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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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Nun sind wir aber auch zu Ende. Wenn also der dänische Schriftsteller am
Schluß seiner Vorrede den Deutschen zuruft: "Zeigt, daß ihr Muth habt, die
^hre zu rette", indem ihr euch selbst sagt: wir wurden schändlich betrogen; nun
sind wir enttäuscht wordeu und sagen uns los von der Herrschaft der Lüge und
Ungerechtigkeit!" So ist dieser begeisterte Aufruf denn doch wohl nicht motivirt.

Einmal heben die Bemühungen des Herzogs, seine Rechtsansprüche durch die
Presse zu popularisircn, seine Rechtsansprüche nicht auf; eben so wenig widerspricht
sein Strebe", auch die Krone Dänemarks zu gewinnen, der Begründung seines
Anrechts auf die Herzogthümer.

Sodann handelte es sich bei diesem Kampfe nur der Form nach um Rechts¬
ansprüche. Vou den deutschen Volksmännern, die am lautesten den Krieg gegen
Dänemark gepredigt haben, hat gewiß nicht der zehnte Theil von der Existenz
eines Herzogs von Augustenburg etwas gewußt, und auch dieses Zehntel ist wahr-
^feig nicht durch die dynastischen Ansprüche in Begeisterung gerathen. Ist ja
doch Belgien auch ein unabhängiges Königreich geworden, obgleich die "Rechts¬
ansprüche" des Königs der Niederlande über allen Zweifel erhaben waren. Aber
^ belgische Nation wollte nicht mehr dem Schlepptau der Niederländischen fol-
^n, sie riß sich los, und Frankreich erklärte, trotz der Wiener Verträge: ich will,
^ ein mir stammverwandtes Volk nicht länger wider seinen Willen einem srem-
Volk gehorche. Diese Erklärung wurde von den legitimen Mächten respectirt,
man sich vor einem allgemeinen Krieg scheute. Wenn also Engländer, Fran-
Russen und Dänen jetzt wetteifernd die Hände ringen über die Usurpation
^ Königs von Preußen, der in den Herzogtümern dieselbe Rolle zu spielen
suchte, wie Louis Philipp in Belgien, so ist ein solcher Aufwand von Nechtsge-
überflüssig. Freilich würde es Rußland sehr unbequem sein, wenn Dänemark
Nrch bei, Verlust der Herzogthümer zu Gründe gerichtet würde, und damit der
, den es nach Belieben in das deutsche StaatSgefüge eintreiben konnte, ver-
ginge, freilich wird es dem brittischen Krämer fatal sein, wenn eine betrieb¬
ene Nation die Freiheit erlangt, auf dem Weltmarkt zu concurriren, freilich wird
wankreich es aus allen Kräften zu hindern suchen, daß Deutschland sich consvli-
und wir können nichts dagegen haben, denn sie handeln in ihrem Zu¬
messe avxr sie sollen sich nicht einbilden, uns mit ihrer Moral zu imponiren.

Was die Rechtsfrage betrifft, so war sie so verwickelt, so confus und in
yrer letzten Haltung so abgeschmackt, daß auf dem Wege der abstracten Juns-
ein M ^""6 möglich war. Sie konnte nur durch Gewalt, oder durch
der ^. der europäischen Mächte, das eigentlich anch nur eine ander" Form
den Z-^'^ ^' werden. In seinem offenen Briefe warf der dänische König
G ""/chen den Handschuh bin, denn er verbot, Kraft seines Beliebens, die
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"Sooden. "I. 184".65

Nun sind wir aber auch zu Ende. Wenn also der dänische Schriftsteller am
Schluß seiner Vorrede den Deutschen zuruft: „Zeigt, daß ihr Muth habt, die
^hre zu rette», indem ihr euch selbst sagt: wir wurden schändlich betrogen; nun
sind wir enttäuscht wordeu und sagen uns los von der Herrschaft der Lüge und
Ungerechtigkeit!" So ist dieser begeisterte Aufruf denn doch wohl nicht motivirt.

Einmal heben die Bemühungen des Herzogs, seine Rechtsansprüche durch die
Presse zu popularisircn, seine Rechtsansprüche nicht auf; eben so wenig widerspricht
sein Strebe», auch die Krone Dänemarks zu gewinnen, der Begründung seines
Anrechts auf die Herzogthümer.

Sodann handelte es sich bei diesem Kampfe nur der Form nach um Rechts¬
ansprüche. Vou den deutschen Volksmännern, die am lautesten den Krieg gegen
Dänemark gepredigt haben, hat gewiß nicht der zehnte Theil von der Existenz
eines Herzogs von Augustenburg etwas gewußt, und auch dieses Zehntel ist wahr-
^feig nicht durch die dynastischen Ansprüche in Begeisterung gerathen. Ist ja
doch Belgien auch ein unabhängiges Königreich geworden, obgleich die „Rechts¬
ansprüche" des Königs der Niederlande über allen Zweifel erhaben waren. Aber
^ belgische Nation wollte nicht mehr dem Schlepptau der Niederländischen fol-
^n, sie riß sich los, und Frankreich erklärte, trotz der Wiener Verträge: ich will,
^ ein mir stammverwandtes Volk nicht länger wider seinen Willen einem srem-
Volk gehorche. Diese Erklärung wurde von den legitimen Mächten respectirt,
man sich vor einem allgemeinen Krieg scheute. Wenn also Engländer, Fran-
Russen und Dänen jetzt wetteifernd die Hände ringen über die Usurpation
^ Königs von Preußen, der in den Herzogtümern dieselbe Rolle zu spielen
suchte, wie Louis Philipp in Belgien, so ist ein solcher Aufwand von Nechtsge-
überflüssig. Freilich würde es Rußland sehr unbequem sein, wenn Dänemark
Nrch bei, Verlust der Herzogthümer zu Gründe gerichtet würde, und damit der
, den es nach Belieben in das deutsche StaatSgefüge eintreiben konnte, ver-
ginge, freilich wird es dem brittischen Krämer fatal sein, wenn eine betrieb¬
ene Nation die Freiheit erlangt, auf dem Weltmarkt zu concurriren, freilich wird
wankreich es aus allen Kräften zu hindern suchen, daß Deutschland sich consvli-
und wir können nichts dagegen haben, denn sie handeln in ihrem Zu¬
messe avxr sie sollen sich nicht einbilden, uns mit ihrer Moral zu imponiren.

Was die Rechtsfrage betrifft, so war sie so verwickelt, so confus und in
yrer letzten Haltung so abgeschmackt, daß auf dem Wege der abstracten Juns-
ein M ^""6 möglich war. Sie konnte nur durch Gewalt, oder durch
der ^. der europäischen Mächte, das eigentlich anch nur eine ander« Form
den Z-^'^ ^' werden. In seinem offenen Briefe warf der dänische König
G ""/chen den Handschuh bin, denn er verbot, Kraft seines Beliebens, die
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[0513] Nun sind wir aber auch zu Ende. Wenn also der dänische Schriftsteller am Schluß seiner Vorrede den Deutschen zuruft: „Zeigt, daß ihr Muth habt, die ^hre zu rette», indem ihr euch selbst sagt: wir wurden schändlich betrogen; nun sind wir enttäuscht wordeu und sagen uns los von der Herrschaft der Lüge und Ungerechtigkeit!" So ist dieser begeisterte Aufruf denn doch wohl nicht motivirt. Einmal heben die Bemühungen des Herzogs, seine Rechtsansprüche durch die Presse zu popularisircn, seine Rechtsansprüche nicht auf; eben so wenig widerspricht sein Strebe», auch die Krone Dänemarks zu gewinnen, der Begründung seines Anrechts auf die Herzogthümer. Sodann handelte es sich bei diesem Kampfe nur der Form nach um Rechts¬ ansprüche. Vou den deutschen Volksmännern, die am lautesten den Krieg gegen Dänemark gepredigt haben, hat gewiß nicht der zehnte Theil von der Existenz eines Herzogs von Augustenburg etwas gewußt, und auch dieses Zehntel ist wahr- ^feig nicht durch die dynastischen Ansprüche in Begeisterung gerathen. Ist ja doch Belgien auch ein unabhängiges Königreich geworden, obgleich die „Rechts¬ ansprüche" des Königs der Niederlande über allen Zweifel erhaben waren. Aber ^ belgische Nation wollte nicht mehr dem Schlepptau der Niederländischen fol- ^n, sie riß sich los, und Frankreich erklärte, trotz der Wiener Verträge: ich will, ^ ein mir stammverwandtes Volk nicht länger wider seinen Willen einem srem- Volk gehorche. Diese Erklärung wurde von den legitimen Mächten respectirt, man sich vor einem allgemeinen Krieg scheute. Wenn also Engländer, Fran- Russen und Dänen jetzt wetteifernd die Hände ringen über die Usurpation ^ Königs von Preußen, der in den Herzogtümern dieselbe Rolle zu spielen suchte, wie Louis Philipp in Belgien, so ist ein solcher Aufwand von Nechtsge- überflüssig. Freilich würde es Rußland sehr unbequem sein, wenn Dänemark Nrch bei, Verlust der Herzogthümer zu Gründe gerichtet würde, und damit der , den es nach Belieben in das deutsche StaatSgefüge eintreiben konnte, ver- ginge, freilich wird es dem brittischen Krämer fatal sein, wenn eine betrieb¬ ene Nation die Freiheit erlangt, auf dem Weltmarkt zu concurriren, freilich wird wankreich es aus allen Kräften zu hindern suchen, daß Deutschland sich consvli- und wir können nichts dagegen haben, denn sie handeln in ihrem Zu¬ messe avxr sie sollen sich nicht einbilden, uns mit ihrer Moral zu imponiren. Was die Rechtsfrage betrifft, so war sie so verwickelt, so confus und in yrer letzten Haltung so abgeschmackt, daß auf dem Wege der abstracten Juns- ein M ^""6 möglich war. Sie konnte nur durch Gewalt, oder durch der ^. der europäischen Mächte, das eigentlich anch nur eine ander« Form den Z-^'^ ^' werden. In seinem offenen Briefe warf der dänische König G ""/chen den Handschuh bin, denn er verbot, Kraft seines Beliebens, die " «Sooden. »I. 184«.65

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/513>, abgerufen am 05.02.2025.