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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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F e se n s.
Gedicht von Philip Bailey/)



Kennst Du vielleicht, freundlicher Leser, das wunderliche Gemälde Sealssield's:
Süden und Norden? Eine Gesellschaft reisender Amerikaner wird von dem tropischen
Himmel Mexico's und den schwarzen Augen seiner Indianerinnen so berauscht,
daß sie, einer nach dem andern den Verstand verlieren. Nun ist darunter ein sehr
nüchterner, sehr verständiger, hausbackener Keutuckier, Namens Cocksley, auf.deu
wir als Ruhepunkt blicken können, um nicht selber von dem Schwindel ergriffen
und fortgerissen zu werden; als auch dieser anfängt zu phantasiren, verlieren wir
vollständig den Boden unter den Füßen, die Gegenstände verschwimmen in einander
und der Glaube an 'die eigene Existenz wird wankend.

So geht es mir, wenn ich manche der neuern Producte des praktische", ver¬
ständige", soliden England betrachte. Auch Saul ist uuter die Propheten ge¬
gangen.

Das vorliegende Werk hat in kurzer Zeit drei Auflagen erlebt; die vornehmsten
Organe der Kritik sind überschwenglich in ihrer Bewunderung, und selbst die
Tadler schelten auf den Knieen. Wir werden uns aber nächstens ernstlich dagegen
verwahren müssen, wenn unsere überseeischen Vettern unser träumerisches Wesen
verspotten.

Festus ist Faust. Der Prolog spielt, uach der gewöhnlichen Convenienz,
im Himmel.

Gott. Was willst du, Lucifer?

Lucifer. Da ist ein junger Mann, den möchte ich haben.
'

Gott. Er sei dein, ihn zu versuche".

Lucifer. Ich danke.



Derselbe Autor, über dessen phantastisches Gedicht: >-!>-! lmxeI-on>M, wir im vorigen
Heft berichtet haben.
Grenzboten. II. I8S0. 36
F e se n s.
Gedicht von Philip Bailey/)



Kennst Du vielleicht, freundlicher Leser, das wunderliche Gemälde Sealssield's:
Süden und Norden? Eine Gesellschaft reisender Amerikaner wird von dem tropischen
Himmel Mexico's und den schwarzen Augen seiner Indianerinnen so berauscht,
daß sie, einer nach dem andern den Verstand verlieren. Nun ist darunter ein sehr
nüchterner, sehr verständiger, hausbackener Keutuckier, Namens Cocksley, auf.deu
wir als Ruhepunkt blicken können, um nicht selber von dem Schwindel ergriffen
und fortgerissen zu werden; als auch dieser anfängt zu phantasiren, verlieren wir
vollständig den Boden unter den Füßen, die Gegenstände verschwimmen in einander
und der Glaube an 'die eigene Existenz wird wankend.

So geht es mir, wenn ich manche der neuern Producte des praktische», ver¬
ständige», soliden England betrachte. Auch Saul ist uuter die Propheten ge¬
gangen.

Das vorliegende Werk hat in kurzer Zeit drei Auflagen erlebt; die vornehmsten
Organe der Kritik sind überschwenglich in ihrer Bewunderung, und selbst die
Tadler schelten auf den Knieen. Wir werden uns aber nächstens ernstlich dagegen
verwahren müssen, wenn unsere überseeischen Vettern unser träumerisches Wesen
verspotten.

Festus ist Faust. Der Prolog spielt, uach der gewöhnlichen Convenienz,
im Himmel.

Gott. Was willst du, Lucifer?

Lucifer. Da ist ein junger Mann, den möchte ich haben.
'

Gott. Er sei dein, ihn zu versuche».

Lucifer. Ich danke.



Derselbe Autor, über dessen phantastisches Gedicht: >-!>-! lmxeI-on>M, wir im vorigen
Heft berichtet haben.
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[0289] F e se n s. Gedicht von Philip Bailey/) Kennst Du vielleicht, freundlicher Leser, das wunderliche Gemälde Sealssield's: Süden und Norden? Eine Gesellschaft reisender Amerikaner wird von dem tropischen Himmel Mexico's und den schwarzen Augen seiner Indianerinnen so berauscht, daß sie, einer nach dem andern den Verstand verlieren. Nun ist darunter ein sehr nüchterner, sehr verständiger, hausbackener Keutuckier, Namens Cocksley, auf.deu wir als Ruhepunkt blicken können, um nicht selber von dem Schwindel ergriffen und fortgerissen zu werden; als auch dieser anfängt zu phantasiren, verlieren wir vollständig den Boden unter den Füßen, die Gegenstände verschwimmen in einander und der Glaube an 'die eigene Existenz wird wankend. So geht es mir, wenn ich manche der neuern Producte des praktische», ver¬ ständige», soliden England betrachte. Auch Saul ist uuter die Propheten ge¬ gangen. Das vorliegende Werk hat in kurzer Zeit drei Auflagen erlebt; die vornehmsten Organe der Kritik sind überschwenglich in ihrer Bewunderung, und selbst die Tadler schelten auf den Knieen. Wir werden uns aber nächstens ernstlich dagegen verwahren müssen, wenn unsere überseeischen Vettern unser träumerisches Wesen verspotten. Festus ist Faust. Der Prolog spielt, uach der gewöhnlichen Convenienz, im Himmel. Gott. Was willst du, Lucifer? Lucifer. Da ist ein junger Mann, den möchte ich haben. ' Gott. Er sei dein, ihn zu versuche». Lucifer. Ich danke. Derselbe Autor, über dessen phantastisches Gedicht: >-!>-! lmxeI-on>M, wir im vorigen Heft berichtet haben. Grenzboten. II. I8S0. 36

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/289>, abgerufen am 01.07.2024.