Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.landständischen Rechte nicht verzichten. Welch andere Gesichter machten diese Herren Schon wenige Stunden nach Bekanntmachung dieser no^u-r elmrtir vereinten landständischen Rechte nicht verzichten. Welch andere Gesichter machten diese Herren Schon wenige Stunden nach Bekanntmachung dieser no^u-r elmrtir vereinten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0140" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279688"/> <p xml:id="ID_447" prev="#ID_446"> landständischen Rechte nicht verzichten. Welch andere Gesichter machten diese Herren<lb/> im Frühling vorigen Jahres, wo sie nicht ohne Grund eine Züchtigung für ihr<lb/> früheres Schalten und Walten erwarteten. Damals als die Tagelöhner auf den<lb/> großen Rittergütern unruhig zu werden anfingen und einige Edelhofe schon de-<lb/> molirt hatten, wandten sie sich an dieselbe Regierung, auf die sie jetzt wieder so<lb/> hochmüthig herabblickten, und baten um Schutz. Und die Festigkeit unseres jungen<lb/> Großherzogs, von dem Jeder wußte, daß er aus Furcht nichts sich abtrotzen lasse,<lb/> er aber auch jedes freiwillig gegebene Versprechen unverbrüchlich halten werde,<lb/> rettete das Land vor unermeßlichen Unglück. Die früheren Landstände kamen<lb/> in ihrer Furcht in Güstrow zusammen und erklärten öffentlich, sie würden zu Gun¬<lb/> sten einer neuen Repräsentativ-Verfassung, die zwischen dem Großherzog und einem<lb/> außerordentlichen Landtag vereinbart würde, gern ihre früheren Vorrechte auf den<lb/> Altar des Vaterlandes niederlegen. Und jetzt, wo wir endlich eine Verfassung<lb/> erhalten haben, die im vorigen Frühjahr noch als conservativ gegolten hätte, wa¬<lb/> ge» es 153 adelige und 10 bürgerliche Gutsbesitzer der früheren Ritterschaft (die¬<lb/> selbe bestand im Ganzen aus ungefähr 220 adeligen und eben so viel bürgerlichen<lb/> Gutsbesitzern) in einer am 5. October zu Rostock gehaltenen Versammlung gegen<lb/> diese neue Verfassung zu protestiren. Eine eigene Deputation, aus drei Mitglie¬<lb/> dern bestehend, ward nach Schwerin entsendet, on bei dem Großherzoge persönlich<lb/> gegen die Publicirung der neuen Verfassung zu Protestiren, und demselben Vor¬<lb/> stellungen aller Art dagegen zu machen. Der Großherzog aber, von weisen Rath-<lb/> gebern berathen, ließ der Deputation sagen, er kenne keine Ritterschaft mehr, könne<lb/> also anch keine Deputation von solcher annehmen. Im Sommer aber habe er<lb/> schon öffentlich erklärt, Deputationen politischer Versammlungen nicht mehr per¬<lb/> sönlich empfangen, sondern die Wünsche solcher nur schriftlich entgegennehmen und<lb/> schriftlich beantworten zu wollen, er könne somit mit dieser auch keine Ausnahme<lb/> machen. So mußte denn diese Deputation unverrichteter Sache wieder abreisen,<lb/> nachdem sie vorher noch die Ungezogenheit gehabt hatte, einen Brief des Ministers<lb/> v. Lützow, in welchem ihr im Namen des Großherzogs schriftlich die Gründe der<lb/> Nichtempfangung auseinander gesetzt waren, unerbrochen zurückzusenden. Die Wuth<lb/> unseres Landadels und der kleinen eng mit ihm verbundenen hocharistokratischen<lb/> Hof- und Beamtenkreise, über diese Demüthigung, die ihm vermeintlich wiederfahren<lb/> sein sollte, ist eben so groß, wie die ungetheilte Freude des ganzen übrigen Vol¬<lb/> kes. Noch größer aber und nachhaltiger war diese Freude aus der einen, die Wuth auf<lb/> der andern Seite, als unser Ministerium am 11. October die neue Verfassung<lb/> öffentlich publiciren und derselben somit Gesetzeskraft geben ließ, die beste Ant¬<lb/> wort, die es auf jenen Rostocker Protest der Landjunker ertheilen konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_448" next="#ID_449"> Schon wenige Stunden nach Bekanntmachung dieser no^u-r elmrtir vereinten<lb/> sich mehrere hundert der angesehensten Einwohner Schwerins (der zahlreiche Hof<lb/> und Beamtenadel hielt sich ganz passiv dabei), um dem Großherzog ihren Dank</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0140]
landständischen Rechte nicht verzichten. Welch andere Gesichter machten diese Herren
im Frühling vorigen Jahres, wo sie nicht ohne Grund eine Züchtigung für ihr
früheres Schalten und Walten erwarteten. Damals als die Tagelöhner auf den
großen Rittergütern unruhig zu werden anfingen und einige Edelhofe schon de-
molirt hatten, wandten sie sich an dieselbe Regierung, auf die sie jetzt wieder so
hochmüthig herabblickten, und baten um Schutz. Und die Festigkeit unseres jungen
Großherzogs, von dem Jeder wußte, daß er aus Furcht nichts sich abtrotzen lasse,
er aber auch jedes freiwillig gegebene Versprechen unverbrüchlich halten werde,
rettete das Land vor unermeßlichen Unglück. Die früheren Landstände kamen
in ihrer Furcht in Güstrow zusammen und erklärten öffentlich, sie würden zu Gun¬
sten einer neuen Repräsentativ-Verfassung, die zwischen dem Großherzog und einem
außerordentlichen Landtag vereinbart würde, gern ihre früheren Vorrechte auf den
Altar des Vaterlandes niederlegen. Und jetzt, wo wir endlich eine Verfassung
erhalten haben, die im vorigen Frühjahr noch als conservativ gegolten hätte, wa¬
ge» es 153 adelige und 10 bürgerliche Gutsbesitzer der früheren Ritterschaft (die¬
selbe bestand im Ganzen aus ungefähr 220 adeligen und eben so viel bürgerlichen
Gutsbesitzern) in einer am 5. October zu Rostock gehaltenen Versammlung gegen
diese neue Verfassung zu protestiren. Eine eigene Deputation, aus drei Mitglie¬
dern bestehend, ward nach Schwerin entsendet, on bei dem Großherzoge persönlich
gegen die Publicirung der neuen Verfassung zu Protestiren, und demselben Vor¬
stellungen aller Art dagegen zu machen. Der Großherzog aber, von weisen Rath-
gebern berathen, ließ der Deputation sagen, er kenne keine Ritterschaft mehr, könne
also anch keine Deputation von solcher annehmen. Im Sommer aber habe er
schon öffentlich erklärt, Deputationen politischer Versammlungen nicht mehr per¬
sönlich empfangen, sondern die Wünsche solcher nur schriftlich entgegennehmen und
schriftlich beantworten zu wollen, er könne somit mit dieser auch keine Ausnahme
machen. So mußte denn diese Deputation unverrichteter Sache wieder abreisen,
nachdem sie vorher noch die Ungezogenheit gehabt hatte, einen Brief des Ministers
v. Lützow, in welchem ihr im Namen des Großherzogs schriftlich die Gründe der
Nichtempfangung auseinander gesetzt waren, unerbrochen zurückzusenden. Die Wuth
unseres Landadels und der kleinen eng mit ihm verbundenen hocharistokratischen
Hof- und Beamtenkreise, über diese Demüthigung, die ihm vermeintlich wiederfahren
sein sollte, ist eben so groß, wie die ungetheilte Freude des ganzen übrigen Vol¬
kes. Noch größer aber und nachhaltiger war diese Freude aus der einen, die Wuth auf
der andern Seite, als unser Ministerium am 11. October die neue Verfassung
öffentlich publiciren und derselben somit Gesetzeskraft geben ließ, die beste Ant¬
wort, die es auf jenen Rostocker Protest der Landjunker ertheilen konnte.
Schon wenige Stunden nach Bekanntmachung dieser no^u-r elmrtir vereinten
sich mehrere hundert der angesehensten Einwohner Schwerins (der zahlreiche Hof
und Beamtenadel hielt sich ganz passiv dabei), um dem Großherzog ihren Dank
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