Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Regierung subventionirt. Wie dem auch sei, mau konnte sie nie als eigentliches Die Redaction des Blattes leitete Herr Otterberg, ein junger Manu Die deutsche Reform hat es nie verleugnen können, daß sowohl ihr Redacteur Regierung subventionirt. Wie dem auch sei, mau konnte sie nie als eigentliches Die Redaction des Blattes leitete Herr Otterberg, ein junger Manu Die deutsche Reform hat es nie verleugnen können, daß sowohl ihr Redacteur <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0096" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279122"/> <p xml:id="ID_293" prev="#ID_292"> Regierung subventionirt. Wie dem auch sei, mau konnte sie nie als eigentliches<lb/> Regierungsblatt bezeichnen, wenigstens war von einem direkten Einfluß keine Rede<lb/> — was vielleicht zum Theil darin seinen Grund hatte, daß die Principien der<lb/> Regierung selbst nicht allzufest standen. Jedenfalls waren die Geldmittel nicht<lb/> im Verhältniß zu den Ansprüchen des Blattes, das auch durch die ziemlich schnell<lb/> anwachsende Abonnentenzahl nicht im Entferntesten gedeckt werden konnte. Man<lb/> hatte daher oft genug zu der Besorgnis; Veranlassung, sie möchte einges», und<lb/> seit dem Zusammentritt der preußischen Kammern scheint sie durch die Unterstützung<lb/> der Partei gehalten zu sein, bis diese sich in Folge der Differenz in der deutscheu<lb/> Frage auflöste.</p><lb/> <p xml:id="ID_294"> Die Redaction des Blattes leitete Herr Otterberg, ein junger Manu<lb/> aus Königsberg, der sich bis dahin mir durch eben so pikante als scharfsinnige<lb/> Theater-Recensionen in der Staatszeitung einen Namen gemacht hatte. Seine<lb/> ästhetische Wirksamkeit war gestört worden durch eine scharfe Kritik über Werber's<lb/> Columbus, welche deu alten Tieck zu eiuer heftigen Entgegnung veranlaßte. Die¬<lb/> ser Conflict mit einer höchsten Orts accrcditirten Autorität in poetischen Dingen<lb/> hatte damals Otterberg's Stellung an einem Hvfblatt unhaltbar gemacht. Für<lb/> die neuen Regierungen dagegen war eine geistvolle Opposition gegen die herr¬<lb/> schenden Ansichten, wenn sie eine gewisse Grenze uicht überschritt, eine Empfehlung.</p><lb/> <p xml:id="ID_295" next="#ID_296"> Die deutsche Reform hat es nie verleugnen können, daß sowohl ihr Redacteur<lb/> als die meisten der übrigen Mitarbeiter ursprünglich vou eiuer ästhetische» Bildung<lb/> ausgingen. Nicht allein in dem Ton zeigte es sich, der höchlich gegen die conven-<lb/> tionelle Sprache der bisherigen Presse verstieß — Esprit und Grazie in der Zci-<lb/> tuugSsprache war bis dahin etwas Unerhörtes — souderu auch in der politischen<lb/> Haltung. Die deutsche Reform war ein Partciblatt und sollte es sein; aber sie<lb/> war es nicht naiv, sondern reflectirt. Sie war liberal in ihren Ansichten, das'<lb/> ist sowohl ein Lob als ein Tadel. Ein Lob, denn es schließt die Einseitigkeit<lb/> aus, diese Neigung, für die gesammte Partei solidarisch einzutreten, und ebenso<lb/> die gesammten Geguer für Alles, was auf der andern Seite vorgeht, solidarisch<lb/> verantwortlich zu mache»; el» Tadel, deun bei dem Mangel einer positi¬<lb/> ven, leidenschaftlichen Ueberzeugung, die nothwendig mit einem unmittelbaren<lb/> Zweck verbunden sein muß, ist man zu leicht der Gefahr ausgesetzt, sich<lb/> durch verwandte Seiten, auch wo mau im Wesen nicht übereinstimmt, bestechen<lb/> zu lassen. Die deutsche Reform war zu geneigt, an den hervorragenden Persönlich¬<lb/> keiten der Linken in der preußischen Constituante, die freilich jedem Unbefangenen<lb/> ein höheres Interesse einflößten, als die trockene» Verfechter der Ruhe ^ tout prix,<lb/> ein bedenkliches Wohlgefallen zu finden, ohne doch dadurch eine Vermittlung an¬<lb/> zubahnen, denn auf das Wesen der Sache erstreckte sich diese Liberalität keines¬<lb/> wegs. Um mit Schicklichkeit liberal sein zu können, muß man in seiner eignen<lb/> Ueberzeugung, in seinem eignen Willen sehr fest stehn. Die deutsche Reform konnte</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0096]
Regierung subventionirt. Wie dem auch sei, mau konnte sie nie als eigentliches
Regierungsblatt bezeichnen, wenigstens war von einem direkten Einfluß keine Rede
— was vielleicht zum Theil darin seinen Grund hatte, daß die Principien der
Regierung selbst nicht allzufest standen. Jedenfalls waren die Geldmittel nicht
im Verhältniß zu den Ansprüchen des Blattes, das auch durch die ziemlich schnell
anwachsende Abonnentenzahl nicht im Entferntesten gedeckt werden konnte. Man
hatte daher oft genug zu der Besorgnis; Veranlassung, sie möchte einges», und
seit dem Zusammentritt der preußischen Kammern scheint sie durch die Unterstützung
der Partei gehalten zu sein, bis diese sich in Folge der Differenz in der deutscheu
Frage auflöste.
Die Redaction des Blattes leitete Herr Otterberg, ein junger Manu
aus Königsberg, der sich bis dahin mir durch eben so pikante als scharfsinnige
Theater-Recensionen in der Staatszeitung einen Namen gemacht hatte. Seine
ästhetische Wirksamkeit war gestört worden durch eine scharfe Kritik über Werber's
Columbus, welche deu alten Tieck zu eiuer heftigen Entgegnung veranlaßte. Die¬
ser Conflict mit einer höchsten Orts accrcditirten Autorität in poetischen Dingen
hatte damals Otterberg's Stellung an einem Hvfblatt unhaltbar gemacht. Für
die neuen Regierungen dagegen war eine geistvolle Opposition gegen die herr¬
schenden Ansichten, wenn sie eine gewisse Grenze uicht überschritt, eine Empfehlung.
Die deutsche Reform hat es nie verleugnen können, daß sowohl ihr Redacteur
als die meisten der übrigen Mitarbeiter ursprünglich vou eiuer ästhetische» Bildung
ausgingen. Nicht allein in dem Ton zeigte es sich, der höchlich gegen die conven-
tionelle Sprache der bisherigen Presse verstieß — Esprit und Grazie in der Zci-
tuugSsprache war bis dahin etwas Unerhörtes — souderu auch in der politischen
Haltung. Die deutsche Reform war ein Partciblatt und sollte es sein; aber sie
war es nicht naiv, sondern reflectirt. Sie war liberal in ihren Ansichten, das'
ist sowohl ein Lob als ein Tadel. Ein Lob, denn es schließt die Einseitigkeit
aus, diese Neigung, für die gesammte Partei solidarisch einzutreten, und ebenso
die gesammten Geguer für Alles, was auf der andern Seite vorgeht, solidarisch
verantwortlich zu mache»; el» Tadel, deun bei dem Mangel einer positi¬
ven, leidenschaftlichen Ueberzeugung, die nothwendig mit einem unmittelbaren
Zweck verbunden sein muß, ist man zu leicht der Gefahr ausgesetzt, sich
durch verwandte Seiten, auch wo mau im Wesen nicht übereinstimmt, bestechen
zu lassen. Die deutsche Reform war zu geneigt, an den hervorragenden Persönlich¬
keiten der Linken in der preußischen Constituante, die freilich jedem Unbefangenen
ein höheres Interesse einflößten, als die trockene» Verfechter der Ruhe ^ tout prix,
ein bedenkliches Wohlgefallen zu finden, ohne doch dadurch eine Vermittlung an¬
zubahnen, denn auf das Wesen der Sache erstreckte sich diese Liberalität keines¬
wegs. Um mit Schicklichkeit liberal sein zu können, muß man in seiner eignen
Ueberzeugung, in seinem eignen Willen sehr fest stehn. Die deutsche Reform konnte
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