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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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machten große Anläufe eine Flotte zu bauen. Daß bei allem Geschrei und in der
fliegenden Hitze des Enthusiasmus die Sache ungeschickt angegriffen wurde, daß
weder Einigkeit noch die nöthige Einsicht vorhanden war, ist uns von Fremden
oft genug gesagt worden. Aber eine Kriegsflotte gegen Dänemark zu schaffen, ist
auf regulären Wege überhaupt nicht möglich. Wir wären im Stande gewesen,
eine größere Anzahl von großen und kleinen Schiffen zu bauen oder zu kaufen,
dieselben zu bemannen, Offiziere vorzusetzen, Uniformen und ein Secgesctzbuch zu¬
recht zu schneiden, aber die Sicherheit und rücksichtlvse Kühnheit, welche die Be¬
mannung eines .Kriegsschiffes im .Kampfe bewähren muß^ konnte uns bei aller
Tüchtigkeit unserer Matrosen nicht mit der blauen Marinejacke und der Disciplin
kommen. Engländer, Franzosen und Nordamerika""' haben den Stolz ihrer Ma¬
rine und die Erfolge zur See nicht durch regulären Dienst, sondern dnrch Kaper¬
schiffe gegründet. Die Anfänge der deutschen Seemacht waren nur durch bewaff¬
nete Privatfahrzcuge zu schaffe", auf welchen einzelne Waghälse ihre Tollkühn¬
heit und ihr Glück versuchten. Die Küstenstädte der Nord- und Ostsee hätten
uns bereits im vorigen Jahre mehr als ein halbes Hundert solcher Kaperfahrzeuge
geliefert, welche die dänischen Inseln, ja den einzelnen blvkircnden Kriegsschiffen
unerträglich lästig gewesen wären. Man hat diesen Weg, den einzigen, wel¬
cher uns gegen Dänemark helfen und den Grund zu einer Kriegs¬
marine legen kaun, nicht eingeschlagen, weil man aus Bonhomie Kaperschiffe
für unwürdig hielt und außerdem anzunehmen beliebte, daß dieselben in dem en¬
gen Fahrwasser der dänischen Inseln sich als unpraktisch beweisen, die Dänen zu
Repressalien reizen, und unsere großen Nachbaren, Nußland und England erbittern
würden. Alle diese Gründe durften nicht maßgebend sein. Der Kampf, welchen
wir führten, war gegen das politische Leben Dänemarks, ein solcher Krieg ist
kein Turniergefecht voll Höflichkeit und Hochherzigkeit. Wer sich dem furchtbaren
Glücksspiel eines solchen Kampfes unterzieht, der muß die äußersten Mittel mit
rücksichtsloser Consequenz durchführen, oder er wird Schmach erfahren, die vor¬
läufig uns geworden ist. Wohl wäre der Kampf mit Dänemark durch dieses
Mittel erbitterter und blutiger geworden, aber er war wahrscheinlich bereits jetzt
entschieden und die Verluste an Menschenleben und an Vermögen waren für uns
wohl geringer, als die, welche uns dnrch die Verzögerungen des Kampfes, ja
selbst dnrch den jetzigen Waffenstillstand und seine Folgen kommen müssen, die
wie ein schleichendes Fieber an unserm Mark zehren und eine verborgene Krank¬
heit anzeigen, deren Ausbruch wir noch zu fürchten haben. Da wir doch Däne^
mark gegenüber der Ausrüstung von bewaffneten Privatkrentzern nicht entgehn wer¬
den, wenn unsere nächste Zukunft uns überhaupt erlaubt, in der Politik einen
männlichen Willen kund zu geben, so war das Gesagte kein zweckloser Tadel der
Vergangenheit.

Ohne Erfolge zur See konnten wir von Dänemark keinen genügenden


machten große Anläufe eine Flotte zu bauen. Daß bei allem Geschrei und in der
fliegenden Hitze des Enthusiasmus die Sache ungeschickt angegriffen wurde, daß
weder Einigkeit noch die nöthige Einsicht vorhanden war, ist uns von Fremden
oft genug gesagt worden. Aber eine Kriegsflotte gegen Dänemark zu schaffen, ist
auf regulären Wege überhaupt nicht möglich. Wir wären im Stande gewesen,
eine größere Anzahl von großen und kleinen Schiffen zu bauen oder zu kaufen,
dieselben zu bemannen, Offiziere vorzusetzen, Uniformen und ein Secgesctzbuch zu¬
recht zu schneiden, aber die Sicherheit und rücksichtlvse Kühnheit, welche die Be¬
mannung eines .Kriegsschiffes im .Kampfe bewähren muß^ konnte uns bei aller
Tüchtigkeit unserer Matrosen nicht mit der blauen Marinejacke und der Disciplin
kommen. Engländer, Franzosen und Nordamerika««' haben den Stolz ihrer Ma¬
rine und die Erfolge zur See nicht durch regulären Dienst, sondern dnrch Kaper¬
schiffe gegründet. Die Anfänge der deutschen Seemacht waren nur durch bewaff¬
nete Privatfahrzcuge zu schaffe», auf welchen einzelne Waghälse ihre Tollkühn¬
heit und ihr Glück versuchten. Die Küstenstädte der Nord- und Ostsee hätten
uns bereits im vorigen Jahre mehr als ein halbes Hundert solcher Kaperfahrzeuge
geliefert, welche die dänischen Inseln, ja den einzelnen blvkircnden Kriegsschiffen
unerträglich lästig gewesen wären. Man hat diesen Weg, den einzigen, wel¬
cher uns gegen Dänemark helfen und den Grund zu einer Kriegs¬
marine legen kaun, nicht eingeschlagen, weil man aus Bonhomie Kaperschiffe
für unwürdig hielt und außerdem anzunehmen beliebte, daß dieselben in dem en¬
gen Fahrwasser der dänischen Inseln sich als unpraktisch beweisen, die Dänen zu
Repressalien reizen, und unsere großen Nachbaren, Nußland und England erbittern
würden. Alle diese Gründe durften nicht maßgebend sein. Der Kampf, welchen
wir führten, war gegen das politische Leben Dänemarks, ein solcher Krieg ist
kein Turniergefecht voll Höflichkeit und Hochherzigkeit. Wer sich dem furchtbaren
Glücksspiel eines solchen Kampfes unterzieht, der muß die äußersten Mittel mit
rücksichtsloser Consequenz durchführen, oder er wird Schmach erfahren, die vor¬
läufig uns geworden ist. Wohl wäre der Kampf mit Dänemark durch dieses
Mittel erbitterter und blutiger geworden, aber er war wahrscheinlich bereits jetzt
entschieden und die Verluste an Menschenleben und an Vermögen waren für uns
wohl geringer, als die, welche uns dnrch die Verzögerungen des Kampfes, ja
selbst dnrch den jetzigen Waffenstillstand und seine Folgen kommen müssen, die
wie ein schleichendes Fieber an unserm Mark zehren und eine verborgene Krank¬
heit anzeigen, deren Ausbruch wir noch zu fürchten haben. Da wir doch Däne^
mark gegenüber der Ausrüstung von bewaffneten Privatkrentzern nicht entgehn wer¬
den, wenn unsere nächste Zukunft uns überhaupt erlaubt, in der Politik einen
männlichen Willen kund zu geben, so war das Gesagte kein zweckloser Tadel der
Vergangenheit.

Ohne Erfolge zur See konnten wir von Dänemark keinen genügenden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/222>, abgerufen am 05.02.2025.