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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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viel entschiedener und compakter auftreten, sie wird, wenn sie nicht gar die Ma¬
jorität gewinnen sollte, was gar nicht unmöglich ist, eine nltraroyalistische Oppo¬
sition bilden, die ihren principiellen Kampf gegen die Revolution auch aus den
letzten Erben derselben, das Ministerium Manteuffel ausdehnen wird. In diesem
Falle wird die "liberale" Regierung am Ende zu der ersten Kammer ihre Zu¬
flucht zu nehmen haben. Indeß ist auf diesen äußersten Fall darum weniger zu
rechnen, da voraussichtlich ein ziemlich starkes Centrum von Konservativen K tout
I",-ix sich bilden wird, die mit dein Ministerium gehn, weil es die Demokraten
nicht aufkommen läßt, die sich aber vor dem Pietismus der Herren Bismark-
Schönhausen und Kleist-Neetzow ebenso entsetzen, als vor den abenteuerlichen Doc-
trinen der Herren Stahl und Leo, die wir mit Bestimmtheit hoffen in dieser wun-
derbaren Kammer figuriren zu sehn.

Diese "I>1iäno" wird den Schwerpunkt der Kammer bilden, nicht nur was
die Gesinnung, sondern auch was den Bildungsgrad betrifft, der größere Theil
der ehemaligen Kapacitäten hat sich selber ausgeschlossen und schon ist die conser-
vative Presse beschäftigt, die gutgesinnten Michel Mroze aufzufinden, welche in
der Kammer nicht räsonniren, sondern ihren Patriotismus durch ein lautes und
energisches Ja zu bethätigen wissen. Schon warnt mau vor den Ideologen, den
Professoren, den Juristen u. f. w., und weist auf die tüchtigen Fleischermeister
und Schenkwirthe hin, die durch ihre parlamentarische Thätigkeit dem Lande we¬
nigstens nicht viel Zeit und Geld kosten werden. Reden werden sie schon, aber
verwegen und kurz, gleichviel, wie witzig, wenn es nur beredt und voll Em¬
pfindung ist. Was ihnen an Worten abgeht, werden sie durch heftiges und an¬
haltendes Poltern ersetzen, und ihr ungeschliffenes Betragen wird,, ebenso wie
die Teilnahmlosigkeit so vieler Bauern bei den Wahlen, den Ultras ein neues
Argument hergeben, daß es mit der Souveränität des Volks nichts ist, und daß
man daher mit der ganzen Constitution ans Sand gebaut hat.

Wir setzen also den Fall, die konstitutionelle Opposition habe, im Verein
mit den gemäßigten Henkern, die Majorität -- für den Antrag, den sie nothwendig
stellen muß, auf Herstellung des verletzten Rechtszustandes wird sie dieselbe freilich
nicht erlangen -- so ist die nächste Aufgabe, die Kritik der organischen Gesetzge¬
bung, in welcher das Ministerium Manteuffel kraft des Artikel 105 eine wunder¬
bare Thätigkeit entwickelt hat. Man wird ihr zumuthen, diese ganze Reihe pro¬
visorischer Verordnungen, worunter die liebenswürdigen Gesetze über die Presse
und über die Absetzung gesinnungsloser Beamten, en Illo" zu genehmigen. Das


rosenrothe oder Luisengrad (nach der hochseligen Königin), 4) der himmelblaue oder
Elisabcthgrad (nach unserer jetzigen Königin). Die Bundesverwaltung besteht aus dem Vor¬
sitzer, dem ein, kleiner Rath von 12 Mannern und ein großer Rath von 36 Damen zur Seite
steht. Dieser weibliche Treubund wird auch eine Zeitung herausgeben.

viel entschiedener und compakter auftreten, sie wird, wenn sie nicht gar die Ma¬
jorität gewinnen sollte, was gar nicht unmöglich ist, eine nltraroyalistische Oppo¬
sition bilden, die ihren principiellen Kampf gegen die Revolution auch aus den
letzten Erben derselben, das Ministerium Manteuffel ausdehnen wird. In diesem
Falle wird die „liberale" Regierung am Ende zu der ersten Kammer ihre Zu¬
flucht zu nehmen haben. Indeß ist auf diesen äußersten Fall darum weniger zu
rechnen, da voraussichtlich ein ziemlich starkes Centrum von Konservativen K tout
I»,-ix sich bilden wird, die mit dein Ministerium gehn, weil es die Demokraten
nicht aufkommen läßt, die sich aber vor dem Pietismus der Herren Bismark-
Schönhausen und Kleist-Neetzow ebenso entsetzen, als vor den abenteuerlichen Doc-
trinen der Herren Stahl und Leo, die wir mit Bestimmtheit hoffen in dieser wun-
derbaren Kammer figuriren zu sehn.

Diese „I>1iäno" wird den Schwerpunkt der Kammer bilden, nicht nur was
die Gesinnung, sondern auch was den Bildungsgrad betrifft, der größere Theil
der ehemaligen Kapacitäten hat sich selber ausgeschlossen und schon ist die conser-
vative Presse beschäftigt, die gutgesinnten Michel Mroze aufzufinden, welche in
der Kammer nicht räsonniren, sondern ihren Patriotismus durch ein lautes und
energisches Ja zu bethätigen wissen. Schon warnt mau vor den Ideologen, den
Professoren, den Juristen u. f. w., und weist auf die tüchtigen Fleischermeister
und Schenkwirthe hin, die durch ihre parlamentarische Thätigkeit dem Lande we¬
nigstens nicht viel Zeit und Geld kosten werden. Reden werden sie schon, aber
verwegen und kurz, gleichviel, wie witzig, wenn es nur beredt und voll Em¬
pfindung ist. Was ihnen an Worten abgeht, werden sie durch heftiges und an¬
haltendes Poltern ersetzen, und ihr ungeschliffenes Betragen wird,, ebenso wie
die Teilnahmlosigkeit so vieler Bauern bei den Wahlen, den Ultras ein neues
Argument hergeben, daß es mit der Souveränität des Volks nichts ist, und daß
man daher mit der ganzen Constitution ans Sand gebaut hat.

Wir setzen also den Fall, die konstitutionelle Opposition habe, im Verein
mit den gemäßigten Henkern, die Majorität — für den Antrag, den sie nothwendig
stellen muß, auf Herstellung des verletzten Rechtszustandes wird sie dieselbe freilich
nicht erlangen — so ist die nächste Aufgabe, die Kritik der organischen Gesetzge¬
bung, in welcher das Ministerium Manteuffel kraft des Artikel 105 eine wunder¬
bare Thätigkeit entwickelt hat. Man wird ihr zumuthen, diese ganze Reihe pro¬
visorischer Verordnungen, worunter die liebenswürdigen Gesetze über die Presse
und über die Absetzung gesinnungsloser Beamten, en Illo« zu genehmigen. Das


rosenrothe oder Luisengrad (nach der hochseligen Königin), 4) der himmelblaue oder
Elisabcthgrad (nach unserer jetzigen Königin). Die Bundesverwaltung besteht aus dem Vor¬
sitzer, dem ein, kleiner Rath von 12 Mannern und ein großer Rath von 36 Damen zur Seite
steht. Dieser weibliche Treubund wird auch eine Zeitung herausgeben.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/178>, abgerufen am 05.02.2025.