Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.war als überflüssiger Ausgabeposten dem Volke verhaßt und selbst der so geliebte Der Nachfolger des alten Königs, Christian Viti. liebte es, Gönner und ef ist Zeit darauf zu dringen, daß die Vorwürfe, welche man in fliegender Hitze dem preußi¬
schen Feldherrn und seinem Hofe macht, nicht unvernünftig werden. Der Ton, in welchem die meisten süddeutschen Blätter und ein kleiner Theil der norddeutschen, noch immer gegen den Krieg und sein Ende eifern, ist sehr unwürdig. Es ist das gallige Geschwätz eines ner" ossen Schwächlings, was wir hören müssen, nicht die Kritik und der Richterspruch besonnener Kraft. Nur wenig Zeitungen bauen sich Mühe gegeben, das Detail des Krieges und selbst der Friedenspräliminarien zu prüfen, mit Phrasen aber demüthigt man keine" Gegner. Das Bcroammungsurtheil gegen Preußen ist überhaupt nicht nach den Bedingungen des Waffen¬ stillstandes zu fällen, denn der Waffenstillstand ist im Ganzen betrachtet, trotz aller Un¬ geschicklichkeit der preußischen Diplomaten im Feilschen und Handeln um Paragraphen nichts als die natürliche Folge der bisherige" Kriegführung, welche die Kraft und den Stolz der Dänen so wenig zu brechen vermochte. Die Frage ist bei diesem Streit der Meinungen so zu stellen: War es möglich, Dänemark durch den Krieg zu zwinge"'? und welche Umstände tragen die Schuld, daß dies nicht geschehen? Erst muß man sich darauf Antwort geben und dann die Schuld der preußischen Regierung bestimmen. Wir haben das neulich versucht, ein gründliches Volum aber kaun allerdings nur ein Mann von militärischen Kenntnissen abgeben, welcher den Krieg, das Terrain und die politische Sage Deutschlands genau kennt. Und des¬ halb, wir wiederholen es, muß der deutschen Nation vor Allem daran liegen, das Urtheil der Männer von Fach möglichst bald zu hören. Leider ist der Däne Rue todt, und Bonin, wel¬ cher uns einer Rcchlfertigungsschrift von Prittwitz gegenüber am besten Auskunft geben könnte, ist selbst preußischer General. Ob die Memoiren eines Subalternofsiziers unser Urtheil wesent¬ lich fördern werden, ist zweifelhaft. -- Wie die Sache jetzt liegt, haben wir das Recht, gegen die preußische Regierung zu klagen, denn sie hat den Handel mit Dänemark in die Hand ge¬ nommen und ungenügend beendigt, ihre Pflicht dagegen ist, sich vor der öffentlichen Meinung zu vertheidigen, und den Beweis zu führen, daß sie nicht anders konnte. Bis jetzt hat sie das nicht gethan. war als überflüssiger Ausgabeposten dem Volke verhaßt und selbst der so geliebte Der Nachfolger des alten Königs, Christian Viti. liebte es, Gönner und ef ist Zeit darauf zu dringen, daß die Vorwürfe, welche man in fliegender Hitze dem preußi¬
schen Feldherrn und seinem Hofe macht, nicht unvernünftig werden. Der Ton, in welchem die meisten süddeutschen Blätter und ein kleiner Theil der norddeutschen, noch immer gegen den Krieg und sein Ende eifern, ist sehr unwürdig. Es ist das gallige Geschwätz eines ner« ossen Schwächlings, was wir hören müssen, nicht die Kritik und der Richterspruch besonnener Kraft. Nur wenig Zeitungen bauen sich Mühe gegeben, das Detail des Krieges und selbst der Friedenspräliminarien zu prüfen, mit Phrasen aber demüthigt man keine» Gegner. Das Bcroammungsurtheil gegen Preußen ist überhaupt nicht nach den Bedingungen des Waffen¬ stillstandes zu fällen, denn der Waffenstillstand ist im Ganzen betrachtet, trotz aller Un¬ geschicklichkeit der preußischen Diplomaten im Feilschen und Handeln um Paragraphen nichts als die natürliche Folge der bisherige» Kriegführung, welche die Kraft und den Stolz der Dänen so wenig zu brechen vermochte. Die Frage ist bei diesem Streit der Meinungen so zu stellen: War es möglich, Dänemark durch den Krieg zu zwinge»'? und welche Umstände tragen die Schuld, daß dies nicht geschehen? Erst muß man sich darauf Antwort geben und dann die Schuld der preußischen Regierung bestimmen. Wir haben das neulich versucht, ein gründliches Volum aber kaun allerdings nur ein Mann von militärischen Kenntnissen abgeben, welcher den Krieg, das Terrain und die politische Sage Deutschlands genau kennt. Und des¬ halb, wir wiederholen es, muß der deutschen Nation vor Allem daran liegen, das Urtheil der Männer von Fach möglichst bald zu hören. Leider ist der Däne Rue todt, und Bonin, wel¬ cher uns einer Rcchlfertigungsschrift von Prittwitz gegenüber am besten Auskunft geben könnte, ist selbst preußischer General. Ob die Memoiren eines Subalternofsiziers unser Urtheil wesent¬ lich fördern werden, ist zweifelhaft. — Wie die Sache jetzt liegt, haben wir das Recht, gegen die preußische Regierung zu klagen, denn sie hat den Handel mit Dänemark in die Hand ge¬ nommen und ungenügend beendigt, ihre Pflicht dagegen ist, sich vor der öffentlichen Meinung zu vertheidigen, und den Beweis zu führen, daß sie nicht anders konnte. Bis jetzt hat sie das nicht gethan. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0264" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279290"/> <p xml:id="ID_860" prev="#ID_859"> war als überflüssiger Ausgabeposten dem Volke verhaßt und selbst der so geliebte<lb/> König Friedrich V!. (1' I8l!9) entging nicht immer dem allgemeinen Groll, weil er,<lb/> der treue Alliirte Napoleons, bis auf seinen Tod Soldat blieb und aus persön¬<lb/> licher Neigung die Armee so ziemlich ans Kriegsfuß erhielt. Die Langeweile des<lb/> Garnisonslebens in kleinen Provinzialstädten hatte auf den Geist und das Benehmen<lb/> der Offiziere keinen günstigen Einfluß, und sie wurden, während die Marine immer<lb/> populär war, dort wie einst in Preußen, als müßiggehende „Pntzpüppcheu" ver¬<lb/> spottet. Im Gesellschaftsleben waren die Uniformen der Landmiliz fast nicht ge¬<lb/> duldet.</p><lb/> <p xml:id="ID_861" next="#ID_862"> Der Nachfolger des alten Königs, Christian Viti. liebte es, Gönner und<lb/> Schirmherr der Künste und Wissenschaften genannt zu werden und suchte seine<lb/> Negentenideale in der Berliner Romantik und der Friedenspolitik Louis Philipps.<lb/> Er war friedliebend und sparsam, wo es nicht den Glanz seines Hofes und seine<lb/> Tafelfreuden galt. Die Freundschaft der Höfe von Berlin und Paris dnrch Pri-<lb/> vatcorrespondenzen unausgesetzt cultivirend, fühlte er sich glücklich und hinlänglich<lb/> gesichert, um alle ConstitntivnSwünsche und Petitionen entschieden ablehnen zu<lb/> können. Dennoch war sein Fürstenherz gegen eine mäßige und wohlfeile Popu¬<lb/> larität nicht ganz unempfindlich. So geschah es, daß er mit dem Militäretat und<lb/> namentlich mit dem Officiercorps eine bedeutende Reduction vornahm. Leider be-</p><lb/> <note xml:id="FID_26" prev="#FID_25" place="foot"> ef ist Zeit darauf zu dringen, daß die Vorwürfe, welche man in fliegender Hitze dem preußi¬<lb/> schen Feldherrn und seinem Hofe macht, nicht unvernünftig werden. Der Ton, in welchem<lb/> die meisten süddeutschen Blätter und ein kleiner Theil der norddeutschen, noch immer gegen<lb/> den Krieg und sein Ende eifern, ist sehr unwürdig. Es ist das gallige Geschwätz eines ner«<lb/> ossen Schwächlings, was wir hören müssen, nicht die Kritik und der Richterspruch besonnener<lb/> Kraft. Nur wenig Zeitungen bauen sich Mühe gegeben, das Detail des Krieges und selbst<lb/> der Friedenspräliminarien zu prüfen, mit Phrasen aber demüthigt man keine» Gegner. Das<lb/> Bcroammungsurtheil gegen Preußen ist überhaupt nicht nach den Bedingungen des Waffen¬<lb/> stillstandes zu fällen, denn der Waffenstillstand ist im Ganzen betrachtet, trotz aller Un¬<lb/> geschicklichkeit der preußischen Diplomaten im Feilschen und Handeln um Paragraphen nichts<lb/> als die natürliche Folge der bisherige» Kriegführung, welche die Kraft und den Stolz der<lb/> Dänen so wenig zu brechen vermochte. Die Frage ist bei diesem Streit der Meinungen so<lb/> zu stellen: War es möglich, Dänemark durch den Krieg zu zwinge»'? und welche Umstände<lb/> tragen die Schuld, daß dies nicht geschehen? Erst muß man sich darauf Antwort geben und<lb/> dann die Schuld der preußischen Regierung bestimmen. Wir haben das neulich versucht, ein<lb/> gründliches Volum aber kaun allerdings nur ein Mann von militärischen Kenntnissen abgeben,<lb/> welcher den Krieg, das Terrain und die politische Sage Deutschlands genau kennt. Und des¬<lb/> halb, wir wiederholen es, muß der deutschen Nation vor Allem daran liegen, das Urtheil der<lb/> Männer von Fach möglichst bald zu hören. Leider ist der Däne Rue todt, und Bonin, wel¬<lb/> cher uns einer Rcchlfertigungsschrift von Prittwitz gegenüber am besten Auskunft geben könnte,<lb/> ist selbst preußischer General. Ob die Memoiren eines Subalternofsiziers unser Urtheil wesent¬<lb/> lich fördern werden, ist zweifelhaft. — Wie die Sache jetzt liegt, haben wir das Recht, gegen<lb/> die preußische Regierung zu klagen, denn sie hat den Handel mit Dänemark in die Hand ge¬<lb/> nommen und ungenügend beendigt, ihre Pflicht dagegen ist, sich vor der öffentlichen Meinung<lb/> zu vertheidigen, und den Beweis zu führen, daß sie nicht anders konnte. Bis jetzt hat sie<lb/> das nicht gethan.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0264]
war als überflüssiger Ausgabeposten dem Volke verhaßt und selbst der so geliebte
König Friedrich V!. (1' I8l!9) entging nicht immer dem allgemeinen Groll, weil er,
der treue Alliirte Napoleons, bis auf seinen Tod Soldat blieb und aus persön¬
licher Neigung die Armee so ziemlich ans Kriegsfuß erhielt. Die Langeweile des
Garnisonslebens in kleinen Provinzialstädten hatte auf den Geist und das Benehmen
der Offiziere keinen günstigen Einfluß, und sie wurden, während die Marine immer
populär war, dort wie einst in Preußen, als müßiggehende „Pntzpüppcheu" ver¬
spottet. Im Gesellschaftsleben waren die Uniformen der Landmiliz fast nicht ge¬
duldet.
Der Nachfolger des alten Königs, Christian Viti. liebte es, Gönner und
Schirmherr der Künste und Wissenschaften genannt zu werden und suchte seine
Negentenideale in der Berliner Romantik und der Friedenspolitik Louis Philipps.
Er war friedliebend und sparsam, wo es nicht den Glanz seines Hofes und seine
Tafelfreuden galt. Die Freundschaft der Höfe von Berlin und Paris dnrch Pri-
vatcorrespondenzen unausgesetzt cultivirend, fühlte er sich glücklich und hinlänglich
gesichert, um alle ConstitntivnSwünsche und Petitionen entschieden ablehnen zu
können. Dennoch war sein Fürstenherz gegen eine mäßige und wohlfeile Popu¬
larität nicht ganz unempfindlich. So geschah es, daß er mit dem Militäretat und
namentlich mit dem Officiercorps eine bedeutende Reduction vornahm. Leider be-
ef ist Zeit darauf zu dringen, daß die Vorwürfe, welche man in fliegender Hitze dem preußi¬
schen Feldherrn und seinem Hofe macht, nicht unvernünftig werden. Der Ton, in welchem
die meisten süddeutschen Blätter und ein kleiner Theil der norddeutschen, noch immer gegen
den Krieg und sein Ende eifern, ist sehr unwürdig. Es ist das gallige Geschwätz eines ner«
ossen Schwächlings, was wir hören müssen, nicht die Kritik und der Richterspruch besonnener
Kraft. Nur wenig Zeitungen bauen sich Mühe gegeben, das Detail des Krieges und selbst
der Friedenspräliminarien zu prüfen, mit Phrasen aber demüthigt man keine» Gegner. Das
Bcroammungsurtheil gegen Preußen ist überhaupt nicht nach den Bedingungen des Waffen¬
stillstandes zu fällen, denn der Waffenstillstand ist im Ganzen betrachtet, trotz aller Un¬
geschicklichkeit der preußischen Diplomaten im Feilschen und Handeln um Paragraphen nichts
als die natürliche Folge der bisherige» Kriegführung, welche die Kraft und den Stolz der
Dänen so wenig zu brechen vermochte. Die Frage ist bei diesem Streit der Meinungen so
zu stellen: War es möglich, Dänemark durch den Krieg zu zwinge»'? und welche Umstände
tragen die Schuld, daß dies nicht geschehen? Erst muß man sich darauf Antwort geben und
dann die Schuld der preußischen Regierung bestimmen. Wir haben das neulich versucht, ein
gründliches Volum aber kaun allerdings nur ein Mann von militärischen Kenntnissen abgeben,
welcher den Krieg, das Terrain und die politische Sage Deutschlands genau kennt. Und des¬
halb, wir wiederholen es, muß der deutschen Nation vor Allem daran liegen, das Urtheil der
Männer von Fach möglichst bald zu hören. Leider ist der Däne Rue todt, und Bonin, wel¬
cher uns einer Rcchlfertigungsschrift von Prittwitz gegenüber am besten Auskunft geben könnte,
ist selbst preußischer General. Ob die Memoiren eines Subalternofsiziers unser Urtheil wesent¬
lich fördern werden, ist zweifelhaft. — Wie die Sache jetzt liegt, haben wir das Recht, gegen
die preußische Regierung zu klagen, denn sie hat den Handel mit Dänemark in die Hand ge¬
nommen und ungenügend beendigt, ihre Pflicht dagegen ist, sich vor der öffentlichen Meinung
zu vertheidigen, und den Beweis zu führen, daß sie nicht anders konnte. Bis jetzt hat sie
das nicht gethan.
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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
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