Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.lich politische Färbung erhielt und mit der traurigen Wendung der Dinge in Oest¬ Es konnte nicht ausbleiben, daß Herr v. Brück, welcher schon seit langen Die Slaven glaubten ein Anrecht ans ihn zu haben, da die Bevölkerung von Zu der italienischen Partei, welche alle übrigen gegen sich hatte, kam auch Die Sache hatte übrigens einen ernsthaften Anstrich. Man sprach offen von lich politische Färbung erhielt und mit der traurigen Wendung der Dinge in Oest¬ Es konnte nicht ausbleiben, daß Herr v. Brück, welcher schon seit langen Die Slaven glaubten ein Anrecht ans ihn zu haben, da die Bevölkerung von Zu der italienischen Partei, welche alle übrigen gegen sich hatte, kam auch Die Sache hatte übrigens einen ernsthaften Anstrich. Man sprach offen von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0074" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279100"/> <p xml:id="ID_219" prev="#ID_218"> lich politische Färbung erhielt und mit der traurigen Wendung der Dinge in Oest¬<lb/> reich, ebenfalls eine traurige Wendung nahm. Hieran trägt Brück keine Schuld,<lb/> da das Journal, während er als östreichischer Bevollmächtigter bei der Central-<lb/> gewalt in Frankfurt weilte, durch eine Intrigue in andere Hände überging, waS<lb/> Niemand mehr bedauerte als er selbst. Das ebenfalls von ihm gegründete, in<lb/> italienischer Sprache erscheinende Lia-linke lien^I»)«! -mstli-deo besteht noch fort; das<lb/> Blatt fristet aber ebenfalls, seit ihm des Gründers belebender Einfluß fehlt, sein<lb/> Dasein nur kümmerlich. Dagegen hat er jetzt in Wien ein neues uationalöko-<lb/> nomisches Blatt, die Austria, ins Leben gerufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_220"> Es konnte nicht ausbleiben, daß Herr v. Brück, welcher schon seit langen<lb/> Jahren ans die Bewohner von Trieft einen leitenden Einfluß ausübte, auch nach<lb/> der Märzrevolution eine hervorragende Rolle spielte. Seine Stellung war damals<lb/> eine äußerst schwierige. Die sonst so friedliche Bevölkerung von Triest war in vier<lb/> einander feindlich gegenüberstehende Parteien gespalten, in eine slavische, eine<lb/> italienische, eine reindeutsche und eine reinöstreichische Partei. Jede dieser Par¬<lb/> teien wollte ihre Svuderinteressen zur Geltung bringen, und jede wollte Herrn<lb/> v. Brück zum Vertreter dieser Interessen haben. Brück mochte also wählen wie er<lb/> wollte: durch die Freundschaft der einen zog er immer die Feindschaft der drei<lb/> anderen auf sich.</p><lb/> <p xml:id="ID_221"> Die Slaven glaubten ein Anrecht ans ihn zu haben, da die Bevölkerung von<lb/> Trieft der Mehrzahl nach slavischer Abkunft ist; die Italiener — weil in Triest<lb/> ihre Sprache die vorherrschende ist; die Deutschen — weil Brück seiner Herkunft<lb/> nach ein Deutscher ist; und die specifischen Oestreichs — weil Oestreich sein zweites,<lb/> Vaterland geworden.</p><lb/> <p xml:id="ID_222"> Zu der italienischen Partei, welche alle übrigen gegen sich hatte, kam auch<lb/> Brück durch einen Vorfall, der ihm beinahe das Leben gekostet hätte, in eine ent¬<lb/> schieden feindliche Stellung. Der siegreiche Aufstand der Lombardei, das fabel¬<lb/> hafte Verschwinden der Oestreichs ans Venedig, der Rückzug Radetzky's und die<lb/> feige Flucht Palffy's und ZlchY'S ans der Lagunenstadt hatten auch in den Trichi¬<lb/> nen, italienischen Blutes nationale Gelüste und Hoffnungen rege gemacht, deren<lb/> erste Aeußerungen darin bestanden, daß sie die öffentlichen Gebände und Kaffeehäuser<lb/> der Stadt mit den Namen der Koryphäen der lvmbardo-venetianischen Revolution<lb/> schmückten, italienische Freihcitslieder und Spottlieder ans die deutschen sangen,<lb/> die italienischen Farben aufsteckten und die deutschen Farben verunglimpften, und<lb/> was dergleichen liebenswürdige Unarten mehr waren. ,</p><lb/> <p xml:id="ID_223"> Die Sache hatte übrigens einen ernsthaften Anstrich. Man sprach offen von<lb/> einem Anschluß an die verjüngte Republik Venedig, ein Plan, der damals, wo<lb/> das ganze Kaiserreich aus seinen Fugen gegangen war, leicht auszuführen gewesen<lb/> wäre, wenn sich die übrige Bevölkerung von Triest nicht entschieden dagegen auf¬<lb/> gelehnt hätte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0074]
lich politische Färbung erhielt und mit der traurigen Wendung der Dinge in Oest¬
reich, ebenfalls eine traurige Wendung nahm. Hieran trägt Brück keine Schuld,
da das Journal, während er als östreichischer Bevollmächtigter bei der Central-
gewalt in Frankfurt weilte, durch eine Intrigue in andere Hände überging, waS
Niemand mehr bedauerte als er selbst. Das ebenfalls von ihm gegründete, in
italienischer Sprache erscheinende Lia-linke lien^I»)«! -mstli-deo besteht noch fort; das
Blatt fristet aber ebenfalls, seit ihm des Gründers belebender Einfluß fehlt, sein
Dasein nur kümmerlich. Dagegen hat er jetzt in Wien ein neues uationalöko-
nomisches Blatt, die Austria, ins Leben gerufen.
Es konnte nicht ausbleiben, daß Herr v. Brück, welcher schon seit langen
Jahren ans die Bewohner von Trieft einen leitenden Einfluß ausübte, auch nach
der Märzrevolution eine hervorragende Rolle spielte. Seine Stellung war damals
eine äußerst schwierige. Die sonst so friedliche Bevölkerung von Triest war in vier
einander feindlich gegenüberstehende Parteien gespalten, in eine slavische, eine
italienische, eine reindeutsche und eine reinöstreichische Partei. Jede dieser Par¬
teien wollte ihre Svuderinteressen zur Geltung bringen, und jede wollte Herrn
v. Brück zum Vertreter dieser Interessen haben. Brück mochte also wählen wie er
wollte: durch die Freundschaft der einen zog er immer die Feindschaft der drei
anderen auf sich.
Die Slaven glaubten ein Anrecht ans ihn zu haben, da die Bevölkerung von
Trieft der Mehrzahl nach slavischer Abkunft ist; die Italiener — weil in Triest
ihre Sprache die vorherrschende ist; die Deutschen — weil Brück seiner Herkunft
nach ein Deutscher ist; und die specifischen Oestreichs — weil Oestreich sein zweites,
Vaterland geworden.
Zu der italienischen Partei, welche alle übrigen gegen sich hatte, kam auch
Brück durch einen Vorfall, der ihm beinahe das Leben gekostet hätte, in eine ent¬
schieden feindliche Stellung. Der siegreiche Aufstand der Lombardei, das fabel¬
hafte Verschwinden der Oestreichs ans Venedig, der Rückzug Radetzky's und die
feige Flucht Palffy's und ZlchY'S ans der Lagunenstadt hatten auch in den Trichi¬
nen, italienischen Blutes nationale Gelüste und Hoffnungen rege gemacht, deren
erste Aeußerungen darin bestanden, daß sie die öffentlichen Gebände und Kaffeehäuser
der Stadt mit den Namen der Koryphäen der lvmbardo-venetianischen Revolution
schmückten, italienische Freihcitslieder und Spottlieder ans die deutschen sangen,
die italienischen Farben aufsteckten und die deutschen Farben verunglimpften, und
was dergleichen liebenswürdige Unarten mehr waren. ,
Die Sache hatte übrigens einen ernsthaften Anstrich. Man sprach offen von
einem Anschluß an die verjüngte Republik Venedig, ein Plan, der damals, wo
das ganze Kaiserreich aus seinen Fugen gegangen war, leicht auszuführen gewesen
wäre, wenn sich die übrige Bevölkerung von Triest nicht entschieden dagegen auf¬
gelehnt hätte.
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