Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.weiteren rechtlichen Deductionen; der Aufstand der Herzogthümer und die deutsche Die deutschen Provinzen wollten nicht länger dänisch sein; sie machten in So griff man denn die dynastische Rechtsfrage auf. Freilich hätten die Da kam die Märzrevolution, die allgemeine Erhebung der Nationalitäten Für jetzt ist nichts weiter zu sagen; wir sind die Verlierenden, durch unfere weiteren rechtlichen Deductionen; der Aufstand der Herzogthümer und die deutsche Die deutschen Provinzen wollten nicht länger dänisch sein; sie machten in So griff man denn die dynastische Rechtsfrage auf. Freilich hätten die Da kam die Märzrevolution, die allgemeine Erhebung der Nationalitäten Für jetzt ist nichts weiter zu sagen; wir sind die Verlierenden, durch unfere <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279540"/> <p xml:id="ID_1757" prev="#ID_1756"> weiteren rechtlichen Deductionen; der Aufstand der Herzogthümer und die deutsche<lb/> Intervention war die Antwort.</p><lb/> <p xml:id="ID_1758"> Die deutschen Provinzen wollten nicht länger dänisch sein; sie machten in<lb/> Schleswig die gebildete Bevölkerung aus, und sahe» auf die Dänen, als anf die<lb/> niedere Klasse herab; sich von diesem Volk beherrschen zu lassen, konnte ihnen<lb/> nicht angemessen erscheinen, und daß die Dänen in der letzten Zeit sich in den<lb/> Herzogthümern ans eine ziemlich brutale Weise als die Herren präsentirten, wird<lb/> kein Däne leugnen können. Es bestand daher, lange vor jener Zeitungsagitation,<lb/> ein an Fanatismus grenzender Haß zwischen den Deutschen und den Dänen in<lb/> den Herzogthümern, und dieser Haß wurde keineswegs durch den Umstand gemin¬<lb/> dert, daß Dänemark das Fett der Herzogthümer abschöpfte, um seine eingebildete<lb/> europäische Rolle spielen zu können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1759"> So griff man denn die dynastische Rechtsfrage auf. Freilich hätten die<lb/> Dänen durch eine Abänderung ihres Königsgesetzes diese Seite leicht erledigen<lb/> können, aber damit w, ? die nationale Differenz nicht gelöst. Der deutsche Bund<lb/> befand sich fortwährend im Zustand großer Verlegenheit. Seinem ganzen Wehe»<lb/> nach mußte es ihm unbegreiflich sein, wie Unterthanen zu der Dreistigkeit kämen,<lb/> sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wer eigentlich ihr rechtmäßiger Herr sei.<lb/> Andererseits war es ihm doch wieder zu stark, ein anerkanntes Bundesland ge¬<lb/> radezu an eine fremde Krone zu verlieren. Noch viel verlegener war das preu¬<lb/> ßische Cabinet, und es ist ein eigenes Gefühl, wenn man in der Staatszeitung<lb/> hie und da einen Aufsatz findet, in welchen! der Preuße sich figürlich mit einem<lb/> möglichst ernsthaften Gesicht den Schnurrbart dreht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1760"> Da kam die Märzrevolution, die allgemeine Erhebung der Nationalitäten<lb/> gegen die blos dynastischen Interessen. Preußen wurde in den Krieg gedrängt;<lb/> es ließ sich willenlos fortreißen, ohne eigentlich von der Sache begeistert zu sein.<lb/> Darin lag seine Schuld und das Mißlingen des Unternehmens.</p><lb/> <p xml:id="ID_1761"> Für jetzt ist nichts weiter zu sagen; wir sind die Verlierenden, durch unfere<lb/> eigene Schuld. Bei der neuen Wendung der Dinge in Deutschland wird der<lb/> Krieg auch kaum wieder unternommen werden. Irgend ein Vergleich wird abge¬<lb/> schlossen werden, der die beiden vorigen an Verkehrtheit noch übertrifft, denn zu<lb/> einer vollständigen Abtretung der Herzogthümer an Dänemark wird sich selbst de>6<lb/> Ministerium Brandenburg kaum verstehe». Aber sobald Preußen oder Deutschland<lb/> sich aus seiner gegenwärtigen Erstarrung emporgerafft haben wird, muß es auch<lb/> diese Angelegenheit wieder betreiben, die für den Staat eben so eine Lebens¬<lb/> frage ist, als ehemals der Wiedergewinn von Danzig, Elbing u. s. w., die sog^<lb/> nannte Theilung Polens. Gleichviel, ob dann noch ein Haus Augustenburg ex>'<lb/> feire oder nicht.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0514]
weiteren rechtlichen Deductionen; der Aufstand der Herzogthümer und die deutsche
Intervention war die Antwort.
Die deutschen Provinzen wollten nicht länger dänisch sein; sie machten in
Schleswig die gebildete Bevölkerung aus, und sahe» auf die Dänen, als anf die
niedere Klasse herab; sich von diesem Volk beherrschen zu lassen, konnte ihnen
nicht angemessen erscheinen, und daß die Dänen in der letzten Zeit sich in den
Herzogthümern ans eine ziemlich brutale Weise als die Herren präsentirten, wird
kein Däne leugnen können. Es bestand daher, lange vor jener Zeitungsagitation,
ein an Fanatismus grenzender Haß zwischen den Deutschen und den Dänen in
den Herzogthümern, und dieser Haß wurde keineswegs durch den Umstand gemin¬
dert, daß Dänemark das Fett der Herzogthümer abschöpfte, um seine eingebildete
europäische Rolle spielen zu können.
So griff man denn die dynastische Rechtsfrage auf. Freilich hätten die
Dänen durch eine Abänderung ihres Königsgesetzes diese Seite leicht erledigen
können, aber damit w, ? die nationale Differenz nicht gelöst. Der deutsche Bund
befand sich fortwährend im Zustand großer Verlegenheit. Seinem ganzen Wehe»
nach mußte es ihm unbegreiflich sein, wie Unterthanen zu der Dreistigkeit kämen,
sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wer eigentlich ihr rechtmäßiger Herr sei.
Andererseits war es ihm doch wieder zu stark, ein anerkanntes Bundesland ge¬
radezu an eine fremde Krone zu verlieren. Noch viel verlegener war das preu¬
ßische Cabinet, und es ist ein eigenes Gefühl, wenn man in der Staatszeitung
hie und da einen Aufsatz findet, in welchen! der Preuße sich figürlich mit einem
möglichst ernsthaften Gesicht den Schnurrbart dreht.
Da kam die Märzrevolution, die allgemeine Erhebung der Nationalitäten
gegen die blos dynastischen Interessen. Preußen wurde in den Krieg gedrängt;
es ließ sich willenlos fortreißen, ohne eigentlich von der Sache begeistert zu sein.
Darin lag seine Schuld und das Mißlingen des Unternehmens.
Für jetzt ist nichts weiter zu sagen; wir sind die Verlierenden, durch unfere
eigene Schuld. Bei der neuen Wendung der Dinge in Deutschland wird der
Krieg auch kaum wieder unternommen werden. Irgend ein Vergleich wird abge¬
schlossen werden, der die beiden vorigen an Verkehrtheit noch übertrifft, denn zu
einer vollständigen Abtretung der Herzogthümer an Dänemark wird sich selbst de>6
Ministerium Brandenburg kaum verstehe». Aber sobald Preußen oder Deutschland
sich aus seiner gegenwärtigen Erstarrung emporgerafft haben wird, muß es auch
diese Angelegenheit wieder betreiben, die für den Staat eben so eine Lebens¬
frage ist, als ehemals der Wiedergewinn von Danzig, Elbing u. s. w., die sog^
nannte Theilung Polens. Gleichviel, ob dann noch ein Haus Augustenburg ex>'
feire oder nicht.
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