Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.Verfassung als der letzte Rettungsanker erschienen sei, an dem das strandende "Und gerade in diesem Augenblicke allmäliger Aussöhnung der öffentlichen Der Redner beleuchtete hieraus die Geschichte des sächsischen Vorbehalts. Unter den Gründen der Regierung für ihren Widerstand gegen das völlige Verfassung als der letzte Rettungsanker erschienen sei, an dem das strandende „Und gerade in diesem Augenblicke allmäliger Aussöhnung der öffentlichen Der Redner beleuchtete hieraus die Geschichte des sächsischen Vorbehalts. Unter den Gründen der Regierung für ihren Widerstand gegen das völlige <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185351"/> <p xml:id="ID_24" prev="#ID_23"> Verfassung als der letzte Rettungsanker erschienen sei, an dem das strandende<lb/> Schiff der deutschen Einheit sich noch festhalten könne."</p><lb/> <p xml:id="ID_25"> „Und gerade in diesem Augenblicke allmäliger Aussöhnung der öffentlichen<lb/> Meinung mit dem Dreikönigsbündniß, in der Zeit kurz vor Eröffnung des-Land¬<lb/> tags, dessen Zustimmung man sich mit Recht vorbehalten hatte, tritt Sachsen<lb/> zurück, bricht mit einem Staate, dem es noch kurz zuvor die Rettung aus den<lb/> Händen der Anarchie verdankte, und nähert sich deu in vieler Beziehung uns<lb/> ferner stehenden süddeutschen Staaten."</p><lb/> <p xml:id="ID_26"> Der Redner beleuchtete hieraus die Geschichte des sächsischen Vorbehalts.<lb/> Die rechtliche Giltigkeit desselben gab er zu, aber er leugnete, daß es politisch ge¬<lb/> wesen, ihn zu stellen, noch mehr von ihm Gebrauch zu machen. Das Erstere<lb/> habe, da der Vorbehalt doch nicht geheim bleiben konnte, das Zustandekommen<lb/> des Einigungswerkes gefährdet. Durch das Letztere sei Sachsen, indem es weder<lb/> ganz vom Bündniß zurück treten, noch aber auch zu dessen Durchführung ferner<lb/> mitwirken wolle, in eine völlig unhaltbare Lage gerathen. Sodann wird Oestreichs<lb/> und Baierns Stellung zum Bundesstaate besprochen. Die erstere faßte der Redner<lb/> in den Worten zusammen: „Oestreich läßt uns nur die Wahl zwischen einem<lb/> Deutschland ohne Oestreich, oder gestehen wir uns offen: keinem<lb/> Deutschland." Von Baiern sagt er: „Baierns unglückliche Halbheit zwischen<lb/> groß und klein wird es kaum jemals zu einem großartigen Entschlüsse kommen<lb/> lassen; der Nothwendigkeit aber wird auch Baiern sich fügen und Opfer bringen<lb/> müssen. Wer sich von Preußen lossagt, um sich an Baien anzuschließen, der gebe<lb/> nur die deutsche Einheit auf! Baiern ist vielleicht stark genug, das, was geschehen<lb/> soll, ans eine Zeit laug zu hindern, es ist aber nicht stark genug, selbstständig<lb/> zu schaffen."</p><lb/> <p xml:id="ID_27" next="#ID_28"> Unter den Gründen der Regierung für ihren Widerstand gegen das völlige<lb/> Aufgehen im Bundesstaate, war einer, dessen scharfe Beleuchtung, wie man aus der<lb/> späteren Entgegnung des Ministers sah, dessen empfindlichste Stelle berührte:<lb/> „ES gibt ein Opfer," sagte Carlowitz, „welches zu bringen, wie mir scheint,<lb/> der sächsischen Staatsregierung unsäglich schwer fällt; ob dem sächsischen Volke?<lb/> das möchte ich noch bezweifeln. Es ist dies die Aufgebung des Rechts, das Aus¬<lb/> land mit Gesandten zu beschicken. Aber mit Recht behauptet Preußen, daß diese<lb/> Befugniß der einzelnen deutschen Staaten der wuudeste Fleck im deutschen Staats¬<lb/> leben sei. Meine Herren! Was wir unter uns vou der deutschen Einheit halten,<lb/> darauf kommt im Ganzen weniger an, aber darauf kommt im Interesse eines starken<lb/> und mächtigen Deutschlands unsäglich viel an, was das Ausland von dieser Ein¬<lb/> heit hält. Nie und nimmermehr aber wird das Ausland an diese Einheit glauben,<lb/> wenn es neben den Gesandten des großen deutschen Bundesstaates auch noch die<lb/> Gesandten einzelner deutschen Staaten empfängt. Ich halte dafür, daß ein Ge¬<lb/> sandter eines einzelnen deutschen Staates nicht mehr nützen könne, als ein Ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
Verfassung als der letzte Rettungsanker erschienen sei, an dem das strandende
Schiff der deutschen Einheit sich noch festhalten könne."
„Und gerade in diesem Augenblicke allmäliger Aussöhnung der öffentlichen
Meinung mit dem Dreikönigsbündniß, in der Zeit kurz vor Eröffnung des-Land¬
tags, dessen Zustimmung man sich mit Recht vorbehalten hatte, tritt Sachsen
zurück, bricht mit einem Staate, dem es noch kurz zuvor die Rettung aus den
Händen der Anarchie verdankte, und nähert sich deu in vieler Beziehung uns
ferner stehenden süddeutschen Staaten."
Der Redner beleuchtete hieraus die Geschichte des sächsischen Vorbehalts.
Die rechtliche Giltigkeit desselben gab er zu, aber er leugnete, daß es politisch ge¬
wesen, ihn zu stellen, noch mehr von ihm Gebrauch zu machen. Das Erstere
habe, da der Vorbehalt doch nicht geheim bleiben konnte, das Zustandekommen
des Einigungswerkes gefährdet. Durch das Letztere sei Sachsen, indem es weder
ganz vom Bündniß zurück treten, noch aber auch zu dessen Durchführung ferner
mitwirken wolle, in eine völlig unhaltbare Lage gerathen. Sodann wird Oestreichs
und Baierns Stellung zum Bundesstaate besprochen. Die erstere faßte der Redner
in den Worten zusammen: „Oestreich läßt uns nur die Wahl zwischen einem
Deutschland ohne Oestreich, oder gestehen wir uns offen: keinem
Deutschland." Von Baiern sagt er: „Baierns unglückliche Halbheit zwischen
groß und klein wird es kaum jemals zu einem großartigen Entschlüsse kommen
lassen; der Nothwendigkeit aber wird auch Baiern sich fügen und Opfer bringen
müssen. Wer sich von Preußen lossagt, um sich an Baien anzuschließen, der gebe
nur die deutsche Einheit auf! Baiern ist vielleicht stark genug, das, was geschehen
soll, ans eine Zeit laug zu hindern, es ist aber nicht stark genug, selbstständig
zu schaffen."
Unter den Gründen der Regierung für ihren Widerstand gegen das völlige
Aufgehen im Bundesstaate, war einer, dessen scharfe Beleuchtung, wie man aus der
späteren Entgegnung des Ministers sah, dessen empfindlichste Stelle berührte:
„ES gibt ein Opfer," sagte Carlowitz, „welches zu bringen, wie mir scheint,
der sächsischen Staatsregierung unsäglich schwer fällt; ob dem sächsischen Volke?
das möchte ich noch bezweifeln. Es ist dies die Aufgebung des Rechts, das Aus¬
land mit Gesandten zu beschicken. Aber mit Recht behauptet Preußen, daß diese
Befugniß der einzelnen deutschen Staaten der wuudeste Fleck im deutschen Staats¬
leben sei. Meine Herren! Was wir unter uns vou der deutschen Einheit halten,
darauf kommt im Ganzen weniger an, aber darauf kommt im Interesse eines starken
und mächtigen Deutschlands unsäglich viel an, was das Ausland von dieser Ein¬
heit hält. Nie und nimmermehr aber wird das Ausland an diese Einheit glauben,
wenn es neben den Gesandten des großen deutschen Bundesstaates auch noch die
Gesandten einzelner deutschen Staaten empfängt. Ich halte dafür, daß ein Ge¬
sandter eines einzelnen deutschen Staates nicht mehr nützen könne, als ein Ge-
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