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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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Das Verbot der Münzausfuhr ist, als fünfte Maßregel, aufgehoben. I'roy
taret! kann man sagen, nachdem die durch das Verbot geschlagenen Wunden be¬
reits vernarben, nachdem der Silbercours von 25 auf 7 pCt. herabgefallen war.

Zu diesen eben besprochenen Maßregeln kam alsobald die Ausschreibung des
neuen Anleihens; es besteht aus einer 4^ procentigen Schuldverschreibung,
die zum Course von 85 ausgegeben wird. Durch freiwillige Subscription soll die
Summe von 60 Millionen effective (71 Mill. nominell) herbeigeschafft werden.

Bei den einbegleitenden Worten des Ministers ist die Stelle bemerkenswerth,
daß er von den Bewohnern Oestreichs Opfer in ausgedehnterem Maße weder
fordern, noch erwarten könne, und er setze seine Hoffnung in die Betheiligung
des Auslandes mit großen Beträgen. Oestreichs Bürger haben ihre Söhne und
Brüder in einen blutigen Kampf geschickt, der nicht ihre Sympathien hatte; um
so weniger würden sie ihre Kassen verschließen, um dem Staate, also sich selbst
eine bessere Zukunft zu bereiten. Der Reichstag, die Vertreter des Volkes, haben
Geld bewilligt für die Mehrausgaben, und das Volk würde gerne und bereit¬
willig steuern, was seine Vertreter unter Sanction des Kaisers beschlossen. -- ES
liegt nichts Beruhigendes und Erhebendes darin für die Nation, daß der östrei¬
chische Minister das Ausland anruft, um den östreichischen Finanzen aus die Beine
zu helfen; der Minister macht den Kaiserstaat von den Comptoirstuben Amster¬
dams und Frankfurts abhängig, und in den dortigen Börsenhallen wird der CoUrs
der östreichischen Landeswährung bestimmt. Das Volk hat kein Vertrauen zum
Ministerium, und das Ministerium antwortet mit Mißtrauen in das Volk, ein
greller Zwiespalt, der durch alle Acte der Regierung läuft seit der Auslösung des
Reichstags. In Folge davon mußte man russische Waffen ausborgen, wie man
jeht holländische Ducaten sich ausleiht.

Das Anleihen unterscheidet sich durch nichts vom gewöhnlichen Gleise solcher
Finanzoperationen. Eine etwaige Rückzahlung des Capitals oder eine Sicherstel¬
lung der Währung, in welcher die Zinsen ausgefolgt werben, findet sich nirgend.
Trotzdem wird das Anleihen zu Staude kommen, da der Minister die Unter¬
stützung des russischen Hofes mit 20 Millionen zugesagt erhielt; wenigsteus wird
so berichtet. Private dürsten, ungeachtet der großen Vortheile, die auf Kosten
des Staates geboten werden, sich nicht zu sehr betheiligen. Der Staat Oestreich
steht fest, das Ministerium aber wackelt, wie es sich auch den Anschein gibt, sicher
auszutreten. Kehrt es zum Absolutismus zurück, zu einem gebildeten und feinen,
wie es der Minister Bach am zweckmäßigsten für Oestreich hält, so wird jedes
Cabinet so lange im Sattel bleiben, bis wieder einmal der gallische Hahn den
Adler erschreckt; will aber das Ministerium auch nur die Form eines konstitutio¬
nellen Staates betbehalten, so wird es vom ersten Reichstage mit spitzer Lanze
in den Sand geworfen. Alle Barrikaden, die das Ministerium um seine octroyirte
Charte auswirft, sind unhaltbar; die Nationalitäten durchbrechen diese Schanzen.


Das Verbot der Münzausfuhr ist, als fünfte Maßregel, aufgehoben. I'roy
taret! kann man sagen, nachdem die durch das Verbot geschlagenen Wunden be¬
reits vernarben, nachdem der Silbercours von 25 auf 7 pCt. herabgefallen war.

Zu diesen eben besprochenen Maßregeln kam alsobald die Ausschreibung des
neuen Anleihens; es besteht aus einer 4^ procentigen Schuldverschreibung,
die zum Course von 85 ausgegeben wird. Durch freiwillige Subscription soll die
Summe von 60 Millionen effective (71 Mill. nominell) herbeigeschafft werden.

Bei den einbegleitenden Worten des Ministers ist die Stelle bemerkenswerth,
daß er von den Bewohnern Oestreichs Opfer in ausgedehnterem Maße weder
fordern, noch erwarten könne, und er setze seine Hoffnung in die Betheiligung
des Auslandes mit großen Beträgen. Oestreichs Bürger haben ihre Söhne und
Brüder in einen blutigen Kampf geschickt, der nicht ihre Sympathien hatte; um
so weniger würden sie ihre Kassen verschließen, um dem Staate, also sich selbst
eine bessere Zukunft zu bereiten. Der Reichstag, die Vertreter des Volkes, haben
Geld bewilligt für die Mehrausgaben, und das Volk würde gerne und bereit¬
willig steuern, was seine Vertreter unter Sanction des Kaisers beschlossen. — ES
liegt nichts Beruhigendes und Erhebendes darin für die Nation, daß der östrei¬
chische Minister das Ausland anruft, um den östreichischen Finanzen aus die Beine
zu helfen; der Minister macht den Kaiserstaat von den Comptoirstuben Amster¬
dams und Frankfurts abhängig, und in den dortigen Börsenhallen wird der CoUrs
der östreichischen Landeswährung bestimmt. Das Volk hat kein Vertrauen zum
Ministerium, und das Ministerium antwortet mit Mißtrauen in das Volk, ein
greller Zwiespalt, der durch alle Acte der Regierung läuft seit der Auslösung des
Reichstags. In Folge davon mußte man russische Waffen ausborgen, wie man
jeht holländische Ducaten sich ausleiht.

Das Anleihen unterscheidet sich durch nichts vom gewöhnlichen Gleise solcher
Finanzoperationen. Eine etwaige Rückzahlung des Capitals oder eine Sicherstel¬
lung der Währung, in welcher die Zinsen ausgefolgt werben, findet sich nirgend.
Trotzdem wird das Anleihen zu Staude kommen, da der Minister die Unter¬
stützung des russischen Hofes mit 20 Millionen zugesagt erhielt; wenigsteus wird
so berichtet. Private dürsten, ungeachtet der großen Vortheile, die auf Kosten
des Staates geboten werden, sich nicht zu sehr betheiligen. Der Staat Oestreich
steht fest, das Ministerium aber wackelt, wie es sich auch den Anschein gibt, sicher
auszutreten. Kehrt es zum Absolutismus zurück, zu einem gebildeten und feinen,
wie es der Minister Bach am zweckmäßigsten für Oestreich hält, so wird jedes
Cabinet so lange im Sattel bleiben, bis wieder einmal der gallische Hahn den
Adler erschreckt; will aber das Ministerium auch nur die Form eines konstitutio¬
nellen Staates betbehalten, so wird es vom ersten Reichstage mit spitzer Lanze
in den Sand geworfen. Alle Barrikaden, die das Ministerium um seine octroyirte
Charte auswirft, sind unhaltbar; die Nationalitäten durchbrechen diese Schanzen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/16>, abgerufen am 15.01.2025.