Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Der Prager Politiker schreibt hierauf: " Die Ncichstagsrcchte hat ihre persönlichen Der Prager Diplomat schreibt ferner:'"die Angriffe gegen Bach glauben wir zu¬ Der Präger Diplomat wird ein Schwärmer. Ein Ministcrprogramm wird in unse¬ "Wir schöpfen aus bester Quelle die beruhigende Ueberzeugung, daß die Sage vom *) Sonderbar! Der Prager Politiker deutet bei einer Cabinclsucrä'ttderung höhnisch ans
den Verfasser von Oestreich und seine Zukunft; die Ostdeutsche Post, die uns so eben zu Ge¬ sicht kommt, läßt sich aus Prag schreiben: "Wir legen den Gerüchten keinen Glauben bei, welche hier sehr große Besorgnisse erregten (el! bei wem'!), daß Minister Bach durch Baron Andriani ersetzt werden solle." -- Welche Harmonie! Es ist die Dreiheit in der Einheit!! Aus Prag in die Union, aus Prag in die Grenzboten, aus Prag in die Post!! Ueberall Derselbe und Dasselbe! Der Prager Politiker schreibt hierauf: „ Die Ncichstagsrcchte hat ihre persönlichen Der Prager Diplomat schreibt ferner:'„die Angriffe gegen Bach glauben wir zu¬ Der Präger Diplomat wird ein Schwärmer. Ein Ministcrprogramm wird in unse¬ „Wir schöpfen aus bester Quelle die beruhigende Ueberzeugung, daß die Sage vom *) Sonderbar! Der Prager Politiker deutet bei einer Cabinclsucrä'ttderung höhnisch ans
den Verfasser von Oestreich und seine Zukunft; die Ostdeutsche Post, die uns so eben zu Ge¬ sicht kommt, läßt sich aus Prag schreiben: „Wir legen den Gerüchten keinen Glauben bei, welche hier sehr große Besorgnisse erregten (el! bei wem'!), daß Minister Bach durch Baron Andriani ersetzt werden solle." — Welche Harmonie! Es ist die Dreiheit in der Einheit!! Aus Prag in die Union, aus Prag in die Grenzboten, aus Prag in die Post!! Ueberall Derselbe und Dasselbe! <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0527" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280075"/> <p xml:id="ID_1815"> Der Prager Politiker schreibt hierauf: „ Die Ncichstagsrcchte hat ihre persönlichen<lb/> Interessen den großen Fragen zu opfern verstanden." — Dunkel zwar, doch nicht wun¬<lb/> derbar. Daß die Ncichstagsrcchte im October aus Wien entfloh, kann nicht als Opfer<lb/> persönlicher Interessen verstanden werden; daß sie den Inflisieationcn im Stadtgraben<lb/> nicht Einhalt that, war auch kein Opfer persönlicher Interessen. Was sonst darunter<lb/> genannt ist, dünkt uns um so unerklärbarer, da die NcichStagSrechte weder Aemter<lb/> noch Würden zum Opfer zu bringen hatte, und mancher derselben sie erst zu erlangen<lb/> sich bemühte. Wir nennen nnr Einen, eine Koryphäe der NcichstagSrcchten: Jelen.<lb/> Dieser, durch die niedrigste Partciagitation zum Deputaten erwählte Mann wurde<lb/> durch die Protection der NcichstagSrechtcn Ordner des Hauses; in Kremsier, wo man<lb/> ihm den gemeinsten Schmutz sogar ans den Tribünen vorwarf, befleißigte er sich des<lb/> Spionirens, und als Lohn seiner Pvlizeithatcn wurde er NeichStagsarchivar. — Wir<lb/> wollen diesem gegenüber in Anerkennung des Neichstagspräfidentcn Strobach erwähnen,<lb/> der, obwohl er von Buch zum AppcllationSrath ernannt wurde, dennoch seiner Ueberzeu¬<lb/> gung gemäß gegen ihn und gegen das Ministerium stimmte, und dafür jetzt unbeachtet vielleicht<lb/> in einem Winkel Böhmens kcmzcllircn wird. — Die NeichStagsrcchte hat die großen<lb/> Fragen nicht verstanden, und alle Opfer, die sie etwa brachte, waren in ihrem kleinen<lb/> speziell czcchischcn Interesse!</p><lb/> <p xml:id="ID_1816"> Der Prager Diplomat schreibt ferner:'„die Angriffe gegen Bach glauben wir zu¬<lb/> rückweisen zu sollen." — Das Sollen bestreiten wir nicht, aber das Können. „Wir<lb/> halten uns an Sache und Recht," ruft Bachs Anbeter, „wir halten uns an Bachs<lb/> Programm. Dieses Programm ist ein Phänomen für Oestreich und die Zeit wird<lb/> kommen, wo es leuchten wird und erwärmen zugleich."</p><lb/> <p xml:id="ID_1817"> Der Präger Diplomat wird ein Schwärmer. Ein Ministcrprogramm wird in unse¬<lb/> ren enttäuschten Tagen für kein Phänomen mehr gehalten, es leuchtet und erwärmt<lb/> nicht, denn es ist eine Sternschnuppe. Wenn der Anbeter keinen bessern Halt hat<lb/> als Bach's Programm, so muß er sich erst leicht- und blindgläubige Seelen suchen,<lb/> die mit ihm Chorus machen vor Bach's Statue.</p><lb/> <p xml:id="ID_1818"> „Wir schöpfen aus bester Quelle die beruhigende Ueberzeugung, daß die Sage vom<lb/> Austritt Bach's aus dem Ministerium ein leeres Geschwätz sei." — Wir schöpfen nicht<lb/> aus bester Quelle, wie der Präger Politiker*); allein wir sind etwas näher dem Re¬<lb/> gierungssitze, und schöpfen aus guter Quelle. Die telegraphische Depesche der Koluschen<lb/> Zeitung, daß ein bedeutender Mcinnngszwicspalt zwischen Schwarzenberg und Bach<lb/> ausgebrochen sei und Letzterer vielleicht ausscheide, ist richtig; alle Journale der ab¬<lb/> laufenden Woche bestätigen dieses Gerücht. Allein wir ergänzen es damit, daß dieser<lb/> Meinungszwicspalt nicht von heute, sondern seit Lange datirt, und nnr die bare Un¬<lb/> möglichkeit einer Cabinetsanflosnng bei jetzigen Verhältnissen ein Vertuschen und Be¬<lb/> schwichtigen der Differenz veranlaßte. Viril»»» unitis muß das Ministerium die selbst-<lb/> gegebenc Verfassung brechen und verletzen; das ist das Band, das auch Bach im Ca-<lb/> btnethältü —</p><lb/> <note xml:id="FID_35" place="foot"> *) Sonderbar! Der Prager Politiker deutet bei einer Cabinclsucrä'ttderung höhnisch ans<lb/> den Verfasser von Oestreich und seine Zukunft; die Ostdeutsche Post, die uns so eben zu Ge¬<lb/> sicht kommt, läßt sich aus Prag schreiben: „Wir legen den Gerüchten keinen Glauben bei,<lb/> welche hier sehr große Besorgnisse erregten (el! bei wem'!), daß Minister Bach durch Baron<lb/> Andriani ersetzt werden solle." — Welche Harmonie! Es ist die Dreiheit in der Einheit!!<lb/> Aus Prag in die Union, aus Prag in die Grenzboten, aus Prag in die Post!! Ueberall<lb/> Derselbe und Dasselbe!</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0527]
Der Prager Politiker schreibt hierauf: „ Die Ncichstagsrcchte hat ihre persönlichen
Interessen den großen Fragen zu opfern verstanden." — Dunkel zwar, doch nicht wun¬
derbar. Daß die Ncichstagsrcchte im October aus Wien entfloh, kann nicht als Opfer
persönlicher Interessen verstanden werden; daß sie den Inflisieationcn im Stadtgraben
nicht Einhalt that, war auch kein Opfer persönlicher Interessen. Was sonst darunter
genannt ist, dünkt uns um so unerklärbarer, da die NcichStagSrechte weder Aemter
noch Würden zum Opfer zu bringen hatte, und mancher derselben sie erst zu erlangen
sich bemühte. Wir nennen nnr Einen, eine Koryphäe der NcichstagSrcchten: Jelen.
Dieser, durch die niedrigste Partciagitation zum Deputaten erwählte Mann wurde
durch die Protection der NcichstagSrechtcn Ordner des Hauses; in Kremsier, wo man
ihm den gemeinsten Schmutz sogar ans den Tribünen vorwarf, befleißigte er sich des
Spionirens, und als Lohn seiner Pvlizeithatcn wurde er NeichStagsarchivar. — Wir
wollen diesem gegenüber in Anerkennung des Neichstagspräfidentcn Strobach erwähnen,
der, obwohl er von Buch zum AppcllationSrath ernannt wurde, dennoch seiner Ueberzeu¬
gung gemäß gegen ihn und gegen das Ministerium stimmte, und dafür jetzt unbeachtet vielleicht
in einem Winkel Böhmens kcmzcllircn wird. — Die NeichStagsrcchte hat die großen
Fragen nicht verstanden, und alle Opfer, die sie etwa brachte, waren in ihrem kleinen
speziell czcchischcn Interesse!
Der Prager Diplomat schreibt ferner:'„die Angriffe gegen Bach glauben wir zu¬
rückweisen zu sollen." — Das Sollen bestreiten wir nicht, aber das Können. „Wir
halten uns an Sache und Recht," ruft Bachs Anbeter, „wir halten uns an Bachs
Programm. Dieses Programm ist ein Phänomen für Oestreich und die Zeit wird
kommen, wo es leuchten wird und erwärmen zugleich."
Der Präger Diplomat wird ein Schwärmer. Ein Ministcrprogramm wird in unse¬
ren enttäuschten Tagen für kein Phänomen mehr gehalten, es leuchtet und erwärmt
nicht, denn es ist eine Sternschnuppe. Wenn der Anbeter keinen bessern Halt hat
als Bach's Programm, so muß er sich erst leicht- und blindgläubige Seelen suchen,
die mit ihm Chorus machen vor Bach's Statue.
„Wir schöpfen aus bester Quelle die beruhigende Ueberzeugung, daß die Sage vom
Austritt Bach's aus dem Ministerium ein leeres Geschwätz sei." — Wir schöpfen nicht
aus bester Quelle, wie der Präger Politiker*); allein wir sind etwas näher dem Re¬
gierungssitze, und schöpfen aus guter Quelle. Die telegraphische Depesche der Koluschen
Zeitung, daß ein bedeutender Mcinnngszwicspalt zwischen Schwarzenberg und Bach
ausgebrochen sei und Letzterer vielleicht ausscheide, ist richtig; alle Journale der ab¬
laufenden Woche bestätigen dieses Gerücht. Allein wir ergänzen es damit, daß dieser
Meinungszwicspalt nicht von heute, sondern seit Lange datirt, und nnr die bare Un¬
möglichkeit einer Cabinetsanflosnng bei jetzigen Verhältnissen ein Vertuschen und Be¬
schwichtigen der Differenz veranlaßte. Viril»»» unitis muß das Ministerium die selbst-
gegebenc Verfassung brechen und verletzen; das ist das Band, das auch Bach im Ca-
btnethältü —
*) Sonderbar! Der Prager Politiker deutet bei einer Cabinclsucrä'ttderung höhnisch ans
den Verfasser von Oestreich und seine Zukunft; die Ostdeutsche Post, die uns so eben zu Ge¬
sicht kommt, läßt sich aus Prag schreiben: „Wir legen den Gerüchten keinen Glauben bei,
welche hier sehr große Besorgnisse erregten (el! bei wem'!), daß Minister Bach durch Baron
Andriani ersetzt werden solle." — Welche Harmonie! Es ist die Dreiheit in der Einheit!!
Aus Prag in die Union, aus Prag in die Grenzboten, aus Prag in die Post!! Ueberall
Derselbe und Dasselbe!
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