Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.menhangs und der Abhängigkeit, in welcher er als Einzelner zum Ganzen des Daß aber in Preußen eine militärische Organisation existiren kann, welche Aber es folgt für Preußen daraus anch die große Verpflichtung, in seinem menhangs und der Abhängigkeit, in welcher er als Einzelner zum Ganzen des Daß aber in Preußen eine militärische Organisation existiren kann, welche Aber es folgt für Preußen daraus anch die große Verpflichtung, in seinem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0210" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279758"/> <p xml:id="ID_713" prev="#ID_712"> menhangs und der Abhängigkeit, in welcher er als Einzelner zum Ganzen des<lb/> Staates steht, sondern auch seine Phantasie erhält durch den kriegerischen Glanz,<lb/> der ihn umgibt und die imponirende Thätigkeit, an welcher er Theil nimmt, tiefe<lb/> Eindrücke. Und wenn er nach zwei Jahren Kriegsdienst zu seiner friedlichen Arbeit<lb/> zurückkehrt, so verklärt sich ihm i» der Erinnerung sein Soldatenleben mit einem<lb/> erstaunlichen Glänze, und jedesmal, so oft er die Trommel oder Fanfare Hort, wird<lb/> die Vergangenheit in ihm lebendig, seine Haltung wird straff, sein Schritt ener¬<lb/> gisch und sein Ange glänzt stolz und freudig. Daß diese Schilderung nicht über¬<lb/> trieben ist, kann in Preußen Jeder wissen. Und sie bleibt über die Jahre der<lb/> Jngend hinaus. Die Veteranencorps, welche sich ans alten Männern überall in Preu¬<lb/> ßen im letzten Jahre zum Schutz des Königs gegen die „Demokratie" freiwillig<lb/> gebildet haben, sind ein rührender Beweis von der Kraft dieser Gefühle, obgleich<lb/> sie in ihrer Erscheinung oft sehr ungeschickt, ja einfältig waren.</p><lb/> <p xml:id="ID_714"> Daß aber in Preußen eine militärische Organisation existiren kann, welche<lb/> das ganze männliche Geschlecht zu Soldaten macht, und die Masse des Volkes in<lb/> gefährlichen Staatskrisen so energisch in's Loyale und Conservative umzustimmen<lb/> vermag, wird nur dadurch möglich, daß eine große Summe von tüchtiger Bil¬<lb/> dung im Volke vorhanden ist, daß ein freier Blick, eine Richtung des einzelnen<lb/> Menschen auf das Große und Allgemeine und Achtung vor dem Gesetz in die See¬<lb/> len der Bürger hineingebildet sind. Es gehörte schon ein hoher Sinn dazu, das<lb/> Institut der Landwehr zu gründen, und nur in einem Staat, welcher „Civilisa¬<lb/> tion" mit Anspannung aller Kräfte erstrebt, ist es möglich, daß ein solches Insti¬<lb/> tut daure und gedeihe. Der höchste Liberalismus im Unterricht, die freiste Be¬<lb/> wegung des Menschen im Reiche des Gedankens war nöthig, um dies conserva¬<lb/> tive Institut sowohl zu schassen, als zu erhalten. Und wie die freie Wissenschaft Nord-<lb/> deutschlands den conservativen Landbau Preußens zu einem so starken Pfeiler des<lb/> Staates gemacht hat, so hat auch das Selbstgefühl freier Geister deu Preußen<lb/> die Möglichkeit gegeben, in dieser Art eine loyale Wehr des Landes zu werden.<lb/> So erscheint der Liberalismus Preußens und seine conservative Kraft als zwei<lb/> verbundene Gegensätze, welche einander gegenseitig hervorrufen, als zwei Pole des¬<lb/> selben Magnets, von denen der eine die Kraft des andern um so mehr steigert,<lb/> je höher die eigene wird; und weil dies so ist, deshalb vermag Preußen einen<lb/> stärkern Kampf der umstürzenden Theorie und der stabilen Praxis auszuhalten,<lb/> als die ängstliche Sorge Vieler in der Gegenwart annimmt.</p><lb/> <p xml:id="ID_715" next="#ID_716"> Aber es folgt für Preußen daraus anch die große Verpflichtung, in seinem<lb/> Staatsleben einen freien Raum zu gewähren für die gegenseitige Spannung der<lb/> beiden Pole, in denen es schwebt. Noch fürchtet die Regierung und ein großer<lb/> Theil des Volkes, erschreckt durch den wüsten Unsinn, welcher die Fortschritte des<lb/> letzten Jahres begleitete, das Wohl des Staates zu gefährden, wenn sie im Staats¬<lb/> leben nicht das conservirende Element zu überwiegender gesetzlicher Geltung bringen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0210]
menhangs und der Abhängigkeit, in welcher er als Einzelner zum Ganzen des
Staates steht, sondern auch seine Phantasie erhält durch den kriegerischen Glanz,
der ihn umgibt und die imponirende Thätigkeit, an welcher er Theil nimmt, tiefe
Eindrücke. Und wenn er nach zwei Jahren Kriegsdienst zu seiner friedlichen Arbeit
zurückkehrt, so verklärt sich ihm i» der Erinnerung sein Soldatenleben mit einem
erstaunlichen Glänze, und jedesmal, so oft er die Trommel oder Fanfare Hort, wird
die Vergangenheit in ihm lebendig, seine Haltung wird straff, sein Schritt ener¬
gisch und sein Ange glänzt stolz und freudig. Daß diese Schilderung nicht über¬
trieben ist, kann in Preußen Jeder wissen. Und sie bleibt über die Jahre der
Jngend hinaus. Die Veteranencorps, welche sich ans alten Männern überall in Preu¬
ßen im letzten Jahre zum Schutz des Königs gegen die „Demokratie" freiwillig
gebildet haben, sind ein rührender Beweis von der Kraft dieser Gefühle, obgleich
sie in ihrer Erscheinung oft sehr ungeschickt, ja einfältig waren.
Daß aber in Preußen eine militärische Organisation existiren kann, welche
das ganze männliche Geschlecht zu Soldaten macht, und die Masse des Volkes in
gefährlichen Staatskrisen so energisch in's Loyale und Conservative umzustimmen
vermag, wird nur dadurch möglich, daß eine große Summe von tüchtiger Bil¬
dung im Volke vorhanden ist, daß ein freier Blick, eine Richtung des einzelnen
Menschen auf das Große und Allgemeine und Achtung vor dem Gesetz in die See¬
len der Bürger hineingebildet sind. Es gehörte schon ein hoher Sinn dazu, das
Institut der Landwehr zu gründen, und nur in einem Staat, welcher „Civilisa¬
tion" mit Anspannung aller Kräfte erstrebt, ist es möglich, daß ein solches Insti¬
tut daure und gedeihe. Der höchste Liberalismus im Unterricht, die freiste Be¬
wegung des Menschen im Reiche des Gedankens war nöthig, um dies conserva¬
tive Institut sowohl zu schassen, als zu erhalten. Und wie die freie Wissenschaft Nord-
deutschlands den conservativen Landbau Preußens zu einem so starken Pfeiler des
Staates gemacht hat, so hat auch das Selbstgefühl freier Geister deu Preußen
die Möglichkeit gegeben, in dieser Art eine loyale Wehr des Landes zu werden.
So erscheint der Liberalismus Preußens und seine conservative Kraft als zwei
verbundene Gegensätze, welche einander gegenseitig hervorrufen, als zwei Pole des¬
selben Magnets, von denen der eine die Kraft des andern um so mehr steigert,
je höher die eigene wird; und weil dies so ist, deshalb vermag Preußen einen
stärkern Kampf der umstürzenden Theorie und der stabilen Praxis auszuhalten,
als die ängstliche Sorge Vieler in der Gegenwart annimmt.
Aber es folgt für Preußen daraus anch die große Verpflichtung, in seinem
Staatsleben einen freien Raum zu gewähren für die gegenseitige Spannung der
beiden Pole, in denen es schwebt. Noch fürchtet die Regierung und ein großer
Theil des Volkes, erschreckt durch den wüsten Unsinn, welcher die Fortschritte des
letzten Jahres begleitete, das Wohl des Staates zu gefährden, wenn sie im Staats¬
leben nicht das conservirende Element zu überwiegender gesetzlicher Geltung bringen.
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