihm den ersten Unterricht ertheilt und aus dem Sclaven einen Menschen gemacht hat, unterbricht ihn mitten in den Aeußerungen seiner Angst. Toussaint denkt an seine Kinder, die als leiste!» in den Händen der Franzosen geblieben sind, und schreckt vor dem Kriege zurück. Aber der Mönch fuhrt ihn wieder zu seinem frühern Entschluß zurück; er zeigt ihm das Crucifix: ,,D» zitterst für Deine Kinder; hat nicht Gott seinen eigenen Sohn für das Heil des Menschengeschlechts geopfert?" Toussaint läßt sich durch dieses zweifel¬ hafte Argument überzeugen und beugt seiue Knie vor dem Christusbilde. Da steigt ihm el» anderes Bedenken aus: er will die Weißen bekämpfen, und betet doch den Gott der Weißen an. - Ueber die gemeinsame Abstammung aller Racen von Adam, und die völlige Identität Gottes hatte ihn also sei». Reli- gionslehrer uicht aufgeklärt. — Adrieuile kommt dazu, und Toussaint, um den Feldzugsplan des feindlichen Generals zu erspähen, hüllt sich in ein. Bettler¬ gewand, gibt seinen Augen den Schein der Blindheit und läßt sich von Adrieuue ins französische Vager führen. - - Cin etwas verbrauchter Cffect, um so weniger angebracht in einem Laude, wo es keine Bettler gibt, weil die eut- lauseueu Seeger es bequemer siudeu, zu stehle» und zu plündern. Dritter Act. Trommelwirbel, Pfeifen, Troiupeteu, Marschbeweguugen, eine wüste Masse Umforme». Der angebliche Bettler wird von der schönen Pauline Bonaparte beschicht, der Gemahlin des französischen Generals. Die Unterredung der beiden Heerführer hat etwas Melodramatisches. Leclere geht leicht in die Falle; er will seinem Gegner einen Brief übersende», »ut wählt den blinden Bettler zum Boden. — Die beideu Söhne Toussaint's, die der General aus Frankreich mit herübergebracht hat, um den Zieger zur freiwilligen Unterwerfung zu bewege«, sitze», daneben, ohne ihre» Bater zu erkennen. — Leclere fragt den Bettler, ob er Toussaint kenne? — Dreißig Jahre habe ich neben ihm uuter derselben Ajoupa geschlafen. — Liebt Toussaint seiue Kinder'!' Wenn Gott ihn selber fragte, so würde er ihm keine Antwort darauf geben. Er ergeht sich noch weiter in dithyrambischen Reden über das Wesen des Negerfürsteu, die zwar einige Aufmerksamkeit erregen, aber leinen Berbande. Freilich denkt Toussaint auch nicht tara», die Leichtgläubigkeit des Generals zu seinem Zweck zu benutze». Da tritt ein schwarzer Unlerfeldherr auf, Moses; auch er erkennt seiue» Ober» »icht, und schickt sich eben an, deu Plan seiner Landsleute denk Geiuwal zu verrathen, da springt Toussaint aus ihn zu, erdolcht ihn und stürzt sich ins Meer, verfolgt vou einem Kugelregen, der ihm um die Ohren pfeift, ohne ihn zu erreiche». Adrie»»e bleibt als Gefangene zurück. Vierter Act. Überirdischer Kerker. Adrienne ist an die Mauer gekettet, ohne daß mau erfahrt, wozu diese unnöthige Grausamkeit an ihr ausgeübt wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/296>, abgerufen am 22.07.2024.