Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Die Vermählungsfcicrlichkeiten begannen am 2. November, an welchem Tage die Einige hundert Bauern ans den umliegenden Reutern hatten sich freiwillig einge¬ Deutsche Zeitungen. Wir beginnen die Reihe mit der "Prager Zeitung." Ihr offizieller Teint, Grenzboten. to. 1840. 45
Die Vermählungsfcicrlichkeiten begannen am 2. November, an welchem Tage die Einige hundert Bauern ans den umliegenden Reutern hatten sich freiwillig einge¬ Deutsche Zeitungen. Wir beginnen die Reihe mit der „Prager Zeitung." Ihr offizieller Teint, Grenzboten. to. 1840. 45
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0356" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279904"/> <p xml:id="ID_1276"> Die Vermählungsfcicrlichkeiten begannen am 2. November, an welchem Tage die<lb/> junge Großherzogin, die bis jetzt durch Anspruchslosigkeit und Weiblichkeit sehr gefallen<lb/> hat, — ein schönes seelenvolles Auge nimmt sogleich für sie ein — die mecklenbur¬<lb/> gische Grenze zuerst überschritt. Das Städtchen Grabow, welches sie gleich in der<lb/> ersten Stunde berühren mußte, war auf das Festlichste geschmückt und die Bürgerschaft<lb/> desselben wetteiferte ihre Freude zu zeigen. Man wußte, daß der Braut das Herz<lb/> des Großherzogs in treuer Liebe seit seiner Kindheit zugethan war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1277"> Einige hundert Bauern ans den umliegenden Reutern hatten sich freiwillig einge¬<lb/> stellt, ihrer künftigen Fürstin als berittene Eskorte zu dienen. In Ludwigslust, wo<lb/> am 5j. November die Trauung stattfand, wechselten Fackelzüge aus verschiedenen<lb/> Städten, Illumination des Ortes, Beglückwünschnngcn durch Deputationen, unaufhör¬<lb/> lich mit einander ab. lieber ^Mi Gäste waren eines Tages an der Hostafel anwesend.<lb/> Noch größer aber war der Jubel beim feierlichen Einzug des fürstlichen Paares in der<lb/> Residenz Schwerin. An !w Städte hatten Deputationen gesandt, mehrere hundert<lb/> Bauern, Pächter, Förster, alle waren festlich geputzt, bildeten ans ihren gute» mecklen¬<lb/> burgische» Rossen die Ehreneskorte, der sich eine große Zahl angesehener Bürger ans<lb/> Schwerin selbst angeschlossen hatte; alle Handwerkerinnungen, alle Gesellen der Ge¬<lb/> werbe mit ihren Handwcrkszcichcn machten das Spalier, dazu die Schulkinder in meck¬<lb/> lenburgischer und reußischcr Landestracht. Die ganze Stadt war mit Blumen, Kränzen,<lb/> grünen Bäumen, wehenden Fahnen, Ehrenpforten geschmückt, selbst die Armuth hatte<lb/> ihre niedere Hütte so gut als möglich zu verzieren gesucht. Der großhcrzogliche Wa¬<lb/> gen ward überall mit betäubendem Jubelruf von dem wogenden Volk empfangen und man<lb/> hörte es diesem Ruf wohl an, daß er ans dem Herzen kam. Am Abend natürlich wieder<lb/> glänzende Illumination. Mehrere Tansparente wie: „Dem Geber der Verfassung",<lb/> „Dem Fürsten, der sein Wort gehalten", „Ein Wort ein Mann", „Dem Volksfreund",<lb/> sowie die Erleuchtung des neuen Staatsgrundgesetzcs selbst bewiesen, daß das Fest auch<lb/> eine politische Bedeutung hatte. Ein Schlossermcister, der neben dem Palais wohnt,<lb/> hatte die Worte illuminirt: „Meinem braven Nachbar." — Wir aber wünsche» Glück<lb/> dem Leben des guten Nachbars und eine gute Zukunft seinem Lande. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Deutsche Zeitungen.<lb/></head><lb/> <p xml:id="ID_1278" next="#ID_1279"> Wir beginnen die Reihe mit der „Prager Zeitung." Ihr offizieller Teint,<lb/> ^re lächelnde Intrigue und schwarzgelbe Höflichkeit wird Ihnen alsogleich hehre Lust<lb/> Ottern lassen und den gehörigen Respekt einflößen. Sie ist von hochadcligcr Geburt,<lb/> das würdige Töchterlein der edeln „Wiener Zeitung" und die zärtliche Enkelin des<lb/> starken Ministeriums. Aber in diesem Augenblicke wandelt sie betrübt und spähend als<lb/> Zerlassene Waise unter der Sonne umher, trauernd um ihren Redakteur, der sie einem<lb/> Katheder geopfert, und ihr unschuldiges Dasein fristend dnrch ein proviforisches Be¬<lb/> decken ministerieller Delizien, wie sie ans der neuen Corresvondenzenküche der ehrwürdi¬<lb/> gen Hofkanzlei in die Provinzen verschickt werden. Herr .ü. it. Di-. Leopold Hafner,<lb/> ^dier von Artha ist der Sohn des ehemaligen Directors der juridischen Studien und<lb/> ^ k. Hofrathes gi. N., welcher gegenwärtig in stiller Zurückgezogenheit in Prag lebt,<lb/> ^eim Beginne der vorjährigen Revolution machte sich der junge Hafner im juridisch-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. to. 1840. 45</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0356]
Die Vermählungsfcicrlichkeiten begannen am 2. November, an welchem Tage die
junge Großherzogin, die bis jetzt durch Anspruchslosigkeit und Weiblichkeit sehr gefallen
hat, — ein schönes seelenvolles Auge nimmt sogleich für sie ein — die mecklenbur¬
gische Grenze zuerst überschritt. Das Städtchen Grabow, welches sie gleich in der
ersten Stunde berühren mußte, war auf das Festlichste geschmückt und die Bürgerschaft
desselben wetteiferte ihre Freude zu zeigen. Man wußte, daß der Braut das Herz
des Großherzogs in treuer Liebe seit seiner Kindheit zugethan war.
Einige hundert Bauern ans den umliegenden Reutern hatten sich freiwillig einge¬
stellt, ihrer künftigen Fürstin als berittene Eskorte zu dienen. In Ludwigslust, wo
am 5j. November die Trauung stattfand, wechselten Fackelzüge aus verschiedenen
Städten, Illumination des Ortes, Beglückwünschnngcn durch Deputationen, unaufhör¬
lich mit einander ab. lieber ^Mi Gäste waren eines Tages an der Hostafel anwesend.
Noch größer aber war der Jubel beim feierlichen Einzug des fürstlichen Paares in der
Residenz Schwerin. An !w Städte hatten Deputationen gesandt, mehrere hundert
Bauern, Pächter, Förster, alle waren festlich geputzt, bildeten ans ihren gute» mecklen¬
burgische» Rossen die Ehreneskorte, der sich eine große Zahl angesehener Bürger ans
Schwerin selbst angeschlossen hatte; alle Handwerkerinnungen, alle Gesellen der Ge¬
werbe mit ihren Handwcrkszcichcn machten das Spalier, dazu die Schulkinder in meck¬
lenburgischer und reußischcr Landestracht. Die ganze Stadt war mit Blumen, Kränzen,
grünen Bäumen, wehenden Fahnen, Ehrenpforten geschmückt, selbst die Armuth hatte
ihre niedere Hütte so gut als möglich zu verzieren gesucht. Der großhcrzogliche Wa¬
gen ward überall mit betäubendem Jubelruf von dem wogenden Volk empfangen und man
hörte es diesem Ruf wohl an, daß er ans dem Herzen kam. Am Abend natürlich wieder
glänzende Illumination. Mehrere Tansparente wie: „Dem Geber der Verfassung",
„Dem Fürsten, der sein Wort gehalten", „Ein Wort ein Mann", „Dem Volksfreund",
sowie die Erleuchtung des neuen Staatsgrundgesetzcs selbst bewiesen, daß das Fest auch
eine politische Bedeutung hatte. Ein Schlossermcister, der neben dem Palais wohnt,
hatte die Worte illuminirt: „Meinem braven Nachbar." — Wir aber wünsche» Glück
dem Leben des guten Nachbars und eine gute Zukunft seinem Lande. —
Deutsche Zeitungen.
Wir beginnen die Reihe mit der „Prager Zeitung." Ihr offizieller Teint,
^re lächelnde Intrigue und schwarzgelbe Höflichkeit wird Ihnen alsogleich hehre Lust
Ottern lassen und den gehörigen Respekt einflößen. Sie ist von hochadcligcr Geburt,
das würdige Töchterlein der edeln „Wiener Zeitung" und die zärtliche Enkelin des
starken Ministeriums. Aber in diesem Augenblicke wandelt sie betrübt und spähend als
Zerlassene Waise unter der Sonne umher, trauernd um ihren Redakteur, der sie einem
Katheder geopfert, und ihr unschuldiges Dasein fristend dnrch ein proviforisches Be¬
decken ministerieller Delizien, wie sie ans der neuen Corresvondenzenküche der ehrwürdi¬
gen Hofkanzlei in die Provinzen verschickt werden. Herr .ü. it. Di-. Leopold Hafner,
^dier von Artha ist der Sohn des ehemaligen Directors der juridischen Studien und
^ k. Hofrathes gi. N., welcher gegenwärtig in stiller Zurückgezogenheit in Prag lebt,
^eim Beginne der vorjährigen Revolution machte sich der junge Hafner im juridisch-
Grenzboten. to. 1840. 45
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