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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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Der Redner berührte hier das Münchner Gegenprojeet. "Wollen Sie,"
fuhr er fort, "diese Pläne hindern, welche -- das ist meine feste Ueberzeugung --
zu den alten Zuständen zurückführen, so kann dies nicht dnrch ein bloßes Votum
einer oder vieler Stäildeversammlunge", die sich dagegen erklären, geschehen, son¬
dern einzig und allein dadurch, daß mau diesen Pläne" etwas Positives, von
reeller Macht Unterstütztes entgegensetzt. Wir müssen also Alles thun, um
Preußen zu ermuthigen und unsere Regierung zu bewegen, daß sie auf den frü¬
hern Weg wieder einlenke. Wenn der Bundesstaat zu Staude kommt, dann
werden jene andern Pläne sich wieder in Nebelbilder auflösen, wie sie bisher
Nebelbilder waren. Kommt aber der Reichstag in Erfurt nicht zu Stande, tritt
nicht rasch die Bundesregierung in's Leben, dann wird sich auch Preußen jenem
Plane anschließen, dann werden zwischen Wien und Berlin bald die Depeschen
hin und her fliegen, dann wird aufs Neue die heilige Allianz ihre Netze um
uns schlingen, und alles Widerstreben dagegen wird ein verlorenes sein."

Auf die Verhältnisse zu Oestreich zurückkommend, insbesondere aus die von
dort gebotene Handelseinignng, stellte der Redner die Alternative: "Wenn Oest¬
reich aufrichtig gemeint ist, im Interesse der beiderseitigen Bevölkerungen Erleich¬
terung zu gewähren, so sehe ich nicht ein, warum es nicht lieber mit einem com-
pacten Bundesstaate verhandeln sollte, als mit mehreren einzelnen Staaten oder
Staatencompleren. Ist es aber nur ein Köder, der uus hingeworfen wird, um
uns von jener politischen Verbindung loszureißen, stellt man die materielle
Vereinigung auf die Vorbedingung der politischen und ist diese letztere von der
Art, daß sie unsern Natioualbedürfnisseu widerspricht, -- "im, meine Herren,
so hoch stelle ich die materiellen Vortheile uicht, daß ich dafür uuseve ganze poli¬
tische Zukunft preisgeben möchte."

Der Redner schilderte hierauf die materielle" Vortheile, die aus einer, nach
innen die freie Entwickelung, nach anßen Macht gewährenden Staatsordnung,
so wie die Nachtheile, die aus einer noch länger andauernden Unsicherheit der
politische" Zustände für Handel und Verkehr entspringen würde", und folgerte dar¬
aus die Nothwendigkeit des raschen Znstandebringens eines festen Verfassuugö-
zustaudcs, die Gefahren jedes länger" Wartens. Darm" schon könne er nicht für
das ziellose "Festhalte"" an der frankfurter Verfassung sein. Mit Gewalt wolle
man diese nicht durchsetzen, wie ein Redner von der Linken versichert hat; aber
womit denn? Ohuehi" seien die Anhänger dieses Festhaltens unter sich selbst in
Zwiespalt: die Eine" wollten die ganze Verfassung, Andere nur gewisse Theile
derselben. Manche eiferten gegen die Hegemonie Preußens und die Ausschließung
Oestreichs, die doch in jener Verfassung ebenfalls vorhanden seien. Die Ver¬
fassung vom 26. Mai werde mau mit günstigeren Augen ansehe", wenn man in
den Blätter" der Neactionspartei lese: diese Verfassung gewähre der demokratischen
Entwickelung zu viel Spielraum! Denn einen feinen Jnstinct für Alles, was ihr


Der Redner berührte hier das Münchner Gegenprojeet. „Wollen Sie,"
fuhr er fort, „diese Pläne hindern, welche — das ist meine feste Ueberzeugung —
zu den alten Zuständen zurückführen, so kann dies nicht dnrch ein bloßes Votum
einer oder vieler Stäildeversammlunge», die sich dagegen erklären, geschehen, son¬
dern einzig und allein dadurch, daß mau diesen Pläne» etwas Positives, von
reeller Macht Unterstütztes entgegensetzt. Wir müssen also Alles thun, um
Preußen zu ermuthigen und unsere Regierung zu bewegen, daß sie auf den frü¬
hern Weg wieder einlenke. Wenn der Bundesstaat zu Staude kommt, dann
werden jene andern Pläne sich wieder in Nebelbilder auflösen, wie sie bisher
Nebelbilder waren. Kommt aber der Reichstag in Erfurt nicht zu Stande, tritt
nicht rasch die Bundesregierung in's Leben, dann wird sich auch Preußen jenem
Plane anschließen, dann werden zwischen Wien und Berlin bald die Depeschen
hin und her fliegen, dann wird aufs Neue die heilige Allianz ihre Netze um
uns schlingen, und alles Widerstreben dagegen wird ein verlorenes sein."

Auf die Verhältnisse zu Oestreich zurückkommend, insbesondere aus die von
dort gebotene Handelseinignng, stellte der Redner die Alternative: „Wenn Oest¬
reich aufrichtig gemeint ist, im Interesse der beiderseitigen Bevölkerungen Erleich¬
terung zu gewähren, so sehe ich nicht ein, warum es nicht lieber mit einem com-
pacten Bundesstaate verhandeln sollte, als mit mehreren einzelnen Staaten oder
Staatencompleren. Ist es aber nur ein Köder, der uus hingeworfen wird, um
uns von jener politischen Verbindung loszureißen, stellt man die materielle
Vereinigung auf die Vorbedingung der politischen und ist diese letztere von der
Art, daß sie unsern Natioualbedürfnisseu widerspricht, — »im, meine Herren,
so hoch stelle ich die materiellen Vortheile uicht, daß ich dafür uuseve ganze poli¬
tische Zukunft preisgeben möchte."

Der Redner schilderte hierauf die materielle« Vortheile, die aus einer, nach
innen die freie Entwickelung, nach anßen Macht gewährenden Staatsordnung,
so wie die Nachtheile, die aus einer noch länger andauernden Unsicherheit der
politische» Zustände für Handel und Verkehr entspringen würde», und folgerte dar¬
aus die Nothwendigkeit des raschen Znstandebringens eines festen Verfassuugö-
zustaudcs, die Gefahren jedes länger» Wartens. Darm» schon könne er nicht für
das ziellose „Festhalte»" an der frankfurter Verfassung sein. Mit Gewalt wolle
man diese nicht durchsetzen, wie ein Redner von der Linken versichert hat; aber
womit denn? Ohuehi» seien die Anhänger dieses Festhaltens unter sich selbst in
Zwiespalt: die Eine» wollten die ganze Verfassung, Andere nur gewisse Theile
derselben. Manche eiferten gegen die Hegemonie Preußens und die Ausschließung
Oestreichs, die doch in jener Verfassung ebenfalls vorhanden seien. Die Ver¬
fassung vom 26. Mai werde mau mit günstigeren Augen ansehe», wenn man in
den Blätter» der Neactionspartei lese: diese Verfassung gewähre der demokratischen
Entwickelung zu viel Spielraum! Denn einen feinen Jnstinct für Alles, was ihr


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[0140] Der Redner berührte hier das Münchner Gegenprojeet. „Wollen Sie," fuhr er fort, „diese Pläne hindern, welche — das ist meine feste Ueberzeugung — zu den alten Zuständen zurückführen, so kann dies nicht dnrch ein bloßes Votum einer oder vieler Stäildeversammlunge», die sich dagegen erklären, geschehen, son¬ dern einzig und allein dadurch, daß mau diesen Pläne» etwas Positives, von reeller Macht Unterstütztes entgegensetzt. Wir müssen also Alles thun, um Preußen zu ermuthigen und unsere Regierung zu bewegen, daß sie auf den frü¬ hern Weg wieder einlenke. Wenn der Bundesstaat zu Staude kommt, dann werden jene andern Pläne sich wieder in Nebelbilder auflösen, wie sie bisher Nebelbilder waren. Kommt aber der Reichstag in Erfurt nicht zu Stande, tritt nicht rasch die Bundesregierung in's Leben, dann wird sich auch Preußen jenem Plane anschließen, dann werden zwischen Wien und Berlin bald die Depeschen hin und her fliegen, dann wird aufs Neue die heilige Allianz ihre Netze um uns schlingen, und alles Widerstreben dagegen wird ein verlorenes sein." Auf die Verhältnisse zu Oestreich zurückkommend, insbesondere aus die von dort gebotene Handelseinignng, stellte der Redner die Alternative: „Wenn Oest¬ reich aufrichtig gemeint ist, im Interesse der beiderseitigen Bevölkerungen Erleich¬ terung zu gewähren, so sehe ich nicht ein, warum es nicht lieber mit einem com- pacten Bundesstaate verhandeln sollte, als mit mehreren einzelnen Staaten oder Staatencompleren. Ist es aber nur ein Köder, der uus hingeworfen wird, um uns von jener politischen Verbindung loszureißen, stellt man die materielle Vereinigung auf die Vorbedingung der politischen und ist diese letztere von der Art, daß sie unsern Natioualbedürfnisseu widerspricht, — »im, meine Herren, so hoch stelle ich die materiellen Vortheile uicht, daß ich dafür uuseve ganze poli¬ tische Zukunft preisgeben möchte." Der Redner schilderte hierauf die materielle« Vortheile, die aus einer, nach innen die freie Entwickelung, nach anßen Macht gewährenden Staatsordnung, so wie die Nachtheile, die aus einer noch länger andauernden Unsicherheit der politische» Zustände für Handel und Verkehr entspringen würde», und folgerte dar¬ aus die Nothwendigkeit des raschen Znstandebringens eines festen Verfassuugö- zustaudcs, die Gefahren jedes länger» Wartens. Darm» schon könne er nicht für das ziellose „Festhalte»" an der frankfurter Verfassung sein. Mit Gewalt wolle man diese nicht durchsetzen, wie ein Redner von der Linken versichert hat; aber womit denn? Ohuehi» seien die Anhänger dieses Festhaltens unter sich selbst in Zwiespalt: die Eine» wollten die ganze Verfassung, Andere nur gewisse Theile derselben. Manche eiferten gegen die Hegemonie Preußens und die Ausschließung Oestreichs, die doch in jener Verfassung ebenfalls vorhanden seien. Die Ver¬ fassung vom 26. Mai werde mau mit günstigeren Augen ansehe», wenn man in den Blätter» der Neactionspartei lese: diese Verfassung gewähre der demokratischen Entwickelung zu viel Spielraum! Denn einen feinen Jnstinct für Alles, was ihr

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/140>, abgerufen am 22.07.2024.