Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Noch ein Urtheil über den k. V. Staatsminister Alex. Bach.

Die Redactionsbemerkung zum Aufsätze in Ur. 46. veranlaßt uns, dem dort
gefällten Urtheile über Minister Bach unser Urtheil, nicht entgegenzustellen, son¬
dern hinzuzufügen; "es geht Etwas vor/' wird richtig bemerkt und das Urtheil
aus Prag hat'eine Absicht. , ^non¬

Wir werden dem Urtheile des Hrn. A. M. nicht in alle Motive folge, s
dern blos einige Cardinalpnnkte hervorheben.

Hr. A. M. knüpft an den Minister Bach alle Znkunftshvffnungen, vertraut
ihm noch immer, und versagt ihm noch heute nicht seine Achtung. Wenige
Zeilen nach diesem Vertrauensvotum heißt es: "mögen überspannte Moralisten
über Unlauterkett schreien, Moral ohne Klugheit wird im Staarslcben nie wircken
und schaffen."¬

Hiermit könnte man füglich das gesammte Urtheil über Bach abschließen. Nie
mand spricht dem befähigten Manne Talent, Eifer und Geschick ab; der Advocat
wurde nicht nur Minister, sondern der Volksmann wandelte sich in einen Günst¬
ling des Hofes um, und verträgt sich sogar mit den Herren Offizieren, die den
schwarzbefrackten Manu gewöhnlich ans der Spornseite stehen lassen. Daß Mün¬
ster Bach trotzdem diese Position nicht aufgibt, ist auch Klugheit, und Klugheit
entschuldigt im politischen Staatsleben, wie Hr. A. M. meint, auch Unlauterkeit.

Nach diesem Zugeständnisse über die moralische Seite Bachs kann es uur die
größte Letrübuiß erwecken, ihn dennoch als den Glanzstern des Ministeriums
Preisen zu hören; wenn er ausscheidet, "wird es vollkommen Nacht in Oestreich."
Hier drängt sich wohl die Frage auf, wie ein solcher Zustand möglich wurde, nach¬
dem der staatsklnge, talentvolle, geniale, schöpferische Bach seit 18 Monaten im
Ministerium sitzt?'

Wir wollen nicht zurückblicken in die Wesseuberg-Dvbblhofsche Periode, wir
wollen eiuen dichten Schleier ziehen über die damaligen Thaten und !Keder,
Kameradschaften und Versprechungen des jungen Justizministers. Es wäre em
gar zu Leichtes nach Art der Pariser P. durch Citationen die Widersprüche zw"et'en
Gestern und Heute nachzuweisen. Wir beschränken uns auf Bach's Wirksamkeit
im Ministerium Schwarzenberg.'"

Hr. A. M. macht Bach gleichsam zum Schützling der "Neichstagsrcchten,
ein Wort, das nicht genug bezeichnend ist für die östreichische constitnircnde Ver¬
sammlung; die NeichSlagsrechte war keine politische Partei, sondern eine nationale
und bestand fast nur aus Czechen. Diese Neichstagsrcchte soll, wie Hr. A. M.
angibt, im October 1848 das Schiff der Freiheit gerettet haben, indem ihre Ab¬
geordneten das von der Hvfpartei in Olmütz augezettelte Projekt (Manifest vom
1". October 1848) hintertrieben, den Reichstag zu vernichten.

Wir hier waren dem Olmützer Hofe näher als die Neichstagsrcchte, welche
w Vermummungen durch Wälder nach Prag floh, und mit Bestimmtheit können
wir behaupten, daß die Abgeordneten der Neichstagsrcchten an der Zurücknahme
des Manifestes vom 16. October den allergeringsten Antheil hatten; und mit eben
solcher Bestimmtheit erklären wir, daß die Reichstagsrechte sich wohl für den


Noch ein Urtheil über den k. V. Staatsminister Alex. Bach.

Die Redactionsbemerkung zum Aufsätze in Ur. 46. veranlaßt uns, dem dort
gefällten Urtheile über Minister Bach unser Urtheil, nicht entgegenzustellen, son¬
dern hinzuzufügen; „es geht Etwas vor/' wird richtig bemerkt und das Urtheil
aus Prag hat'eine Absicht. , ^non¬

Wir werden dem Urtheile des Hrn. A. M. nicht in alle Motive folge, s
dern blos einige Cardinalpnnkte hervorheben.

Hr. A. M. knüpft an den Minister Bach alle Znkunftshvffnungen, vertraut
ihm noch immer, und versagt ihm noch heute nicht seine Achtung. Wenige
Zeilen nach diesem Vertrauensvotum heißt es: „mögen überspannte Moralisten
über Unlauterkett schreien, Moral ohne Klugheit wird im Staarslcben nie wircken
und schaffen."¬

Hiermit könnte man füglich das gesammte Urtheil über Bach abschließen. Nie
mand spricht dem befähigten Manne Talent, Eifer und Geschick ab; der Advocat
wurde nicht nur Minister, sondern der Volksmann wandelte sich in einen Günst¬
ling des Hofes um, und verträgt sich sogar mit den Herren Offizieren, die den
schwarzbefrackten Manu gewöhnlich ans der Spornseite stehen lassen. Daß Mün¬
ster Bach trotzdem diese Position nicht aufgibt, ist auch Klugheit, und Klugheit
entschuldigt im politischen Staatsleben, wie Hr. A. M. meint, auch Unlauterkeit.

Nach diesem Zugeständnisse über die moralische Seite Bachs kann es uur die
größte Letrübuiß erwecken, ihn dennoch als den Glanzstern des Ministeriums
Preisen zu hören; wenn er ausscheidet, „wird es vollkommen Nacht in Oestreich."
Hier drängt sich wohl die Frage auf, wie ein solcher Zustand möglich wurde, nach¬
dem der staatsklnge, talentvolle, geniale, schöpferische Bach seit 18 Monaten im
Ministerium sitzt?'

Wir wollen nicht zurückblicken in die Wesseuberg-Dvbblhofsche Periode, wir
wollen eiuen dichten Schleier ziehen über die damaligen Thaten und !Keder,
Kameradschaften und Versprechungen des jungen Justizministers. Es wäre em
gar zu Leichtes nach Art der Pariser P. durch Citationen die Widersprüche zw„et'en
Gestern und Heute nachzuweisen. Wir beschränken uns auf Bach's Wirksamkeit
im Ministerium Schwarzenberg.'"

Hr. A. M. macht Bach gleichsam zum Schützling der „Neichstagsrcchten,
ein Wort, das nicht genug bezeichnend ist für die östreichische constitnircnde Ver¬
sammlung; die NeichSlagsrechte war keine politische Partei, sondern eine nationale
und bestand fast nur aus Czechen. Diese Neichstagsrcchte soll, wie Hr. A. M.
angibt, im October 1848 das Schiff der Freiheit gerettet haben, indem ihre Ab¬
geordneten das von der Hvfpartei in Olmütz augezettelte Projekt (Manifest vom
1«. October 1848) hintertrieben, den Reichstag zu vernichten.

Wir hier waren dem Olmützer Hofe näher als die Neichstagsrcchte, welche
w Vermummungen durch Wälder nach Prag floh, und mit Bestimmtheit können
wir behaupten, daß die Abgeordneten der Neichstagsrcchten an der Zurücknahme
des Manifestes vom 16. October den allergeringsten Antheil hatten; und mit eben
solcher Bestimmtheit erklären wir, daß die Reichstagsrechte sich wohl für den


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0344" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279892"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Noch ein Urtheil über den k. V. Staatsminister Alex. Bach.<lb/></head><lb/>
          <p xml:id="ID_1213"> Die Redactionsbemerkung zum Aufsätze in Ur. 46. veranlaßt uns, dem dort<lb/>
gefällten Urtheile über Minister Bach unser Urtheil, nicht entgegenzustellen, son¬<lb/>
dern hinzuzufügen; &#x201E;es geht Etwas vor/' wird richtig bemerkt und das Urtheil<lb/>
aus Prag hat'eine Absicht. , ^non¬</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1214"> Wir werden dem Urtheile des Hrn. A. M. nicht in alle Motive folge, s<lb/>
dern blos einige Cardinalpnnkte hervorheben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1215"> Hr. A. M. knüpft an den Minister Bach alle Znkunftshvffnungen, vertraut<lb/>
ihm noch immer, und versagt ihm noch heute nicht seine Achtung. Wenige<lb/>
Zeilen nach diesem Vertrauensvotum heißt es: &#x201E;mögen überspannte Moralisten<lb/>
über Unlauterkett schreien, Moral ohne Klugheit wird im Staarslcben nie wircken<lb/>
und schaffen."¬</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1216"> Hiermit könnte man füglich das gesammte Urtheil über Bach abschließen. Nie<lb/>
mand spricht dem befähigten Manne Talent, Eifer und Geschick ab; der Advocat<lb/>
wurde nicht nur Minister, sondern der Volksmann wandelte sich in einen Günst¬<lb/>
ling des Hofes um, und verträgt sich sogar mit den Herren Offizieren, die den<lb/>
schwarzbefrackten Manu gewöhnlich ans der Spornseite stehen lassen. Daß Mün¬<lb/>
ster Bach trotzdem diese Position nicht aufgibt, ist auch Klugheit, und Klugheit<lb/>
entschuldigt im politischen Staatsleben, wie Hr. A. M. meint, auch Unlauterkeit.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1217"> Nach diesem Zugeständnisse über die moralische Seite Bachs kann es uur die<lb/>
größte Letrübuiß erwecken, ihn dennoch als den Glanzstern des Ministeriums<lb/>
Preisen zu hören; wenn er ausscheidet, &#x201E;wird es vollkommen Nacht in Oestreich."<lb/>
Hier drängt sich wohl die Frage auf, wie ein solcher Zustand möglich wurde, nach¬<lb/>
dem der staatsklnge, talentvolle, geniale, schöpferische Bach seit 18 Monaten im<lb/>
Ministerium sitzt?'</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1218"> Wir wollen nicht zurückblicken in die Wesseuberg-Dvbblhofsche Periode, wir<lb/>
wollen eiuen dichten Schleier ziehen über die damaligen Thaten und !Keder,<lb/>
Kameradschaften und Versprechungen des jungen Justizministers. Es wäre em<lb/>
gar zu Leichtes nach Art der Pariser P. durch Citationen die Widersprüche zw&#x201E;et'en<lb/>
Gestern und Heute nachzuweisen. Wir beschränken uns auf Bach's Wirksamkeit<lb/>
im Ministerium Schwarzenberg.'"</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1219"> Hr. A. M. macht Bach gleichsam zum Schützling der &#x201E;Neichstagsrcchten,<lb/>
ein Wort, das nicht genug bezeichnend ist für die östreichische constitnircnde Ver¬<lb/>
sammlung; die NeichSlagsrechte war keine politische Partei, sondern eine nationale<lb/>
und bestand fast nur aus Czechen. Diese Neichstagsrcchte soll, wie Hr. A. M.<lb/>
angibt, im October 1848 das Schiff der Freiheit gerettet haben, indem ihre Ab¬<lb/>
geordneten das von der Hvfpartei in Olmütz augezettelte Projekt (Manifest vom<lb/>
1«. October 1848) hintertrieben, den Reichstag zu vernichten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1220" next="#ID_1221"> Wir hier waren dem Olmützer Hofe näher als die Neichstagsrcchte, welche<lb/>
w Vermummungen durch Wälder nach Prag floh, und mit Bestimmtheit können<lb/>
wir behaupten, daß die Abgeordneten der Neichstagsrcchten an der Zurücknahme<lb/>
des Manifestes vom 16. October den allergeringsten Antheil hatten; und mit eben<lb/>
solcher Bestimmtheit erklären wir, daß die Reichstagsrechte sich wohl für den</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0344] Noch ein Urtheil über den k. V. Staatsminister Alex. Bach. Die Redactionsbemerkung zum Aufsätze in Ur. 46. veranlaßt uns, dem dort gefällten Urtheile über Minister Bach unser Urtheil, nicht entgegenzustellen, son¬ dern hinzuzufügen; „es geht Etwas vor/' wird richtig bemerkt und das Urtheil aus Prag hat'eine Absicht. , ^non¬ Wir werden dem Urtheile des Hrn. A. M. nicht in alle Motive folge, s dern blos einige Cardinalpnnkte hervorheben. Hr. A. M. knüpft an den Minister Bach alle Znkunftshvffnungen, vertraut ihm noch immer, und versagt ihm noch heute nicht seine Achtung. Wenige Zeilen nach diesem Vertrauensvotum heißt es: „mögen überspannte Moralisten über Unlauterkett schreien, Moral ohne Klugheit wird im Staarslcben nie wircken und schaffen."¬ Hiermit könnte man füglich das gesammte Urtheil über Bach abschließen. Nie mand spricht dem befähigten Manne Talent, Eifer und Geschick ab; der Advocat wurde nicht nur Minister, sondern der Volksmann wandelte sich in einen Günst¬ ling des Hofes um, und verträgt sich sogar mit den Herren Offizieren, die den schwarzbefrackten Manu gewöhnlich ans der Spornseite stehen lassen. Daß Mün¬ ster Bach trotzdem diese Position nicht aufgibt, ist auch Klugheit, und Klugheit entschuldigt im politischen Staatsleben, wie Hr. A. M. meint, auch Unlauterkeit. Nach diesem Zugeständnisse über die moralische Seite Bachs kann es uur die größte Letrübuiß erwecken, ihn dennoch als den Glanzstern des Ministeriums Preisen zu hören; wenn er ausscheidet, „wird es vollkommen Nacht in Oestreich." Hier drängt sich wohl die Frage auf, wie ein solcher Zustand möglich wurde, nach¬ dem der staatsklnge, talentvolle, geniale, schöpferische Bach seit 18 Monaten im Ministerium sitzt?' Wir wollen nicht zurückblicken in die Wesseuberg-Dvbblhofsche Periode, wir wollen eiuen dichten Schleier ziehen über die damaligen Thaten und !Keder, Kameradschaften und Versprechungen des jungen Justizministers. Es wäre em gar zu Leichtes nach Art der Pariser P. durch Citationen die Widersprüche zw„et'en Gestern und Heute nachzuweisen. Wir beschränken uns auf Bach's Wirksamkeit im Ministerium Schwarzenberg.'" Hr. A. M. macht Bach gleichsam zum Schützling der „Neichstagsrcchten, ein Wort, das nicht genug bezeichnend ist für die östreichische constitnircnde Ver¬ sammlung; die NeichSlagsrechte war keine politische Partei, sondern eine nationale und bestand fast nur aus Czechen. Diese Neichstagsrcchte soll, wie Hr. A. M. angibt, im October 1848 das Schiff der Freiheit gerettet haben, indem ihre Ab¬ geordneten das von der Hvfpartei in Olmütz augezettelte Projekt (Manifest vom 1«. October 1848) hintertrieben, den Reichstag zu vernichten. Wir hier waren dem Olmützer Hofe näher als die Neichstagsrcchte, welche w Vermummungen durch Wälder nach Prag floh, und mit Bestimmtheit können wir behaupten, daß die Abgeordneten der Neichstagsrcchten an der Zurücknahme des Manifestes vom 16. October den allergeringsten Antheil hatten; und mit eben solcher Bestimmtheit erklären wir, daß die Reichstagsrechte sich wohl für den

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/344
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/344>, abgerufen am 15.01.2025.