Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.gegen, der über solche Schwerfälligkeiten des Geistes herzlich lacht, fehlt erhabener, Errungenschaften!! Noch einmal faltete mir den Hippogryphen, ihr Doch keine Ironie, sie tönt wie bitterer, unedler Sarkasmus und ver¬ Bei diesen Betrachtungen sind wir bis auf das Forum der Altstadt ge¬ Hier stehen wir bei der hohen Säule, wo des Abends von Frommen, die be¬ gegen, der über solche Schwerfälligkeiten des Geistes herzlich lacht, fehlt erhabener, Errungenschaften!! Noch einmal faltete mir den Hippogryphen, ihr Doch keine Ironie, sie tönt wie bitterer, unedler Sarkasmus und ver¬ Bei diesen Betrachtungen sind wir bis auf das Forum der Altstadt ge¬ Hier stehen wir bei der hohen Säule, wo des Abends von Frommen, die be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0233" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279259"/> <p xml:id="ID_746" prev="#ID_745"> gegen, der über solche Schwerfälligkeiten des Geistes herzlich lacht, fehlt erhabener,<lb/> großartiger, nobler. Seine Fehler sind alle reicher dotirt und haben aristokratische<lb/> Ahnen, die denen des Landmanns fehlen. Philosophie, Geschickte, Naturrecht,<lb/> Ethnologie — das sind seine Rathgeber, seiner Fehler Großeltern, und er balgt<lb/> sich mit diesen edeln Räthen so arg herum, daß er nicht zu Athem kommen kann.<lb/> Jede Wissenschaft, die er nnr oberflächlich berührt, bereichert ihn mit Ver¬<lb/> kehrtheiten , wodurch sein Wissen gerade vor den Kopf gestoßen wird. O Stadt,<lb/> o Land! Welche Aufgabe ist euch von dem Schicksale zu Theil geworden! Ab¬<lb/> magerung der Errungenschaften und gräulicher Katzenjammer der Stadt; dem<lb/> Lande — Blindheit und Ruhe.</p><lb/> <p xml:id="ID_747"> Errungenschaften!! Noch einmal faltete mir den Hippogryphen, ihr<lb/> Musen, zu reiten ins alte romantische Land. O es waren schöne Zeiten, als<lb/> man hier noch ungehindert KcliusolK^ min pico singen durfte, und ganz Czechien<lb/> nach der Melodie dieser Ode hüpfte, wie nach Hüons elfenbeinernen Horn der graue<lb/> Heide und sein Troß; es waren köstliche Zeiten, als hier die Freiheit blühte und<lb/> man zu der schwarzrothgoldnen Farbe am Knopfloch auch blühendes Veilchenblau am<lb/> Rücken frei erhalten durste; — es waren süße Zeiten, die Zeiten der Gleichheit^<lb/> wo die „Eintrciber" als Complimente galten; — o ich könnte bis zum Morgen<lb/> fortfahren, wollte ich alle die schönen Bescheerungen der Freiheit und alle Errun¬<lb/> genschaften aufzählen, die in Prag verloren gegangen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_748"> Doch keine Ironie, sie tönt wie bitterer, unedler Sarkasmus und ver¬<lb/> letzt das Herz. Dennoch weile ich gern in den Gefilden der aufgeregten Ver¬<lb/> gangenheit, wo man doch wenigstens die Regierung angreifen durfte, welche jetzt<lb/> durch ein mächtiges Amulet sich unangreifbar gemacht hat. Unsere Presse fügt<lb/> sich recht artig in das harte Geschick und lernt erstaunlich schnell schwarzgelb zu<lb/> werden, schimpft über die garstigen Magyaren und ihren schändlichen Diktator und<lb/> bewundert die Tapferkeit der Mvskoviten und ihre herrlichen Pferde. Nur die<lb/> Narodni Nowiny, wiewohl von der Nähe dieser Brüder und Stammgenossen aus<lb/> panslavistischen Gründen besonders entzückt, lassen ihre frühere Farbe durch das<lb/> schwarzgelbe Gitterwerk hervorschimmern, ein grimmiges Ding für die Deutschen<lb/> — aber im Käfig.</p><lb/> <p xml:id="ID_749"> Bei diesen Betrachtungen sind wir bis auf das Forum der Altstadt ge¬<lb/> langt. O heilige Clio! Leihe mir deine Flügel, damit ich mich hinausschwinge in<lb/> den Sitzungssaal unserer Herren Stadtverordneten, um zu erforsche,:, ob es leer<lb/> sei oder uicht. Denn nicht freundlich sind die Unsterblichen denen, die müßig<lb/> gehen und die Zeit nutzlos vergeuden, und mir würden sonst die Helden fehlen.</p><lb/> <p xml:id="ID_750" next="#ID_751"> Hier stehen wir bei der hohen Säule, wo des Abends von Frommen, die be¬<lb/> zahlt bekommen, gar viel gebetet und gesungen wird, wie Jedermann bekannt</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0233]
gegen, der über solche Schwerfälligkeiten des Geistes herzlich lacht, fehlt erhabener,
großartiger, nobler. Seine Fehler sind alle reicher dotirt und haben aristokratische
Ahnen, die denen des Landmanns fehlen. Philosophie, Geschickte, Naturrecht,
Ethnologie — das sind seine Rathgeber, seiner Fehler Großeltern, und er balgt
sich mit diesen edeln Räthen so arg herum, daß er nicht zu Athem kommen kann.
Jede Wissenschaft, die er nnr oberflächlich berührt, bereichert ihn mit Ver¬
kehrtheiten , wodurch sein Wissen gerade vor den Kopf gestoßen wird. O Stadt,
o Land! Welche Aufgabe ist euch von dem Schicksale zu Theil geworden! Ab¬
magerung der Errungenschaften und gräulicher Katzenjammer der Stadt; dem
Lande — Blindheit und Ruhe.
Errungenschaften!! Noch einmal faltete mir den Hippogryphen, ihr
Musen, zu reiten ins alte romantische Land. O es waren schöne Zeiten, als
man hier noch ungehindert KcliusolK^ min pico singen durfte, und ganz Czechien
nach der Melodie dieser Ode hüpfte, wie nach Hüons elfenbeinernen Horn der graue
Heide und sein Troß; es waren köstliche Zeiten, als hier die Freiheit blühte und
man zu der schwarzrothgoldnen Farbe am Knopfloch auch blühendes Veilchenblau am
Rücken frei erhalten durste; — es waren süße Zeiten, die Zeiten der Gleichheit^
wo die „Eintrciber" als Complimente galten; — o ich könnte bis zum Morgen
fortfahren, wollte ich alle die schönen Bescheerungen der Freiheit und alle Errun¬
genschaften aufzählen, die in Prag verloren gegangen sind.
Doch keine Ironie, sie tönt wie bitterer, unedler Sarkasmus und ver¬
letzt das Herz. Dennoch weile ich gern in den Gefilden der aufgeregten Ver¬
gangenheit, wo man doch wenigstens die Regierung angreifen durfte, welche jetzt
durch ein mächtiges Amulet sich unangreifbar gemacht hat. Unsere Presse fügt
sich recht artig in das harte Geschick und lernt erstaunlich schnell schwarzgelb zu
werden, schimpft über die garstigen Magyaren und ihren schändlichen Diktator und
bewundert die Tapferkeit der Mvskoviten und ihre herrlichen Pferde. Nur die
Narodni Nowiny, wiewohl von der Nähe dieser Brüder und Stammgenossen aus
panslavistischen Gründen besonders entzückt, lassen ihre frühere Farbe durch das
schwarzgelbe Gitterwerk hervorschimmern, ein grimmiges Ding für die Deutschen
— aber im Käfig.
Bei diesen Betrachtungen sind wir bis auf das Forum der Altstadt ge¬
langt. O heilige Clio! Leihe mir deine Flügel, damit ich mich hinausschwinge in
den Sitzungssaal unserer Herren Stadtverordneten, um zu erforsche,:, ob es leer
sei oder uicht. Denn nicht freundlich sind die Unsterblichen denen, die müßig
gehen und die Zeit nutzlos vergeuden, und mir würden sonst die Helden fehlen.
Hier stehen wir bei der hohen Säule, wo des Abends von Frommen, die be¬
zahlt bekommen, gar viel gebetet und gesungen wird, wie Jedermann bekannt
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