Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.von seinem weißblauen Herrgott einstmals besonders begnadigt wurde, daher wir Diese Hebel des bairischen politischen Lebens fallen also für die Gegenden Wer vor den Märztagen die Stimmung in Franken gegen die Münch"^ von seinem weißblauen Herrgott einstmals besonders begnadigt wurde, daher wir Diese Hebel des bairischen politischen Lebens fallen also für die Gegenden Wer vor den Märztagen die Stimmung in Franken gegen die Münch"^ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0373" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279921"/> <p xml:id="ID_1333" prev="#ID_1332"> von seinem weißblauen Herrgott einstmals besonders begnadigt wurde, daher wir<lb/> andern deun auch mitunter vor Erstaunen die Hände über den Kopf zusammen¬<lb/> schlagen. — In bairisch Franken gilt allerdings keiner der altbairischen Heiligen,<lb/> die ich eben erwähnt habe. Die Dynastie? König Max, der Großvater des ge¬<lb/> genwärtigen Regenten, steht in Stadt und Land am Main so gut, wie an der<lb/> Jsar, als ein lieber menschenfreundlicher Herr mit heiterem Gesichte und hellen<lb/> lustigen Augen noch im besten Andenken, sein Sohn in um so schlechterem, wäh¬<lb/> rend die Altbaiern doch immer eine gewisse Pietät nicht für seine Person als solche,<lb/> sondern als Nachfolger der alten Kurfürsten bewahrt haben. Was vor der Re¬<lb/> gierung des guten Max liegt, das war in Franken die Zeit der prachtliebenden<lb/> Markgrafen, oder der milden und freigebigen Bischöfe, der würdevollen Bürger¬<lb/> meister mit ihren goldenen kaiserlichen Gnadenketten und der bald gestrengen bald<lb/> burschikosen Neichsritter. Da ist also von dynastischen Erinnerungen keine Rede,<lb/> hier gibt es kein angestammtes Fürstenhaus, an dessen Namen und ererbte Cha¬<lb/> rakterzüge sich das Volk im Laufe der Jahrhunderte gewöhnt hat. — Ein selbst¬<lb/> ständiges fränkisches Pfaffeuthum als politische Macht ist ebenfalls nicht vorhanden.<lb/> Ein Land wie Franken, dessen Bewohner zu einer Hälfte dem Katholizismus tre»<lb/> geblieben sind, deren andere Hälfte an der Reformation und den verschiedenartig¬<lb/> sten Gestaltungen des Protestantismus Theil genommen hat, kann kein com-<lb/> pactes klerikalisch-politisches Bewußtsein, weder unter der Geistlichkeit, noch<lb/> unter dem Volke erzeuge». Endlich fällt auch noch das Gefühl einer einst¬<lb/> maligen oder gegenwärtigen politischen Selbständigkeit und Abgeschlossenheit hin¬<lb/> weg, weil eben Franken früher in unzählige Territorien gespalten war und gegen¬<lb/> wärtig eine bloße Provinz eines ihm in vielen Beziehungen total fremden Staa¬<lb/> tes ist. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1334"> Diese Hebel des bairischen politischen Lebens fallen also für die Gegenden<lb/> am Main und der Ncgnitz weg, es fragt sich nnr, ob sie nicht durch andere er¬<lb/> setzt werden. Die Antwort wird am besten durch einen kurzen Ueberblick der Be¬<lb/> wegungen in dieser Landschaft seit den Märztagen 1848 bis zu diesem Augen¬<lb/> blick gegeben.'</p><lb/> <p xml:id="ID_1335" next="#ID_1336"> Wer vor den Märztagen die Stimmung in Franken gegen die Münch"^<lb/> Negierung beobachtete, konnte sich leicht überzeugen, daß sie eigentlich gar keine<lb/> Partei im ganzen Laude für sich hatte. Das sogenannte liberale Ministerium<lb/> Maurer sammt seiner spanischen Schutzgörti» wurde in Nürnberg, Bamberg und<lb/> Würzburg bei den Altliberalen der dreißiger Jahre so gut wie in den pietistischen<lb/> Kreisen der Universität Erlangen oder den Ultramontanen in Aschaffenburg, Eich-<lb/> städt und Würzburg nie ohne Hohn erwähnt. Die mittleren Stände fanden sich<lb/> noch eben so unbehaglich wie unter Abel und Wallerstein, und der Landbevölkerung<lb/> war keine der schweren Cvmmuuallasteu abgenommen worden, die man seit dem<lb/> Regierungsantritt des Königs Ludwig systematisch von der Staatscasse weg</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0373]
von seinem weißblauen Herrgott einstmals besonders begnadigt wurde, daher wir
andern deun auch mitunter vor Erstaunen die Hände über den Kopf zusammen¬
schlagen. — In bairisch Franken gilt allerdings keiner der altbairischen Heiligen,
die ich eben erwähnt habe. Die Dynastie? König Max, der Großvater des ge¬
genwärtigen Regenten, steht in Stadt und Land am Main so gut, wie an der
Jsar, als ein lieber menschenfreundlicher Herr mit heiterem Gesichte und hellen
lustigen Augen noch im besten Andenken, sein Sohn in um so schlechterem, wäh¬
rend die Altbaiern doch immer eine gewisse Pietät nicht für seine Person als solche,
sondern als Nachfolger der alten Kurfürsten bewahrt haben. Was vor der Re¬
gierung des guten Max liegt, das war in Franken die Zeit der prachtliebenden
Markgrafen, oder der milden und freigebigen Bischöfe, der würdevollen Bürger¬
meister mit ihren goldenen kaiserlichen Gnadenketten und der bald gestrengen bald
burschikosen Neichsritter. Da ist also von dynastischen Erinnerungen keine Rede,
hier gibt es kein angestammtes Fürstenhaus, an dessen Namen und ererbte Cha¬
rakterzüge sich das Volk im Laufe der Jahrhunderte gewöhnt hat. — Ein selbst¬
ständiges fränkisches Pfaffeuthum als politische Macht ist ebenfalls nicht vorhanden.
Ein Land wie Franken, dessen Bewohner zu einer Hälfte dem Katholizismus tre»
geblieben sind, deren andere Hälfte an der Reformation und den verschiedenartig¬
sten Gestaltungen des Protestantismus Theil genommen hat, kann kein com-
pactes klerikalisch-politisches Bewußtsein, weder unter der Geistlichkeit, noch
unter dem Volke erzeuge». Endlich fällt auch noch das Gefühl einer einst¬
maligen oder gegenwärtigen politischen Selbständigkeit und Abgeschlossenheit hin¬
weg, weil eben Franken früher in unzählige Territorien gespalten war und gegen¬
wärtig eine bloße Provinz eines ihm in vielen Beziehungen total fremden Staa¬
tes ist. —
Diese Hebel des bairischen politischen Lebens fallen also für die Gegenden
am Main und der Ncgnitz weg, es fragt sich nnr, ob sie nicht durch andere er¬
setzt werden. Die Antwort wird am besten durch einen kurzen Ueberblick der Be¬
wegungen in dieser Landschaft seit den Märztagen 1848 bis zu diesem Augen¬
blick gegeben.'
Wer vor den Märztagen die Stimmung in Franken gegen die Münch"^
Negierung beobachtete, konnte sich leicht überzeugen, daß sie eigentlich gar keine
Partei im ganzen Laude für sich hatte. Das sogenannte liberale Ministerium
Maurer sammt seiner spanischen Schutzgörti» wurde in Nürnberg, Bamberg und
Würzburg bei den Altliberalen der dreißiger Jahre so gut wie in den pietistischen
Kreisen der Universität Erlangen oder den Ultramontanen in Aschaffenburg, Eich-
städt und Würzburg nie ohne Hohn erwähnt. Die mittleren Stände fanden sich
noch eben so unbehaglich wie unter Abel und Wallerstein, und der Landbevölkerung
war keine der schweren Cvmmuuallasteu abgenommen worden, die man seit dem
Regierungsantritt des Königs Ludwig systematisch von der Staatscasse weg
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