Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.so daß die Minister sich genöthigt sahen, eventuell ihre Entlassung anzubieten. Auf diesen Vorfall reduziren sich die umlaufenden Gerüchte von einem bevor¬ Mit diesen Tendenzen geht in Oestreich die Vorzimmer- und die Cotillons- Grünne's Vater stand bei weiland Erzherzog Karl in ähnlicher Function, er Graf Grünne trat früher in Dienst bei Erzherzog Stephan und hatte in so daß die Minister sich genöthigt sahen, eventuell ihre Entlassung anzubieten. Auf diesen Vorfall reduziren sich die umlaufenden Gerüchte von einem bevor¬ Mit diesen Tendenzen geht in Oestreich die Vorzimmer- und die Cotillons- Grünne's Vater stand bei weiland Erzherzog Karl in ähnlicher Function, er Graf Grünne trat früher in Dienst bei Erzherzog Stephan und hatte in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0523" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280071"/> <p xml:id="ID_1800" prev="#ID_1799"> so daß die Minister sich genöthigt sahen, eventuell ihre Entlassung anzubieten.<lb/> Nur so gelang es, die Hofpartei aus dem Felde zu schlagen, welche in ihrer Hof-<lb/> damcnalbernhcit wohl ungeschickt zu intriguiren, niemals aber ein Ministerium zu<lb/> gebären vermag, höchstens einen todtgeborneu Abortus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1801"> Auf diesen Vorfall reduziren sich die umlaufenden Gerüchte von einem bevor¬<lb/> stehenden Ministerwechsel, welcher uns nur das Vorzimmerministerium Grünne<lb/> hätte bringen können, komischer, unmöglicher als ein Ministerium Clairmont Tonni-r<lb/> bourbonschen Andenkens. — Von den Umtrieben des malkontenten Adels, von<lb/> den Uebergriffen und Anmaßungen der Generalität in Oestreich macht sich Europa<lb/> lange nicht den klaren richtigen Begriff. Die Herren Generäle halten sich, sich<lb/> allein, nicht die Mannschaft, die gekämpst hat, nicht die Russen, welche man zum<lb/> Gastspiele einlud, sür die angeblichen Retter der Monarchie, und möchten jetzt die<lb/> gerettete — ? — Monarchie nach S'oldatenrecht als Beute für sich behalten und<lb/> aussaugen. Sie gleichen schlecht dressirten Jagdhunde», die das Wild aufjagen,<lb/> erHaschen, apportiren, aber es blutgierig selber auffressen. — Solchen Leuten und<lb/> einem jungen Kaiser gegenüber, welcher, weil jung, an dem Soldatengeglitzer<lb/> Gefallen finden muß, hat allerdings das constitutionelle Princip und ein Ministe¬<lb/> rium!, sei es noch so verdünnt constitutionell, einen harten Stand ; es wird von<lb/> der Generalität selber verdächtigt und für schlecht kaiserlich erklärt, so bald es das<lb/> constitutionelle Princip, wenn auch nur p.-n- Iwimmirs und pro den-in-l erhalten,<lb/> wenn es nicht darein willigen will, dieses Princip mit Stumpf und Stiel auszu¬<lb/> rotten, während die Herren Generale, die ein Jahr hindurch nun ausgerottet, ge¬<lb/> sengt »ut gehängt, Ortschaften der Erde gleich gemacht, Christ und Jud torturirt<lb/> und gebrandschatzt haben, unbedingt für das Ausrollen stimmen, dabei aber ver¬<lb/> gessen , daß sie auf diesem Wege ihre eigene Brotkammer sich selbst untergraben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1802"> Mit diesen Tendenzen geht in Oestreich die Vorzimmer- und die Cotillons-<lb/> partei Hand in Hand, und heut macht eben diese dem Ministerium weit mehr zu<lb/> schassen als das Demokratenthnm, denn dieses ist vorläufig todt oder doch belagert.<lb/> Das Vorzimmerpersonal ist in aller Welt eigennützig und schlecht, die Abkunft<lb/> macht da keinen Unterschied, das liegt in der Livree, Bedienter bleibt Bedienter,<lb/> sei er noch so hoch geboren. Graf Grünne besonders stammt aus einer Bedienten¬<lb/> familie, deren wir mehrere zählen, welche die Dienstkämmerer, die Kammervorstände,<lb/> die Ajos der Kinderstuben seit Jahren zu Hofe liefern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1803"> Grünne's Vater stand bei weiland Erzherzog Karl in ähnlicher Function, er<lb/> selber hat als Jüngling mit der Wiener Fiackerschast intime Kameradschaft gehalten,<lb/> gar häufig sahen wir ihn am Stephansplatze- mit den Fiackerburschen in freund¬<lb/> schaftlichster Conversation, selbst später, zu Amt und Würden gelangt, kultivirte<lb/> Gras Grünne den Umgang mit diesen Jugendgespielen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1804" next="#ID_1805"> Graf Grünne trat früher in Dienst bei Erzherzog Stephan und hatte in<lb/> Prag Haushalt, Stall und Küche in Ordnung zu halten, die böse Welt erzählt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0523]
so daß die Minister sich genöthigt sahen, eventuell ihre Entlassung anzubieten.
Nur so gelang es, die Hofpartei aus dem Felde zu schlagen, welche in ihrer Hof-
damcnalbernhcit wohl ungeschickt zu intriguiren, niemals aber ein Ministerium zu
gebären vermag, höchstens einen todtgeborneu Abortus.
Auf diesen Vorfall reduziren sich die umlaufenden Gerüchte von einem bevor¬
stehenden Ministerwechsel, welcher uns nur das Vorzimmerministerium Grünne
hätte bringen können, komischer, unmöglicher als ein Ministerium Clairmont Tonni-r
bourbonschen Andenkens. — Von den Umtrieben des malkontenten Adels, von
den Uebergriffen und Anmaßungen der Generalität in Oestreich macht sich Europa
lange nicht den klaren richtigen Begriff. Die Herren Generäle halten sich, sich
allein, nicht die Mannschaft, die gekämpst hat, nicht die Russen, welche man zum
Gastspiele einlud, sür die angeblichen Retter der Monarchie, und möchten jetzt die
gerettete — ? — Monarchie nach S'oldatenrecht als Beute für sich behalten und
aussaugen. Sie gleichen schlecht dressirten Jagdhunde», die das Wild aufjagen,
erHaschen, apportiren, aber es blutgierig selber auffressen. — Solchen Leuten und
einem jungen Kaiser gegenüber, welcher, weil jung, an dem Soldatengeglitzer
Gefallen finden muß, hat allerdings das constitutionelle Princip und ein Ministe¬
rium!, sei es noch so verdünnt constitutionell, einen harten Stand ; es wird von
der Generalität selber verdächtigt und für schlecht kaiserlich erklärt, so bald es das
constitutionelle Princip, wenn auch nur p.-n- Iwimmirs und pro den-in-l erhalten,
wenn es nicht darein willigen will, dieses Princip mit Stumpf und Stiel auszu¬
rotten, während die Herren Generale, die ein Jahr hindurch nun ausgerottet, ge¬
sengt »ut gehängt, Ortschaften der Erde gleich gemacht, Christ und Jud torturirt
und gebrandschatzt haben, unbedingt für das Ausrollen stimmen, dabei aber ver¬
gessen , daß sie auf diesem Wege ihre eigene Brotkammer sich selbst untergraben.
Mit diesen Tendenzen geht in Oestreich die Vorzimmer- und die Cotillons-
partei Hand in Hand, und heut macht eben diese dem Ministerium weit mehr zu
schassen als das Demokratenthnm, denn dieses ist vorläufig todt oder doch belagert.
Das Vorzimmerpersonal ist in aller Welt eigennützig und schlecht, die Abkunft
macht da keinen Unterschied, das liegt in der Livree, Bedienter bleibt Bedienter,
sei er noch so hoch geboren. Graf Grünne besonders stammt aus einer Bedienten¬
familie, deren wir mehrere zählen, welche die Dienstkämmerer, die Kammervorstände,
die Ajos der Kinderstuben seit Jahren zu Hofe liefern.
Grünne's Vater stand bei weiland Erzherzog Karl in ähnlicher Function, er
selber hat als Jüngling mit der Wiener Fiackerschast intime Kameradschaft gehalten,
gar häufig sahen wir ihn am Stephansplatze- mit den Fiackerburschen in freund¬
schaftlichster Conversation, selbst später, zu Amt und Würden gelangt, kultivirte
Gras Grünne den Umgang mit diesen Jugendgespielen.
Graf Grünne trat früher in Dienst bei Erzherzog Stephan und hatte in
Prag Haushalt, Stall und Küche in Ordnung zu halten, die böse Welt erzählt
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