Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.halten; von der Arbeit des Christen lebt der Spahi, der Pascha und der Aga, Und deshalb ist das Leben des Bosniers arm geworden, der Fing seiner Wohl sind die Bosnier im Verkehr ein gutherziges aber rohes Volk, Die wenigen gelehrten Reisewerke, welche wir über Bosnien haben, erzählen Ins Czechische übersetzt von W. D. Landt. Prag 1345. Die Uebersetzung ist nachläs¬
sig gemacht. halten; von der Arbeit des Christen lebt der Spahi, der Pascha und der Aga, Und deshalb ist das Leben des Bosniers arm geworden, der Fing seiner Wohl sind die Bosnier im Verkehr ein gutherziges aber rohes Volk, Die wenigen gelehrten Reisewerke, welche wir über Bosnien haben, erzählen Ins Czechische übersetzt von W. D. Landt. Prag 1345. Die Uebersetzung ist nachläs¬
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halten; von der Arbeit des Christen lebt der Spahi, der Pascha und der Aga,
und außerdem fast jeder wandernde Türke.
Und deshalb ist das Leben des Bosniers arm geworden, der Fing seiner
Phantasie ist gelähmt, er zehrt an den großen Erinnerungen des Serbcnstammes,
ohne selbst neue Thaten zu erleben, welche seine Sänger feiern könnten. Ja auch
sein Gesang ist verringert worden, denn an die'Stelle des serbischen Sängers
mit der Gusle ist bei ihm der breite türkische Erzähler getreten, und die Dich¬
tungen seines Volkes sind nicht schöner geworden in dem Munde des Märchen-
manncs, welcher auf dem türkischen Teppich mit untergeschlagenen Beinen sitzt und
raucht.
Wohl sind die Bosnier im Verkehr ein gutherziges aber rohes Volk,
auf welches der Serbe mit Achselzucken und mitleidiger Verachtung herab¬
fleht, ihre treuherzige Einfalt hat sie bei ihren Nachbarn in das Renommee
von „dummen Teufeln" gebracht. Daß der Schnitt ihrer Beinkleider gar zu
weit und ihr Gesichtskreis gar zu klein ist, und daß sie ein kleines weißes
Mützchen auf dem kahlgeschornen Kopf tragen und in einem türkischen Fuchspelz
einherziehn und höchst schauderhaft fluchen, das wird ihnen vielfach bespöttelt.
Und doch fehlt es ihnen gar nicht an Scharfsinn und Schlauheit, uur wird er
in der Fremde durch ihr Erstaunen über das viele Unbekannte und Jmponirende
gedämpft. Auch ein behagliches Selbstgefühl haben sie, und jenen Stolz, welcher
isolirten und verkümmerten Menschen und Völkern eigen ist, den Ahnenstolz. Der
Bauer malt sein altes Wappen an die Stubenirand, und sehr viele Adelsbriefe
noch ans Stephans Zeiten her werden in den Banerhütten und den Schlössern der
muhamedanischen Bosnier sorgfältig als ein Schatz verwahrt.
Die wenigen gelehrten Reisewerke, welche wir über Bosnien haben, erzählen
uns sehr wenig von dem innern Leben des Volkes selbst. Das beste Mittel ein
Bild von dieser verkommenen Völkerscele zu geben, wäre, die Bosnier selbst
sprechend einzuführen. Es gibt ein kleines Buch in serbischer Sprache, die Reise
eines kroatischen Handwerkers, welcher um das Jahr 1840 in Bosnien war, dort
Vieles mit gesunden Augen sah und mit großer Genauigkeit in treuer Localfarbe
wieder zu geben wußte. Aus seinem Munde hat Dr. Ludwig Gay in Agram
die Reise wörtlich nachgeschrieben und unter dem Titel „^"^led u üosnu *),"
Blick ans Bosnien, herausgegeben. Wir theilen aus der einfachen Darstellung,
welche überall das Gepräge der größten Wahrhaftigkeit hat, in möglichst genauer
Uebersetzung eine Anzahl kleiner Züge mit, welche schneller als eine Abhandlung
unseren Lesern die Richtungen des böhmischen Lebens charakterisiren werden, auf
welche es uns bei dieser Darstellung ankommt. Der reisende Serbe erzählt selbst:
Ins Czechische übersetzt von W. D. Landt. Prag 1345. Die Uebersetzung ist nachläs¬
sig gemacht.
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