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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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mittel als immer wieder zur Bank zu gehen. Da die Bank Anfangs nur 5 Fi.
Noten als kleinste ausgab, diese aber für den der Zwanziger entbehrenden Klein-
verkehr nicht paßten, so wurden Noten zu 2 und 1 Fi. ausgegeben, deren tech¬
nische Ausstattung an die Schriftproben der Normalscbnle erinnert. Da auch die
Silberzehner, Silberfüufer und Silbergroschen verschwanden, wende" endlich die
l Fi. Noten in Hälften und Viertel zerrissen. Aber auch nicht genug. Auch die
Kupfermünze wurde von Bauern aufgesammelt, und in eisernen Töpfe" in die
Erde vergraben, und wer sich für einen oder mehre Kreuzer Etwas kaufen wollte,
-- mußte es zu Borg nehmen, denn der Händler konnte nickt wechseln, und wollte
es auch nicht, da er sür das Kupfergeld wehr Agio erhielt, als er am Verkauf
verdiente. Die Weiber auf dem Grimzengmart't weinten, denn der kleine Verdienst
wurde ihnen geraubt, da die Einkäuferinnen nnr Papier hatten, und sie nicht heraus¬
geben konnten. Die Briefträger mußten mehrmals wiederkommen, ehe der Brief¬
empfänger sich die paar Kreuzer schassen konnte. In deu Fabriken machten die
Patrone lithographirte Kreuzer mit ihrer NamenSfertiguug. Städte, wie z. B.
Prag gaben solche Papiere aus, und in einigen Districten wurden, da die Ar¬
beiter die Papierstückchen verloren, Holzstücke mit Stempel versehen, und galten
für Münze.

Ein Uebel zieht das andere nach. Die schlechten Banknoten wurden nachge¬
macht, und viele Tausende falsche Viertelguldeuuvteu kamen in Umlauf. Die Bank,
welche die zerrissenen Stücke einlöste, schied nur die kenntlichsten ans, um nicht
die untere Volksklasse, die meist dadurch betroffen wurde, neuerdings zu allarmiren.
Der Finanzminister mißte auch für dieses Uebel kein Mittel; er ließ einige Wu¬
cherer, welche Gold und Silber aufkauften, ans Wien ausweisen, in den Pro¬
vinzen, die sich im glückliche" Belagerungszustände befände", wurde mit Kerker
und Schauzarbeit gedroht, -- aber die Theurung wurde dadurch "och größer, und
die Zwanziger wie die Scheidemünze krochen nicht aus ihrem Versteck.

Der Finanzminister ließ Silberbarren, zu hohem Course, im Auslande auf¬
kaufen, und prägte daraus Scchskrenzerstückc, jedoch statt im 20 Fi.-Fuße im
24 Fi.-Fuße; hinter diesen kleinen (Betrug wollen wir es nicht nennen) Vortheil
kam man bald, allein diese geringhaltigere Münze wurde rasch aufgesammelt, denn
sie war doch werthvoller als die Banknoten. Hierauf ließ der Finanzminister
Sechskreuzerstücke von noch geringerem Feingehalt ausmünzen, so daß aus der
Mark von 20 Fi. -- 33 Fi. 30 Kr. gemacht wurden. Es bleibt Jedermann über¬
lassen, dieses Verfahren nach Belieben zu nennen; wir geben nur die einzige Folge
zu erwägen, daß diese Münze, in demselben Gehalte, sogleich nachgeprägt wurde,
und sonach vielleicht bereits einige Millionen falschen Geldes circulirt, das doch ächt
ist! Die Nachahmung der Präge ist keine Kunst! Der Staat wird also nach einigen
Jahren diese Scheidemünze gegen den vollen Werth einlösen müssen, und büßt so
eine der gefährlichsten Maßregeln.


mittel als immer wieder zur Bank zu gehen. Da die Bank Anfangs nur 5 Fi.
Noten als kleinste ausgab, diese aber für den der Zwanziger entbehrenden Klein-
verkehr nicht paßten, so wurden Noten zu 2 und 1 Fi. ausgegeben, deren tech¬
nische Ausstattung an die Schriftproben der Normalscbnle erinnert. Da auch die
Silberzehner, Silberfüufer und Silbergroschen verschwanden, wende» endlich die
l Fi. Noten in Hälften und Viertel zerrissen. Aber auch nicht genug. Auch die
Kupfermünze wurde von Bauern aufgesammelt, und in eisernen Töpfe» in die
Erde vergraben, und wer sich für einen oder mehre Kreuzer Etwas kaufen wollte,
— mußte es zu Borg nehmen, denn der Händler konnte nickt wechseln, und wollte
es auch nicht, da er sür das Kupfergeld wehr Agio erhielt, als er am Verkauf
verdiente. Die Weiber auf dem Grimzengmart't weinten, denn der kleine Verdienst
wurde ihnen geraubt, da die Einkäuferinnen nnr Papier hatten, und sie nicht heraus¬
geben konnten. Die Briefträger mußten mehrmals wiederkommen, ehe der Brief¬
empfänger sich die paar Kreuzer schassen konnte. In deu Fabriken machten die
Patrone lithographirte Kreuzer mit ihrer NamenSfertiguug. Städte, wie z. B.
Prag gaben solche Papiere aus, und in einigen Districten wurden, da die Ar¬
beiter die Papierstückchen verloren, Holzstücke mit Stempel versehen, und galten
für Münze.

Ein Uebel zieht das andere nach. Die schlechten Banknoten wurden nachge¬
macht, und viele Tausende falsche Viertelguldeuuvteu kamen in Umlauf. Die Bank,
welche die zerrissenen Stücke einlöste, schied nur die kenntlichsten ans, um nicht
die untere Volksklasse, die meist dadurch betroffen wurde, neuerdings zu allarmiren.
Der Finanzminister mißte auch für dieses Uebel kein Mittel; er ließ einige Wu¬
cherer, welche Gold und Silber aufkauften, ans Wien ausweisen, in den Pro¬
vinzen, die sich im glückliche» Belagerungszustände befände», wurde mit Kerker
und Schauzarbeit gedroht, — aber die Theurung wurde dadurch »och größer, und
die Zwanziger wie die Scheidemünze krochen nicht aus ihrem Versteck.

Der Finanzminister ließ Silberbarren, zu hohem Course, im Auslande auf¬
kaufen, und prägte daraus Scchskrenzerstückc, jedoch statt im 20 Fi.-Fuße im
24 Fi.-Fuße; hinter diesen kleinen (Betrug wollen wir es nicht nennen) Vortheil
kam man bald, allein diese geringhaltigere Münze wurde rasch aufgesammelt, denn
sie war doch werthvoller als die Banknoten. Hierauf ließ der Finanzminister
Sechskreuzerstücke von noch geringerem Feingehalt ausmünzen, so daß aus der
Mark von 20 Fi. — 33 Fi. 30 Kr. gemacht wurden. Es bleibt Jedermann über¬
lassen, dieses Verfahren nach Belieben zu nennen; wir geben nur die einzige Folge
zu erwägen, daß diese Münze, in demselben Gehalte, sogleich nachgeprägt wurde,
und sonach vielleicht bereits einige Millionen falschen Geldes circulirt, das doch ächt
ist! Die Nachahmung der Präge ist keine Kunst! Der Staat wird also nach einigen
Jahren diese Scheidemünze gegen den vollen Werth einlösen müssen, und büßt so
eine der gefährlichsten Maßregeln.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/306>, abgerufen am 05.02.2025.