Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.daß das unbegreifliche Bündniß in der That abgeschlossen und dem verwunderten Merkwürdig! Das Ministerium geht doch leidlich militärisch zu Werk, und Wie es jetzt steht, wird das Ministerin"! wieder auf neue Anschläge sinnen Fragt man nun, welche Gesinnung die Kammern in dieser wichtigen Frage an daß das unbegreifliche Bündniß in der That abgeschlossen und dem verwunderten Merkwürdig! Das Ministerium geht doch leidlich militärisch zu Werk, und Wie es jetzt steht, wird das Ministerin»! wieder auf neue Anschläge sinnen Fragt man nun, welche Gesinnung die Kammern in dieser wichtigen Frage an <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0180" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279206"/> <p xml:id="ID_563" prev="#ID_562"> daß das unbegreifliche Bündniß in der That abgeschlossen und dem verwunderten<lb/> Deutschland vorgelegt wird, und siehe da, die Umstände gehen vorüber, und es<lb/> ergibt sich, daß jener Abschluß nur unter einer Bedingung erfolgt ist, die nie in<lb/> Erfüllung gehen wird, wenn nicht wieder die Nation sich einer Sache annimmt,<lb/> welche die Fürsten nie zu Stande bringen. Sachsen und Hanover haben sich auf<lb/> die preußischen Vorschläge nur unter der Bedingung eingelassen, daß sämmtliche<lb/> deutsche Fürsten darauf eingehn! Der zweite Vorbehalt, die Einwilligung der<lb/> Kammern, will, wie die Sachen stehen, nicht soviel sagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_564"> Merkwürdig! Das Ministerium geht doch leidlich militärisch zu Werk, und<lb/> scheut sich nicht zu sehr, die Mythen vom Rechtsboden dnrch rettende Thaten zu<lb/> widerlegen. Warum ist es nicht auf eine Idee gekommen, die doch so einfach ist,<lb/> daß selbst ein Feldwebel darauf stoßen mußte? Warum hat es nicht, als es der<lb/> Frankfurter Versammlung die angebotene Krone vor die Füße warf, warum hat<lb/> es nicht zugleich erklärt: jetzt ist die Farce mit dem deutschen Bunde zu Ende! —<lb/> Ungefähr in dem Ton, wie der Prinz von Preußen ihn in seinem Brief an den<lb/> Fürsten Wittgenstein angestimmt hat. — Jetzt sind wir souverän, und ihr alle<lb/> auch! Du König von Sachsen, Großherzog von Baden, Fürst von Anhalt Bern¬<lb/> burg u. s. w., ihr alle seid souverän, jetzt seht zu, wie ihr mit euern Demokraten<lb/> fertig werdet, wir wollen neutral bleiben!-------- Ich dächte, das preußische<lb/> Dreiköuigsbündniß hätte eine andere Wendung genommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_565"> Wie es jetzt steht, wird das Ministerin»! wieder auf neue Anschläge sinnen<lb/> müssen. Das Project, welches es der östreichischen Regierung in Beziehung auf<lb/> einen Doppclstaat nach Art der siamesischen Zwillinge vorgelegt hat, ist ein Pröb-<lb/> chen von seiner Erfindsamkeit. Aber sie kommt zu spät, Oestreich ist anderwärts<lb/> versorgt. Vielleicht wird der erwartete Besuch des großen Kaisers in Berlin einen<lb/> andern Plan zeitigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_566"> Fragt man nun, welche Gesinnung die Kammern in dieser wichtigen Frage an<lb/> den Tag legen sollen, so versteht eS sich von selbst, daß eine deutsche Gesinnung<lb/> in der Art, wie sie am Ende des März 184!) die Pflicht aller Sonderstände war,<lb/> nicht mehr an der Zeit ist. Das Deutschland, in welches Preußen ausgehen könnte,<lb/> ist nicht mehr da, und es bleibt, um das Zustandekommen eines leidlichen Bun-<lb/> desstaates zu ermöglichen, der Kammer nur der Eine Ausweg übrig, ultrapreußisch<lb/> zu werden, altcnfritzisch, um es bestimmter zu sage», und in diesem Sinne gegen<lb/> den legitimen Servilismus, der Preußen wieder in die Baude der heilige» Allianz<lb/> verstricken möchte, Opposition zu »lachen. Hätte Preußen, bei all den absoluti¬<lb/> stischen Gewaltstreichen, mit denen es der Nation vor den Kopf gestoßen hat, we¬<lb/> nigstens die kriegerische Ehre gewahrt, die nur auf dem Gefühl einer Kraft basirt<lb/> — sie gewahrt in den Fällen, wo seine Ehre mit der Nation zusammenfiel —<lb/> ich glaube, Deutschland wäre patriotisch genug, um seine Nechtsentwicklung für<lb/> einen Augenblick zu sistiren, wenn es nur seine Kraft entwickeln könnte.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0180]
daß das unbegreifliche Bündniß in der That abgeschlossen und dem verwunderten
Deutschland vorgelegt wird, und siehe da, die Umstände gehen vorüber, und es
ergibt sich, daß jener Abschluß nur unter einer Bedingung erfolgt ist, die nie in
Erfüllung gehen wird, wenn nicht wieder die Nation sich einer Sache annimmt,
welche die Fürsten nie zu Stande bringen. Sachsen und Hanover haben sich auf
die preußischen Vorschläge nur unter der Bedingung eingelassen, daß sämmtliche
deutsche Fürsten darauf eingehn! Der zweite Vorbehalt, die Einwilligung der
Kammern, will, wie die Sachen stehen, nicht soviel sagen.
Merkwürdig! Das Ministerium geht doch leidlich militärisch zu Werk, und
scheut sich nicht zu sehr, die Mythen vom Rechtsboden dnrch rettende Thaten zu
widerlegen. Warum ist es nicht auf eine Idee gekommen, die doch so einfach ist,
daß selbst ein Feldwebel darauf stoßen mußte? Warum hat es nicht, als es der
Frankfurter Versammlung die angebotene Krone vor die Füße warf, warum hat
es nicht zugleich erklärt: jetzt ist die Farce mit dem deutschen Bunde zu Ende! —
Ungefähr in dem Ton, wie der Prinz von Preußen ihn in seinem Brief an den
Fürsten Wittgenstein angestimmt hat. — Jetzt sind wir souverän, und ihr alle
auch! Du König von Sachsen, Großherzog von Baden, Fürst von Anhalt Bern¬
burg u. s. w., ihr alle seid souverän, jetzt seht zu, wie ihr mit euern Demokraten
fertig werdet, wir wollen neutral bleiben!-------- Ich dächte, das preußische
Dreiköuigsbündniß hätte eine andere Wendung genommen.
Wie es jetzt steht, wird das Ministerin»! wieder auf neue Anschläge sinnen
müssen. Das Project, welches es der östreichischen Regierung in Beziehung auf
einen Doppclstaat nach Art der siamesischen Zwillinge vorgelegt hat, ist ein Pröb-
chen von seiner Erfindsamkeit. Aber sie kommt zu spät, Oestreich ist anderwärts
versorgt. Vielleicht wird der erwartete Besuch des großen Kaisers in Berlin einen
andern Plan zeitigen.
Fragt man nun, welche Gesinnung die Kammern in dieser wichtigen Frage an
den Tag legen sollen, so versteht eS sich von selbst, daß eine deutsche Gesinnung
in der Art, wie sie am Ende des März 184!) die Pflicht aller Sonderstände war,
nicht mehr an der Zeit ist. Das Deutschland, in welches Preußen ausgehen könnte,
ist nicht mehr da, und es bleibt, um das Zustandekommen eines leidlichen Bun-
desstaates zu ermöglichen, der Kammer nur der Eine Ausweg übrig, ultrapreußisch
zu werden, altcnfritzisch, um es bestimmter zu sage», und in diesem Sinne gegen
den legitimen Servilismus, der Preußen wieder in die Baude der heilige» Allianz
verstricken möchte, Opposition zu »lachen. Hätte Preußen, bei all den absoluti¬
stischen Gewaltstreichen, mit denen es der Nation vor den Kopf gestoßen hat, we¬
nigstens die kriegerische Ehre gewahrt, die nur auf dem Gefühl einer Kraft basirt
— sie gewahrt in den Fällen, wo seine Ehre mit der Nation zusammenfiel —
ich glaube, Deutschland wäre patriotisch genug, um seine Nechtsentwicklung für
einen Augenblick zu sistiren, wenn es nur seine Kraft entwickeln könnte.
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