Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Herr Standpunkt, der auch im Cäsar maßgebend ist, überwindet Shakespeare die >Vb<ZU l1t!vit!i pill ibi-ir >it,'l>5l>"t !>in" p"t VN, und später: 80 will l Arm um- villu"! mir ^neu, Vergleichen wir mit dieser Dialektik des Nechtsbewußtseins, wie sie der Wenn das Rechtsgefühl in seinem Bruch überhaupt schon ein höherer Stand- *) In meiner Geschichte der Romantik habe ich mich über das Verhältniß Shakes¬
peares zu Calderon und ihre Stellung zu den beiden Kirchen des breitern ausgelassen. Die Darstellung hat -- man erlaube mir einmal diese Selbstkritik -- den Fehler, daß sie in zu eifrigem Streben nach Objectivität dem Anschein nach den Standpunkt des Kritikers mit dem des kritisirten Gegenstandes identificirt, so basi es mitunter aussieht, als wäre die dargestellte Romantik meine eigne. Herr Standpunkt, der auch im Cäsar maßgebend ist, überwindet Shakespeare die >Vb<ZU l1t!vit!i pill ibi-ir >it,'l>5l>»t !>in« p»t VN, und später: 80 will l Arm um- villu«! mir ^neu, Vergleichen wir mit dieser Dialektik des Nechtsbewußtseins, wie sie der Wenn das Rechtsgefühl in seinem Bruch überhaupt schon ein höherer Stand- *) In meiner Geschichte der Romantik habe ich mich über das Verhältniß Shakes¬
peares zu Calderon und ihre Stellung zu den beiden Kirchen des breitern ausgelassen. Die Darstellung hat — man erlaube mir einmal diese Selbstkritik — den Fehler, daß sie in zu eifrigem Streben nach Objectivität dem Anschein nach den Standpunkt des Kritikers mit dem des kritisirten Gegenstandes identificirt, so basi es mitunter aussieht, als wäre die dargestellte Romantik meine eigne. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0255" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279281"/> <p xml:id="ID_832" prev="#ID_831"> Herr Standpunkt, der auch im Cäsar maßgebend ist, überwindet Shakespeare die<lb/> abstracten Gesetze der mittelalterlichen Ehre. Ganz in diesem Sinn sagt Jago:</p><lb/> <quote> >Vb<ZU l1t!vit!i pill ibi-ir >it,'l>5l>»t !>in« p»t VN,<lb/> 1'>I>!V >l» «Ußgi-se !»t soft >vit>! b«!Ap<rio iilicovs,</quote><lb/> <p xml:id="ID_833"> und später:</p><lb/> <quote> 80 will l Arm um- villu«! mir ^neu,<lb/> ^>ne nut et >><?r non A«it>ein>'«» in.'tlvi? elle n«!>,<lb/> l'Jene 8>>»>> VNttIKsIl >Il»!>» !it>.</quote><lb/> <p xml:id="ID_834"> Vergleichen wir mit dieser Dialektik des Nechtsbewußtseins, wie sie der<lb/> Germanische Protestantismus hervorgebrachthat, die fixirte Welt sittlicher Con-<lb/> venienz, wie wir sie in dem katholisch-romanischen Drama finden, namentlich in<lb/> dem größten Dichter desselben, in Calderon. Die spanische Ritterschaft hat sich<lb/> als Ganzes nur äußerlich bethätigt, in den Mohreukämpfen,; die zerstreuten Con¬<lb/> flicte zwischen den einzelnen kleinen Staaten konnten kein allgemeines Nechtsprincip<lb/> hervorbringen, und mit der Vereinigung Spaniens tritt auch unmittelbar der<lb/> volle Absolutismus ein. Der Adel mit seinem Idealismus tritt in den Dienst<lb/> des Thrones, das Volk hat keine Gelegenheit, sich geltend zu machen; wenn es<lb/> einmal über seine gewöhnliche Stellung von Bedienten und Gracivso's heraustritt,<lb/> wie im Alcalde de Zalamea, so muß es den dürftigen Inhalt seiner sittlichen<lb/> Berechtigung sich entweder mit dreister Hand von dem Adel entlehnen, oder sich<lb/> ihn von der Krone octroyiren lassen. Die Gesetze der Ehre sind, wie die katho¬<lb/> lischen Dogmen, so fest, daß sie eine innerliche Vermittelung nicht zulassen; sämmt¬<lb/> liche spanische Dramen sind complicirte Rechenexempel, in denen der Conflict der<lb/> verschiedenen Pflichten äußerlich, in novellistischer Naivität, dargestellt, und äußerlich,<lb/> mit verstockter Pedanterie, gelöst wird Ebenso abstract sind sich später auch die<lb/> politischen Parteien, die Progresststen und Moderados, einander gcgenübergetreten,<lb/> sie haben sich bekämpft, ohne sich an einander zu bilden, und darum ist es mit<lb/> der Verfassung nie Ernst geworden.</p><lb/> <p xml:id="ID_835" next="#ID_836"> Wenn das Rechtsgefühl in seinem Bruch überhaupt schon ein höherer Stand-<lb/> punkt ist, als das unmittelbare, so ist Shakespeare noch weiter gegangen. Im<lb/> König Johann widerholt sich ein ähnlicher Conflict, wie in den übrigen histori¬<lb/> schen Stücken, nur mit der bestimmtere» Wendung, daß die Partei des abstracten<lb/> Rechts sich mit deu Ausländern verbindet. Sie kommt später davon zurück, und<lb/> der Bastard, eine der am meisten charakteristischen Figuren unsers Dichters, schließt<lb/> das Stück mit einer feurigen patriotischen Rede. Die Idee dieses Patriotismus</p><lb/> <note xml:id="FID_24" place="foot"> *) In meiner Geschichte der Romantik habe ich mich über das Verhältniß Shakes¬<lb/> peares zu Calderon und ihre Stellung zu den beiden Kirchen des breitern ausgelassen. Die<lb/> Darstellung hat — man erlaube mir einmal diese Selbstkritik — den Fehler, daß sie in zu<lb/> eifrigem Streben nach Objectivität dem Anschein nach den Standpunkt des Kritikers mit dem<lb/> des kritisirten Gegenstandes identificirt, so basi es mitunter aussieht, als wäre die dargestellte<lb/> Romantik meine eigne.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0255]
Herr Standpunkt, der auch im Cäsar maßgebend ist, überwindet Shakespeare die
abstracten Gesetze der mittelalterlichen Ehre. Ganz in diesem Sinn sagt Jago:
>Vb<ZU l1t!vit!i pill ibi-ir >it,'l>5l>»t !>in« p»t VN,
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Vergleichen wir mit dieser Dialektik des Nechtsbewußtseins, wie sie der
Germanische Protestantismus hervorgebrachthat, die fixirte Welt sittlicher Con-
venienz, wie wir sie in dem katholisch-romanischen Drama finden, namentlich in
dem größten Dichter desselben, in Calderon. Die spanische Ritterschaft hat sich
als Ganzes nur äußerlich bethätigt, in den Mohreukämpfen,; die zerstreuten Con¬
flicte zwischen den einzelnen kleinen Staaten konnten kein allgemeines Nechtsprincip
hervorbringen, und mit der Vereinigung Spaniens tritt auch unmittelbar der
volle Absolutismus ein. Der Adel mit seinem Idealismus tritt in den Dienst
des Thrones, das Volk hat keine Gelegenheit, sich geltend zu machen; wenn es
einmal über seine gewöhnliche Stellung von Bedienten und Gracivso's heraustritt,
wie im Alcalde de Zalamea, so muß es den dürftigen Inhalt seiner sittlichen
Berechtigung sich entweder mit dreister Hand von dem Adel entlehnen, oder sich
ihn von der Krone octroyiren lassen. Die Gesetze der Ehre sind, wie die katho¬
lischen Dogmen, so fest, daß sie eine innerliche Vermittelung nicht zulassen; sämmt¬
liche spanische Dramen sind complicirte Rechenexempel, in denen der Conflict der
verschiedenen Pflichten äußerlich, in novellistischer Naivität, dargestellt, und äußerlich,
mit verstockter Pedanterie, gelöst wird Ebenso abstract sind sich später auch die
politischen Parteien, die Progresststen und Moderados, einander gcgenübergetreten,
sie haben sich bekämpft, ohne sich an einander zu bilden, und darum ist es mit
der Verfassung nie Ernst geworden.
Wenn das Rechtsgefühl in seinem Bruch überhaupt schon ein höherer Stand-
punkt ist, als das unmittelbare, so ist Shakespeare noch weiter gegangen. Im
König Johann widerholt sich ein ähnlicher Conflict, wie in den übrigen histori¬
schen Stücken, nur mit der bestimmtere» Wendung, daß die Partei des abstracten
Rechts sich mit deu Ausländern verbindet. Sie kommt später davon zurück, und
der Bastard, eine der am meisten charakteristischen Figuren unsers Dichters, schließt
das Stück mit einer feurigen patriotischen Rede. Die Idee dieses Patriotismus
*) In meiner Geschichte der Romantik habe ich mich über das Verhältniß Shakes¬
peares zu Calderon und ihre Stellung zu den beiden Kirchen des breitern ausgelassen. Die
Darstellung hat — man erlaube mir einmal diese Selbstkritik — den Fehler, daß sie in zu
eifrigem Streben nach Objectivität dem Anschein nach den Standpunkt des Kritikers mit dem
des kritisirten Gegenstandes identificirt, so basi es mitunter aussieht, als wäre die dargestellte
Romantik meine eigne.
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