Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Pfeilen und Lanzenbündeln ungekannt und ungeachtet gelegen hatte und die Her¬ ") In deutscher Sprache fanden sich drei Uebersetzer- Prof. W. A. Swoboda, Graf Ma¬
thias Thun und Moritz Hartmann. Die Übersetzung des Erstem ist die beste. Pfeilen und Lanzenbündeln ungekannt und ungeachtet gelegen hatte und die Her¬ ») In deutscher Sprache fanden sich drei Uebersetzer- Prof. W. A. Swoboda, Graf Ma¬
thias Thun und Moritz Hartmann. Die Übersetzung des Erstem ist die beste. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0080" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279106"/> <p xml:id="ID_250" prev="#ID_249" next="#ID_251"> Pfeilen und Lanzenbündeln ungekannt und ungeachtet gelegen hatte und die Her¬<lb/> ausgabe und Jntcrpretirung dieses größten Schatzes der alten lyrischen und ro¬<lb/> mantischen Poesie der Böhmen, verschaffte Hanka bald einen europäischen Ruf.<lb/> Die Königinhvser Handschrift hat nun wohl schon unter Hauka's Leitung ihre<lb/> zwölfte Auflage erlebt und ist in's Deutsche/) Englische, Französische, Russische,<lb/> Polnische, Kroatische, serbische und Wendische übersetzt worden. Hanka hat sich<lb/> große Verdienste um das Institut, welchem er mit aufopfernder Thätigkeit vor¬<lb/> steht, erworben, größere noch um die Literatur der Czechen, in welcher er als Phi¬<lb/> lolog, Archäolog und Historiker bedeutend dasteht. Hauka's Schriften werden bei<lb/> den übrigen Slaven sehr hoch geschätzt, namentlich bei den Polen und Russen.<lb/> Die Brust des Bauernsvhncs zieren jetzt zwei Orden, er ist Mitglied von<lb/> mehr als dreißig gelehrten Gesellschaften, ja der Kaiser von Rußland ließ eine<lb/> Medaille mit Hanka's Portrait zu seinen Ehren schlagen. Warum soll er sich nicht<lb/> darüber freuen? — Hanka ist bei einer und der andern barocken Eigenheit ein<lb/> dnrch und durch edler, gediegener Charakter, und trotz der russischen Ehrenzeichen<lb/> schlägt in ihm ein echt vvlksfrenndliches Herz. Von außen ein aristokratischer Ge¬<lb/> lehrter, in seinem Herzen ein Demokrat vom reinsten Wasser, ist er doch bei all<lb/> seiner großen Gelehrsamkeit nichts weniger, als eine politische Kapacität. Seine<lb/> Thätigkeit als Präsident der «I»vim«Jia im-is, war eine rein cercmonielle, er war<lb/> ein bloßer Name, nie aber ein wirklicher Factor der Agitation. H. hielt sich<lb/> nicht aus kluger Vorsicht so passiv, soudern aus solcher Selbstkenntniß, weil er<lb/> wohl einsah, daß seine politische Bildung weit hinter seinen redlichen Willen<lb/> und seiner übrigen Gelehrsamkeit nachhinke; aus eben diesem Grunde hat er auch<lb/> den Posten eines Deputirten zum ersten östreichischen Reichstage, welcher ihm von<lb/> drei oder vier Wahlbezirken angetragen worden war, entschieden abgelehnt. Hät¬<lb/> ten dies «un auch manche Andere eben so ehrlich gethan! — AIS Gelehrter ist<lb/> Hanka ein fleißiger Sammler, seine Kenntniß der Details ist sehr umfangreich, seine<lb/> Seele vertieft sich g->r» und mit Vorliebe in das Einzelne; große Gesichtspunkte<lb/> zu finden, die Masse des Stoffs bewältigen, um den Geist herauszuziehen, ist<lb/> seine Sache nicht. In seinen Combinationen einzelner Fakta und Notizen ist er<lb/> eben so ängstlich, als er in der Auffindung des Einzelnen sicher und gründlich<lb/> ist. Die schöpferische Kraft, welche der große Historiker so gut haben muß, als<lb/> der Künstler und der Staatsmann, fehlt ihm. Demungeachtet ist er grade für<lb/> die czechische Literatur, welcher Gründlichkeit und Unparteilichkeit noch sehr Noth<lb/> thut, ein wahrer Schatz. Hanka's zahlreiche Originalschristen und seine noch viel<lb/> zahlreichern Editionen alter Litcraturmvnnmente, vpei-it ziostKuma und Fortsetzun¬<lb/> gen neuerer gelehrter Werke möchten wohl eine kleine Bibliothek füllen. Der</p><lb/> <note xml:id="FID_5" place="foot"> ») In deutscher Sprache fanden sich drei Uebersetzer- Prof. W. A. Swoboda, Graf Ma¬<lb/> thias Thun und Moritz Hartmann. Die Übersetzung des Erstem ist die beste.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0080]
Pfeilen und Lanzenbündeln ungekannt und ungeachtet gelegen hatte und die Her¬
ausgabe und Jntcrpretirung dieses größten Schatzes der alten lyrischen und ro¬
mantischen Poesie der Böhmen, verschaffte Hanka bald einen europäischen Ruf.
Die Königinhvser Handschrift hat nun wohl schon unter Hauka's Leitung ihre
zwölfte Auflage erlebt und ist in's Deutsche/) Englische, Französische, Russische,
Polnische, Kroatische, serbische und Wendische übersetzt worden. Hanka hat sich
große Verdienste um das Institut, welchem er mit aufopfernder Thätigkeit vor¬
steht, erworben, größere noch um die Literatur der Czechen, in welcher er als Phi¬
lolog, Archäolog und Historiker bedeutend dasteht. Hauka's Schriften werden bei
den übrigen Slaven sehr hoch geschätzt, namentlich bei den Polen und Russen.
Die Brust des Bauernsvhncs zieren jetzt zwei Orden, er ist Mitglied von
mehr als dreißig gelehrten Gesellschaften, ja der Kaiser von Rußland ließ eine
Medaille mit Hanka's Portrait zu seinen Ehren schlagen. Warum soll er sich nicht
darüber freuen? — Hanka ist bei einer und der andern barocken Eigenheit ein
dnrch und durch edler, gediegener Charakter, und trotz der russischen Ehrenzeichen
schlägt in ihm ein echt vvlksfrenndliches Herz. Von außen ein aristokratischer Ge¬
lehrter, in seinem Herzen ein Demokrat vom reinsten Wasser, ist er doch bei all
seiner großen Gelehrsamkeit nichts weniger, als eine politische Kapacität. Seine
Thätigkeit als Präsident der «I»vim«Jia im-is, war eine rein cercmonielle, er war
ein bloßer Name, nie aber ein wirklicher Factor der Agitation. H. hielt sich
nicht aus kluger Vorsicht so passiv, soudern aus solcher Selbstkenntniß, weil er
wohl einsah, daß seine politische Bildung weit hinter seinen redlichen Willen
und seiner übrigen Gelehrsamkeit nachhinke; aus eben diesem Grunde hat er auch
den Posten eines Deputirten zum ersten östreichischen Reichstage, welcher ihm von
drei oder vier Wahlbezirken angetragen worden war, entschieden abgelehnt. Hät¬
ten dies «un auch manche Andere eben so ehrlich gethan! — AIS Gelehrter ist
Hanka ein fleißiger Sammler, seine Kenntniß der Details ist sehr umfangreich, seine
Seele vertieft sich g->r» und mit Vorliebe in das Einzelne; große Gesichtspunkte
zu finden, die Masse des Stoffs bewältigen, um den Geist herauszuziehen, ist
seine Sache nicht. In seinen Combinationen einzelner Fakta und Notizen ist er
eben so ängstlich, als er in der Auffindung des Einzelnen sicher und gründlich
ist. Die schöpferische Kraft, welche der große Historiker so gut haben muß, als
der Künstler und der Staatsmann, fehlt ihm. Demungeachtet ist er grade für
die czechische Literatur, welcher Gründlichkeit und Unparteilichkeit noch sehr Noth
thut, ein wahrer Schatz. Hanka's zahlreiche Originalschristen und seine noch viel
zahlreichern Editionen alter Litcraturmvnnmente, vpei-it ziostKuma und Fortsetzun¬
gen neuerer gelehrter Werke möchten wohl eine kleine Bibliothek füllen. Der
») In deutscher Sprache fanden sich drei Uebersetzer- Prof. W. A. Swoboda, Graf Ma¬
thias Thun und Moritz Hartmann. Die Übersetzung des Erstem ist die beste.
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