Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Prinzen Eugen v. Savoyen übertragen (2. April). Trotz der allgemeinen Unzu¬
friedenheit, welche dieses Ende des Krieges im piemontesischen Volk erregte, brach
nur in Genua ein Aufstand aus (24. März); ihn beizulegen, rückte General Al-
fons la Marmora (3. April) vor die Stadt, und hielt (I I. April) seinen Einzug,
dem Haupt der Revolution Joseph Avezzana, wurde Gelegenheit gegeben,
nach Amerika zu entkommen. In der Lvmbardi hatte nur Brescia sich erhoben
(25. März), verleitet durch eine untergeschobene Proclamation Chrzanowsky's,
aber nach einem furchtbaren Bombardement wurde sie durch Feldmarschall Haynau
erstürmt und mit abschreckender Grausamkeit gezüchtigt; (>. April) die Anführer
(darunter Camozzi), entflohen.

Die unerwartet schnelle Entscheidung brachte vorübergehend die demokratische
Partei zu neuen Anstrengungen. Die constituireude Versammlung für Toscana
übergab (27. März) Gncrrazzi die Dictator; in Rom wurde sie (30. März) Jo¬
hann Mazzini übertrage", dem berühmten Chef des jungen Italien, d^in un¬
ermüdlichen Verschwörer, der nach seiner Abreise aus London am 0. März zuerst
seinen Platz in der Costituente eingenommen hatte. Zwei andere Volksmänner,
Saffi und Armellini, wurden ihm zur Seite gestellt. Die Nationalversamm¬
lung selbst wählte (10. April) Galetti zum Präsidenten, Karl Bonoparte
und Salicetti zu Viceprästdenten.

Aber bald darauf begann die Reaction. In Modena zog Herzog Franz
den 15. April ein, eingeführt durch die Oestreichs unter Kolowrat; anch in
Massa wurde seine Herrschaft wieder hergestellt (2et. April). Parma wurde durch
General d'Aspre (S.April) im Namen des abwesenden Herzogs restituirt; der Her¬
zog selbst (Karl III. v. Bourbon) hielt deu 17. Mai in Piacenza seinen Einzug.
In Florenz war es die Bürgerschaft, von der eine unblutige Reaction ausging.
Der Dictator Guerrazzi wurde verhaftet (12. April), der Stadtrath übernahm die
provisorische Regierung, berief Montanclli, der als Gesandter nach Paris gegan¬
gen war, zurück, löste die constituireude Versammlung und die Municipalgarde auf,
bildete ein neues, gemäßigtes Ministerium (Tonnetti, Martini, Taberini,
Allegretti, Duchoqnes, Belluomini), und forderte den Großherzog auf,
zurückzukehren (13. April). Dieser gab der neuen Regierung vorläufig seine Be¬
stätigung, (sie wurde später, 17. durch ein neues Ministerium ersetzt: Finanzen
B aldasseroni, Innres Landucci, Justiz Capoquadro, Auswärtiges Fürst
Andrea Corsini, Cultus Jac. Mazzei, Unterricht Cesar Boccella, Krieg
de Lau gier), während gleichzeitig die östreichische Armee unter d'Aspre in Lucca
und Pisa einrückte (5. Mai). Nur in Livorno behauptete sich die Republik, vor¬
zugsweise gestützt aus das Proletariat; doch auch diese Stadt mußte sich (10. Mai)
an d'Aspre ergeben, und hier wie in ganz Italien wurde das Standrecht gegen
die Ueberwundenen mit allem Uebermuth eines heftig erbitterten Siegers ausge¬
übt. -- Jetzt begannen die Operationen gegen den Kirchenstaat., Bologna, vom


Prinzen Eugen v. Savoyen übertragen (2. April). Trotz der allgemeinen Unzu¬
friedenheit, welche dieses Ende des Krieges im piemontesischen Volk erregte, brach
nur in Genua ein Aufstand aus (24. März); ihn beizulegen, rückte General Al-
fons la Marmora (3. April) vor die Stadt, und hielt (I I. April) seinen Einzug,
dem Haupt der Revolution Joseph Avezzana, wurde Gelegenheit gegeben,
nach Amerika zu entkommen. In der Lvmbardi hatte nur Brescia sich erhoben
(25. März), verleitet durch eine untergeschobene Proclamation Chrzanowsky's,
aber nach einem furchtbaren Bombardement wurde sie durch Feldmarschall Haynau
erstürmt und mit abschreckender Grausamkeit gezüchtigt; (>. April) die Anführer
(darunter Camozzi), entflohen.

Die unerwartet schnelle Entscheidung brachte vorübergehend die demokratische
Partei zu neuen Anstrengungen. Die constituireude Versammlung für Toscana
übergab (27. März) Gncrrazzi die Dictator; in Rom wurde sie (30. März) Jo¬
hann Mazzini übertrage», dem berühmten Chef des jungen Italien, d^in un¬
ermüdlichen Verschwörer, der nach seiner Abreise aus London am 0. März zuerst
seinen Platz in der Costituente eingenommen hatte. Zwei andere Volksmänner,
Saffi und Armellini, wurden ihm zur Seite gestellt. Die Nationalversamm¬
lung selbst wählte (10. April) Galetti zum Präsidenten, Karl Bonoparte
und Salicetti zu Viceprästdenten.

Aber bald darauf begann die Reaction. In Modena zog Herzog Franz
den 15. April ein, eingeführt durch die Oestreichs unter Kolowrat; anch in
Massa wurde seine Herrschaft wieder hergestellt (2et. April). Parma wurde durch
General d'Aspre (S.April) im Namen des abwesenden Herzogs restituirt; der Her¬
zog selbst (Karl III. v. Bourbon) hielt deu 17. Mai in Piacenza seinen Einzug.
In Florenz war es die Bürgerschaft, von der eine unblutige Reaction ausging.
Der Dictator Guerrazzi wurde verhaftet (12. April), der Stadtrath übernahm die
provisorische Regierung, berief Montanclli, der als Gesandter nach Paris gegan¬
gen war, zurück, löste die constituireude Versammlung und die Municipalgarde auf,
bildete ein neues, gemäßigtes Ministerium (Tonnetti, Martini, Taberini,
Allegretti, Duchoqnes, Belluomini), und forderte den Großherzog auf,
zurückzukehren (13. April). Dieser gab der neuen Regierung vorläufig seine Be¬
stätigung, (sie wurde später, 17. durch ein neues Ministerium ersetzt: Finanzen
B aldasseroni, Innres Landucci, Justiz Capoquadro, Auswärtiges Fürst
Andrea Corsini, Cultus Jac. Mazzei, Unterricht Cesar Boccella, Krieg
de Lau gier), während gleichzeitig die östreichische Armee unter d'Aspre in Lucca
und Pisa einrückte (5. Mai). Nur in Livorno behauptete sich die Republik, vor¬
zugsweise gestützt aus das Proletariat; doch auch diese Stadt mußte sich (10. Mai)
an d'Aspre ergeben, und hier wie in ganz Italien wurde das Standrecht gegen
die Ueberwundenen mit allem Uebermuth eines heftig erbitterten Siegers ausge¬
übt. — Jetzt begannen die Operationen gegen den Kirchenstaat., Bologna, vom


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0092" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279118"/>
            <p xml:id="ID_282" prev="#ID_281"> Prinzen Eugen v. Savoyen übertragen (2. April). Trotz der allgemeinen Unzu¬<lb/>
friedenheit, welche dieses Ende des Krieges im piemontesischen Volk erregte, brach<lb/>
nur in Genua ein Aufstand aus (24. März); ihn beizulegen, rückte General Al-<lb/>
fons la Marmora (3. April) vor die Stadt, und hielt (I I. April) seinen Einzug,<lb/>
dem Haupt der Revolution Joseph Avezzana, wurde Gelegenheit gegeben,<lb/>
nach Amerika zu entkommen. In der Lvmbardi hatte nur Brescia sich erhoben<lb/>
(25. März), verleitet durch eine untergeschobene Proclamation Chrzanowsky's,<lb/>
aber nach einem furchtbaren Bombardement wurde sie durch Feldmarschall Haynau<lb/>
erstürmt und mit abschreckender Grausamkeit gezüchtigt; (&gt;. April) die Anführer<lb/>
(darunter Camozzi), entflohen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_283"> Die unerwartet schnelle Entscheidung brachte vorübergehend die demokratische<lb/>
Partei zu neuen Anstrengungen. Die constituireude Versammlung für Toscana<lb/>
übergab (27. März) Gncrrazzi die Dictator; in Rom wurde sie (30. März) Jo¬<lb/>
hann Mazzini übertrage», dem berühmten Chef des jungen Italien, d^in un¬<lb/>
ermüdlichen Verschwörer, der nach seiner Abreise aus London am 0. März zuerst<lb/>
seinen Platz in der Costituente eingenommen hatte. Zwei andere Volksmänner,<lb/>
Saffi und Armellini, wurden ihm zur Seite gestellt. Die Nationalversamm¬<lb/>
lung selbst wählte (10. April) Galetti zum Präsidenten, Karl Bonoparte<lb/>
und Salicetti zu Viceprästdenten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_284" next="#ID_285"> Aber bald darauf begann die Reaction. In Modena zog Herzog Franz<lb/>
den 15. April ein, eingeführt durch die Oestreichs unter Kolowrat; anch in<lb/>
Massa wurde seine Herrschaft wieder hergestellt (2et. April). Parma wurde durch<lb/>
General d'Aspre (S.April) im Namen des abwesenden Herzogs restituirt; der Her¬<lb/>
zog selbst (Karl III. v. Bourbon) hielt deu 17. Mai in Piacenza seinen Einzug.<lb/>
In Florenz war es die Bürgerschaft, von der eine unblutige Reaction ausging.<lb/>
Der Dictator Guerrazzi wurde verhaftet (12. April), der Stadtrath übernahm die<lb/>
provisorische Regierung, berief Montanclli, der als Gesandter nach Paris gegan¬<lb/>
gen war, zurück, löste die constituireude Versammlung und die Municipalgarde auf,<lb/>
bildete ein neues, gemäßigtes Ministerium (Tonnetti, Martini, Taberini,<lb/>
Allegretti, Duchoqnes, Belluomini), und forderte den Großherzog auf,<lb/>
zurückzukehren (13. April). Dieser gab der neuen Regierung vorläufig seine Be¬<lb/>
stätigung, (sie wurde später, 17. durch ein neues Ministerium ersetzt: Finanzen<lb/>
B aldasseroni, Innres Landucci, Justiz Capoquadro, Auswärtiges Fürst<lb/>
Andrea Corsini, Cultus Jac. Mazzei, Unterricht Cesar Boccella, Krieg<lb/>
de Lau gier), während gleichzeitig die östreichische Armee unter d'Aspre in Lucca<lb/>
und Pisa einrückte (5. Mai). Nur in Livorno behauptete sich die Republik, vor¬<lb/>
zugsweise gestützt aus das Proletariat; doch auch diese Stadt mußte sich (10. Mai)<lb/>
an d'Aspre ergeben, und hier wie in ganz Italien wurde das Standrecht gegen<lb/>
die Ueberwundenen mit allem Uebermuth eines heftig erbitterten Siegers ausge¬<lb/>
übt. &#x2014; Jetzt begannen die Operationen gegen den Kirchenstaat., Bologna, vom</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0092] Prinzen Eugen v. Savoyen übertragen (2. April). Trotz der allgemeinen Unzu¬ friedenheit, welche dieses Ende des Krieges im piemontesischen Volk erregte, brach nur in Genua ein Aufstand aus (24. März); ihn beizulegen, rückte General Al- fons la Marmora (3. April) vor die Stadt, und hielt (I I. April) seinen Einzug, dem Haupt der Revolution Joseph Avezzana, wurde Gelegenheit gegeben, nach Amerika zu entkommen. In der Lvmbardi hatte nur Brescia sich erhoben (25. März), verleitet durch eine untergeschobene Proclamation Chrzanowsky's, aber nach einem furchtbaren Bombardement wurde sie durch Feldmarschall Haynau erstürmt und mit abschreckender Grausamkeit gezüchtigt; (>. April) die Anführer (darunter Camozzi), entflohen. Die unerwartet schnelle Entscheidung brachte vorübergehend die demokratische Partei zu neuen Anstrengungen. Die constituireude Versammlung für Toscana übergab (27. März) Gncrrazzi die Dictator; in Rom wurde sie (30. März) Jo¬ hann Mazzini übertrage», dem berühmten Chef des jungen Italien, d^in un¬ ermüdlichen Verschwörer, der nach seiner Abreise aus London am 0. März zuerst seinen Platz in der Costituente eingenommen hatte. Zwei andere Volksmänner, Saffi und Armellini, wurden ihm zur Seite gestellt. Die Nationalversamm¬ lung selbst wählte (10. April) Galetti zum Präsidenten, Karl Bonoparte und Salicetti zu Viceprästdenten. Aber bald darauf begann die Reaction. In Modena zog Herzog Franz den 15. April ein, eingeführt durch die Oestreichs unter Kolowrat; anch in Massa wurde seine Herrschaft wieder hergestellt (2et. April). Parma wurde durch General d'Aspre (S.April) im Namen des abwesenden Herzogs restituirt; der Her¬ zog selbst (Karl III. v. Bourbon) hielt deu 17. Mai in Piacenza seinen Einzug. In Florenz war es die Bürgerschaft, von der eine unblutige Reaction ausging. Der Dictator Guerrazzi wurde verhaftet (12. April), der Stadtrath übernahm die provisorische Regierung, berief Montanclli, der als Gesandter nach Paris gegan¬ gen war, zurück, löste die constituireude Versammlung und die Municipalgarde auf, bildete ein neues, gemäßigtes Ministerium (Tonnetti, Martini, Taberini, Allegretti, Duchoqnes, Belluomini), und forderte den Großherzog auf, zurückzukehren (13. April). Dieser gab der neuen Regierung vorläufig seine Be¬ stätigung, (sie wurde später, 17. durch ein neues Ministerium ersetzt: Finanzen B aldasseroni, Innres Landucci, Justiz Capoquadro, Auswärtiges Fürst Andrea Corsini, Cultus Jac. Mazzei, Unterricht Cesar Boccella, Krieg de Lau gier), während gleichzeitig die östreichische Armee unter d'Aspre in Lucca und Pisa einrückte (5. Mai). Nur in Livorno behauptete sich die Republik, vor¬ zugsweise gestützt aus das Proletariat; doch auch diese Stadt mußte sich (10. Mai) an d'Aspre ergeben, und hier wie in ganz Italien wurde das Standrecht gegen die Ueberwundenen mit allem Uebermuth eines heftig erbitterten Siegers ausge¬ übt. — Jetzt begannen die Operationen gegen den Kirchenstaat., Bologna, vom

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/92
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/92>, abgerufen am 05.02.2025.