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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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armen Türken zu unserm Fürsten, wenn ihnen vom Kadi oder Pascha ein Unrecht
geschieht, und flehen: "Ehrsamer Fürst! wir bitten dich, geh hin zu unserm Pascha
und mache, daß er uns nicht weh thut." -- "Wie kann ich das ?" sagt dann unser
Fürst, "hab' ich doch keine Gewalt über den Pascha, welcher allein vom Vezir ab¬
hängt und vom Großherrn." -- "El Herr," sprechen die Türken: "geh dennoch hin
und rede mit ihm, oder schreib' ihm einen Zettel: der Pascha wird sich'S sagen lassen
und uns nicht mehr drücken und dir wird es ein Sevap (gutes- Werk) sein, wenn
dn dich der Bedrängten annimmst, du bist ja ein großer Herr und gütiger Fürst
über deine Unterthanen." Und der Fürst verwendet sich dann, wenn er kann, sür
den Türken und der Pascha verzeiht um des Fürstenwillen dem Schelmen. "Unser
Fürst ist gut, ich hab' ihn lieb wie meinen Sohn."

Dieser rhetorische Lobspruch war mir auffallend, so charakteristisch er war.
Denn es war bekannt, daß Wucic mit dem Fürsten nicht im besten Einvernehmen
stand und daß der wunderliche alte Volksheld zur Seite nach Oestreich herüber,
wieder auf den Sohn des vertriebenen Fürsten Mlosch, dem Michael Obrenowic
sah. Der Anhang der regierenden Fürstenfamilie wenigstens, der schlaue Jacob
Steuadowic und sein Geschlecht fürchteten und beargwöhnten ihn. -- Da er
aber so treuherzig versicherte, daß er den Fürsten wie seinen Sohn liebe, sortirte
ich weiter: "Du thast auch als Vater an ihm, Woiwode und er hat Sohnespflicht
gegen dich, denn du warst es, der ihn auf den Fürstenstuhl gesetzt."

"ES geschah," entgegnete Wucic, "um seines großen Vaters willen, des Kam
Georgje und weil das Volt die Obrenovice nicht leiden mochte im Lande. Darum
stände" wir auf, und Herr Alexander Kara Georjevic, der bisher Lieutenant im
Heere des Fürsten Michel Obrenovic gewesen, ward Fürst. Schade um Kara
Georgje, daß er enden mußte durch des Mörders Beil zu Topola! O ich weiß,
wer die Mörder gedungen, ich durchschaute den alten Bluthund und nahm Rache
an ihm. Schade um Kara Georgje! Er war ein Held, ein großer Mann , wie
keiner wieder kömmt in dieser verweichlichten Zeit."

Eine kurze Pause trat nach dieser "offenen" Erklärung ein, dann frug der
Woiwode: "Ich habe noch ein Schwert von ihm, willst du es sehen und sein
Bild? So komm." Ich folgte ihm in ein Seitenzimmer, das vou dem zierlichen
Salon sehr kriegerisch abstach. Bärenfelle bedeckten die Sopha's und an den
Wänden hing ein ganzes Arsenal herrlicher Waffen, interessant durch kunstreiche
Arbeit, durch kostbaren Zierrath, durch Alter, oder durch die frühern Träger.
Welche Ströme warmen Blutes mögen von diesen blanken Damaszenerklingen
herabgeronnen sein? Kara Georgje's Säbel wurde mir gezeigt, er war natürlich
ein Säbel wie andere Säbel, ohne einen Erklärer war er nicht herauszufinden,
wie dies in der Regel bei solchen historischen Reliquien geht. Zwischen den
Waffen hingen die Portraits serbischer Helden, darunter Kara Georgje, Wucic
selbst lebensgroß in Oel und in einige Lithographien und -- MiloS Obrenovic.


armen Türken zu unserm Fürsten, wenn ihnen vom Kadi oder Pascha ein Unrecht
geschieht, und flehen: „Ehrsamer Fürst! wir bitten dich, geh hin zu unserm Pascha
und mache, daß er uns nicht weh thut." — „Wie kann ich das ?" sagt dann unser
Fürst, „hab' ich doch keine Gewalt über den Pascha, welcher allein vom Vezir ab¬
hängt und vom Großherrn." — „El Herr," sprechen die Türken: „geh dennoch hin
und rede mit ihm, oder schreib' ihm einen Zettel: der Pascha wird sich'S sagen lassen
und uns nicht mehr drücken und dir wird es ein Sevap (gutes- Werk) sein, wenn
dn dich der Bedrängten annimmst, du bist ja ein großer Herr und gütiger Fürst
über deine Unterthanen." Und der Fürst verwendet sich dann, wenn er kann, sür
den Türken und der Pascha verzeiht um des Fürstenwillen dem Schelmen. „Unser
Fürst ist gut, ich hab' ihn lieb wie meinen Sohn."

Dieser rhetorische Lobspruch war mir auffallend, so charakteristisch er war.
Denn es war bekannt, daß Wucic mit dem Fürsten nicht im besten Einvernehmen
stand und daß der wunderliche alte Volksheld zur Seite nach Oestreich herüber,
wieder auf den Sohn des vertriebenen Fürsten Mlosch, dem Michael Obrenowic
sah. Der Anhang der regierenden Fürstenfamilie wenigstens, der schlaue Jacob
Steuadowic und sein Geschlecht fürchteten und beargwöhnten ihn. — Da er
aber so treuherzig versicherte, daß er den Fürsten wie seinen Sohn liebe, sortirte
ich weiter: „Du thast auch als Vater an ihm, Woiwode und er hat Sohnespflicht
gegen dich, denn du warst es, der ihn auf den Fürstenstuhl gesetzt."

„ES geschah," entgegnete Wucic, „um seines großen Vaters willen, des Kam
Georgje und weil das Volt die Obrenovice nicht leiden mochte im Lande. Darum
stände» wir auf, und Herr Alexander Kara Georjevic, der bisher Lieutenant im
Heere des Fürsten Michel Obrenovic gewesen, ward Fürst. Schade um Kara
Georgje, daß er enden mußte durch des Mörders Beil zu Topola! O ich weiß,
wer die Mörder gedungen, ich durchschaute den alten Bluthund und nahm Rache
an ihm. Schade um Kara Georgje! Er war ein Held, ein großer Mann , wie
keiner wieder kömmt in dieser verweichlichten Zeit."

Eine kurze Pause trat nach dieser „offenen" Erklärung ein, dann frug der
Woiwode: „Ich habe noch ein Schwert von ihm, willst du es sehen und sein
Bild? So komm." Ich folgte ihm in ein Seitenzimmer, das vou dem zierlichen
Salon sehr kriegerisch abstach. Bärenfelle bedeckten die Sopha's und an den
Wänden hing ein ganzes Arsenal herrlicher Waffen, interessant durch kunstreiche
Arbeit, durch kostbaren Zierrath, durch Alter, oder durch die frühern Träger.
Welche Ströme warmen Blutes mögen von diesen blanken Damaszenerklingen
herabgeronnen sein? Kara Georgje's Säbel wurde mir gezeigt, er war natürlich
ein Säbel wie andere Säbel, ohne einen Erklärer war er nicht herauszufinden,
wie dies in der Regel bei solchen historischen Reliquien geht. Zwischen den
Waffen hingen die Portraits serbischer Helden, darunter Kara Georgje, Wucic
selbst lebensgroß in Oel und in einige Lithographien und — MiloS Obrenovic.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/20>, abgerufen am 15.01.2025.