Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Diese Sitzung schließt wieder, indem alle Theile bei ihrer Ansicht beharren. In der Sitzung am 17. Oetbr. legt Preußen seine Verhandlungen mit Baiern Diese Sitzung schließt wieder, indem alle Theile bei ihrer Ansicht beharren. In der Sitzung am 17. Oetbr. legt Preußen seine Verhandlungen mit Baiern <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0170" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279718"/> <p xml:id="ID_574"> Diese Sitzung schließt wieder, indem alle Theile bei ihrer Ansicht beharren.</p><lb/> <p xml:id="ID_575"> In der Sitzung am 17. Oetbr. legt Preußen seine Verhandlungen mit Baiern<lb/> vor, aus denen ersichtlich ist, daß Baiern gegen den Vorstand Preußens im Bun¬<lb/> desstaat zu Gunsten eines Fürsteneolleginms, gegen die Ausschließung Oestreichs,<lb/> gegen den Wegfall der BinnengrenzMe, gegen das allgemeine deutsche Staatsbürger¬<lb/> recht, gegen Aufhebung der Familienfideicommisse und gegen mehrere andere liberale<lb/> Bestimmungen des Dreikönigsentwurfs Einwendungen gemacht hat. Darauf sagt Preu¬<lb/> ßen zu Sachsen: Ihr seht, an uns hat es nicht gelegen, daß Baiern sich isolirt, worauf<lb/> Sachsen dankbar ist und die Achseln zuckt. — Gegen die Deductionen Hannovers<lb/> aber in der vorigen Sitzung gibt der Vorsitzende eine lange, aber kräftige preu¬<lb/> ßische Antwort, worin er auseinandersetzt, daß der deutsche Bund factisch<lb/> und rechtlich nicht mehr bestehe; daß aber Preußen sich auf diese scharfe<lb/> Auffassung der Rechtsverhältnisse uicht einmal stützen, sondern den Zustand Deutsch¬<lb/> lands von der möglichst conservativen Seite auffassen wolle; es will an dem Bande,<lb/> welches die deutschen Staaten umschloß, so weit festhalten, als dies jetzt noch<lb/> möglich ist. Dies ist aber nicht in anderem Sinne möglich, als in dem dnrch das<lb/> DreikönigSbündniß klar ausgesprochenen. Und wenn ferner Hannover und Sach¬<lb/> sen sich auf einen schüchternen Vorbehalt beziehen, den sie nach Abschluß des Drei¬<lb/> königsbündnisses gemacht haben, indem sie eine Umgestaltung der Verfassung<lb/> für den Fall verlangen, daß der Süden Deutschlands uicht zutrete, so sei es doch<lb/> für einen ehrlichen Mann unmöglich, diesen Vorbehalt so zu verstehen, daß das<lb/> ganze Bündniß uugiltig werde, eine dadurch nothwendig gewordene Revision wird<lb/> ohnedies stattfinden, ferner aber sei der Zeitpunkt, in welchem die süddeutschen<lb/> Regierungen beitreten sollten, gar nicht bestimmt, noch weniger sei bestimmt, daß<lb/> der Reichstag erst nach ihrem Beitritt stattfinden soll, und endlich habe der ganze<lb/> Vorbehalt, den sie nach Unterschreibung des Verfassungsvertrages eingebracht<lb/> hätten, den Bestimmungen des acceptirten Verfassungsentwurfes gegenüber, beim<lb/> Mängeln der Zustimmung der übrigen Regierungen gar keine Geltung, daher<lb/> beharrt Preußen uicht nur bei seinem Votum für Einberufung des Reichstags,<lb/> sondern es wird unverzüglich deshalb bestimmte Anträge stellen, über Modificatio-<lb/> nen der Verfassung, übe?' Veröffentlichung des Wahltermins für den nächsten<lb/> Reichstag, über den Ort, wo der Reichstag zusammentritt, und endlich über die<lb/> Verbindung zwischen dem Verwaltungsrath und Reichstag. Der energischen Er¬<lb/> klärung von Preußen stimmen die übrigen Staaten mit Wärme bei, namentlich<lb/> Baden, welches die Rechtsbedenken Hannovers vielleicht am schlagendsten wider¬<lb/> legt. Mecklenburg-Strelitz, Hannover und Sachsen bestehen auf ihrer Opposition,<lb/> aber nicht nur ihre Gründe, auch ihre Haltung erscheinen schwach und man kann<lb/> selbst aus den ruhigen Zeilen des Protocolls lesen, daß die Sitzung reich an<lb/> dramatischem Leben und an Gemüthsbewegungen gewesen ist. — Zuletzt schloß<lb/> die Sitzung, indem alle Theile bei ihrer Ansicht beharrten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0170]
Diese Sitzung schließt wieder, indem alle Theile bei ihrer Ansicht beharren.
In der Sitzung am 17. Oetbr. legt Preußen seine Verhandlungen mit Baiern
vor, aus denen ersichtlich ist, daß Baiern gegen den Vorstand Preußens im Bun¬
desstaat zu Gunsten eines Fürsteneolleginms, gegen die Ausschließung Oestreichs,
gegen den Wegfall der BinnengrenzMe, gegen das allgemeine deutsche Staatsbürger¬
recht, gegen Aufhebung der Familienfideicommisse und gegen mehrere andere liberale
Bestimmungen des Dreikönigsentwurfs Einwendungen gemacht hat. Darauf sagt Preu¬
ßen zu Sachsen: Ihr seht, an uns hat es nicht gelegen, daß Baiern sich isolirt, worauf
Sachsen dankbar ist und die Achseln zuckt. — Gegen die Deductionen Hannovers
aber in der vorigen Sitzung gibt der Vorsitzende eine lange, aber kräftige preu¬
ßische Antwort, worin er auseinandersetzt, daß der deutsche Bund factisch
und rechtlich nicht mehr bestehe; daß aber Preußen sich auf diese scharfe
Auffassung der Rechtsverhältnisse uicht einmal stützen, sondern den Zustand Deutsch¬
lands von der möglichst conservativen Seite auffassen wolle; es will an dem Bande,
welches die deutschen Staaten umschloß, so weit festhalten, als dies jetzt noch
möglich ist. Dies ist aber nicht in anderem Sinne möglich, als in dem dnrch das
DreikönigSbündniß klar ausgesprochenen. Und wenn ferner Hannover und Sach¬
sen sich auf einen schüchternen Vorbehalt beziehen, den sie nach Abschluß des Drei¬
königsbündnisses gemacht haben, indem sie eine Umgestaltung der Verfassung
für den Fall verlangen, daß der Süden Deutschlands uicht zutrete, so sei es doch
für einen ehrlichen Mann unmöglich, diesen Vorbehalt so zu verstehen, daß das
ganze Bündniß uugiltig werde, eine dadurch nothwendig gewordene Revision wird
ohnedies stattfinden, ferner aber sei der Zeitpunkt, in welchem die süddeutschen
Regierungen beitreten sollten, gar nicht bestimmt, noch weniger sei bestimmt, daß
der Reichstag erst nach ihrem Beitritt stattfinden soll, und endlich habe der ganze
Vorbehalt, den sie nach Unterschreibung des Verfassungsvertrages eingebracht
hätten, den Bestimmungen des acceptirten Verfassungsentwurfes gegenüber, beim
Mängeln der Zustimmung der übrigen Regierungen gar keine Geltung, daher
beharrt Preußen uicht nur bei seinem Votum für Einberufung des Reichstags,
sondern es wird unverzüglich deshalb bestimmte Anträge stellen, über Modificatio-
nen der Verfassung, übe?' Veröffentlichung des Wahltermins für den nächsten
Reichstag, über den Ort, wo der Reichstag zusammentritt, und endlich über die
Verbindung zwischen dem Verwaltungsrath und Reichstag. Der energischen Er¬
klärung von Preußen stimmen die übrigen Staaten mit Wärme bei, namentlich
Baden, welches die Rechtsbedenken Hannovers vielleicht am schlagendsten wider¬
legt. Mecklenburg-Strelitz, Hannover und Sachsen bestehen auf ihrer Opposition,
aber nicht nur ihre Gründe, auch ihre Haltung erscheinen schwach und man kann
selbst aus den ruhigen Zeilen des Protocolls lesen, daß die Sitzung reich an
dramatischem Leben und an Gemüthsbewegungen gewesen ist. — Zuletzt schloß
die Sitzung, indem alle Theile bei ihrer Ansicht beharrten.
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