Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.durchaus in abstracten und allgemeinen Phantasien sich erging. Die neu entstan¬ Wer vor der Revolution Franken gelaunt hatte, mußte sich wundern, daß Als sich während des Winters die Einigungssrage ihrer concreten Losung Es waren hauptsächlich fränkische Deputirte von der Linken, die am 9. Fe¬ Wie die Deputirten von der Linken dachten anch die von der Rechten, mit durchaus in abstracten und allgemeinen Phantasien sich erging. Die neu entstan¬ Wer vor der Revolution Franken gelaunt hatte, mußte sich wundern, daß Als sich während des Winters die Einigungssrage ihrer concreten Losung Es waren hauptsächlich fränkische Deputirte von der Linken, die am 9. Fe¬ Wie die Deputirten von der Linken dachten anch die von der Rechten, mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279923"/> <p xml:id="ID_1339" prev="#ID_1338"> durchaus in abstracten und allgemeinen Phantasien sich erging. Die neu entstan¬<lb/> denen politischen Parteien, Konservative und Radikale, oder Constitntionclle und<lb/> Demokraten schwärmten für die Einheit Deutschlands auf gleiche Weise, und<lb/> unterschieden sich nur darin von einander, daß die einen ihre Angen fortwährend<lb/> mit Befriedigung und Hoffnung zugleich nach Frankfurt und München richteten,<lb/> während die anderen weder von dem einen noch von dem andern etwas wissen<lb/> wollten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1340"> Wer vor der Revolution Franken gelaunt hatte, mußte sich wundern, daß<lb/> weder theoretische noch praktische, eigentlich antibairische Bestrebungen zum Vor¬<lb/> schein kamen. Und doch war seit der Revolution von München aus, außer schönen<lb/> Versprechungen, nichts für die Provinz geschehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1341"> Als sich während des Winters die Einigungssrage ihrer concreten Losung<lb/> nahte, zeigte es sich auch in Franken gar bald, was jene Einheitsschwärmcrei zu<lb/> besagen hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1342"> Es waren hauptsächlich fränkische Deputirte von der Linken, die am 9. Fe¬<lb/> bruar d. I. in der zweiten bairischen Kammer erklärte», daß sie kein preußisches<lb/> Kaiserthum, kein Aufgehen in Preußen wollten, daß sie mit Oestreich das ganze<lb/> vereinigte Deutschland verlangten .'c., kurz die ganze bekannte Saalbaderei der so¬<lb/> genannten Großdeutschen. Dieselben fränkischen Deputirten forderten denn freilich<lb/> in demselben Athem, in welchem sie dem Parlament Vorschriften gemacht, even¬<lb/> tuell den Gehorsam gekündigt hatten, von der bairischen Negierung die unbedingte<lb/> Anerkennung und schleunige Publikation der Grundrechte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1343" next="#ID_1344"> Wie die Deputirten von der Linken dachten anch die von der Rechten, mit<lb/> dem einzigen Unterschiede, daß sie nicht blos kein preußisches Kaiserthum, sondern<lb/> auch die Grundrechte uicht wollten, weil der Negierung beides gleich verhaßt war.<lb/> In Franken selbst theilte man im ersten Punkte die Ansicht der Deputirten, nur<lb/> war die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung nach und nach wieder auf die<lb/> Seite der Opposition getreten. Der schwarzrotgoldene Nebel war wenigstens so<lb/> weit verflogen, daß man das Fortbestehu der ganzen alten heillosen Wirthschaft<lb/> deutlich durchsah, daher klammerte man sich an die Grundrechte, weil mau mit<lb/> ihnen dem Münchner Ministerium! Verlegenheiten bereiten konnte. In diesem<lb/> Sinne entstanden eine stattliche Anzahl von Adressen, welche aus fast allen Städten<lb/> — selbst das reaktionäre Aschaffenburg schloß sich uicht aus — uach München be¬<lb/> fördert wurden. Die loyalen Gcgcnadressen geriethen meist so dürftig, daß sie<lb/> von ihren Unternehmern fast ohne Ausnahme wieder zurückgezogen wurden. Nur<lb/> darin war man in Franken und München einverstanden: um keinen Preis ein<lb/> preußisches Kaiserthum, und während sich anderwärts Constitutiouelle und Demo-<lb/> kraten an diesem Schiboleth trennten, konnte man hier in beiden Lagern die Ab¬<lb/> neigung dagegen gleich stark antreffen. Eine ehrenvolle Ausnahme bildete eine<lb/> numerisch sehr kleine Frccktiou, die in deu constitutionellen Vereinen zu Nürnberg</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0375]
durchaus in abstracten und allgemeinen Phantasien sich erging. Die neu entstan¬
denen politischen Parteien, Konservative und Radikale, oder Constitntionclle und
Demokraten schwärmten für die Einheit Deutschlands auf gleiche Weise, und
unterschieden sich nur darin von einander, daß die einen ihre Angen fortwährend
mit Befriedigung und Hoffnung zugleich nach Frankfurt und München richteten,
während die anderen weder von dem einen noch von dem andern etwas wissen
wollten.
Wer vor der Revolution Franken gelaunt hatte, mußte sich wundern, daß
weder theoretische noch praktische, eigentlich antibairische Bestrebungen zum Vor¬
schein kamen. Und doch war seit der Revolution von München aus, außer schönen
Versprechungen, nichts für die Provinz geschehen.
Als sich während des Winters die Einigungssrage ihrer concreten Losung
nahte, zeigte es sich auch in Franken gar bald, was jene Einheitsschwärmcrei zu
besagen hatte.
Es waren hauptsächlich fränkische Deputirte von der Linken, die am 9. Fe¬
bruar d. I. in der zweiten bairischen Kammer erklärte», daß sie kein preußisches
Kaiserthum, kein Aufgehen in Preußen wollten, daß sie mit Oestreich das ganze
vereinigte Deutschland verlangten .'c., kurz die ganze bekannte Saalbaderei der so¬
genannten Großdeutschen. Dieselben fränkischen Deputirten forderten denn freilich
in demselben Athem, in welchem sie dem Parlament Vorschriften gemacht, even¬
tuell den Gehorsam gekündigt hatten, von der bairischen Negierung die unbedingte
Anerkennung und schleunige Publikation der Grundrechte.
Wie die Deputirten von der Linken dachten anch die von der Rechten, mit
dem einzigen Unterschiede, daß sie nicht blos kein preußisches Kaiserthum, sondern
auch die Grundrechte uicht wollten, weil der Negierung beides gleich verhaßt war.
In Franken selbst theilte man im ersten Punkte die Ansicht der Deputirten, nur
war die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung nach und nach wieder auf die
Seite der Opposition getreten. Der schwarzrotgoldene Nebel war wenigstens so
weit verflogen, daß man das Fortbestehu der ganzen alten heillosen Wirthschaft
deutlich durchsah, daher klammerte man sich an die Grundrechte, weil mau mit
ihnen dem Münchner Ministerium! Verlegenheiten bereiten konnte. In diesem
Sinne entstanden eine stattliche Anzahl von Adressen, welche aus fast allen Städten
— selbst das reaktionäre Aschaffenburg schloß sich uicht aus — uach München be¬
fördert wurden. Die loyalen Gcgcnadressen geriethen meist so dürftig, daß sie
von ihren Unternehmern fast ohne Ausnahme wieder zurückgezogen wurden. Nur
darin war man in Franken und München einverstanden: um keinen Preis ein
preußisches Kaiserthum, und während sich anderwärts Constitutiouelle und Demo-
kraten an diesem Schiboleth trennten, konnte man hier in beiden Lagern die Ab¬
neigung dagegen gleich stark antreffen. Eine ehrenvolle Ausnahme bildete eine
numerisch sehr kleine Frccktiou, die in deu constitutionellen Vereinen zu Nürnberg
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