Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Jägerzeile das erste k. k. Militär, ein Paar Züge von Mazuchelli Grenadieren, S. 7ö0. -- Im Hause Ur. 15 t wurde alles ausgeplündert. Ueber den Jägerzeile das erste k. k. Militär, ein Paar Züge von Mazuchelli Grenadieren, S. 7ö0. — Im Hause Ur. 15 t wurde alles ausgeplündert. Ueber den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0167" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279193"/> <p xml:id="ID_523" prev="#ID_522"> Jägerzeile das erste k. k. Militär, ein Paar Züge von Mazuchelli Grenadieren,<lb/> welche sich mit dem Rücken an das Kaffeehaus postirten. Die Straßen waren<lb/> menschenleer. Da kamen, es war schon Dunkel, zwei Männer des Weges, und<lb/> wurden von den Grenadiren mit „Halt! Wer da?" angerufen. „Gut Freund"<lb/> war die Antwort. „Nur her" rief eine Stimme, und beide Männer gingen hier¬<lb/> aus zu deu Grenadieren. „Visitiren, visitiren" scholl es aus dem Häuser der<lb/> Grenadiere; dann: „Sie haben Patronen." „Patronen"? entgegnete eine Stimme,<lb/> vermuthlich jene des commandirenden Offiziers: „Drei Schritt vorwärts! Fertig!<lb/> Feuer!" — Es fielen 6 — 8 Schüsse. Die beiden Opfer fielen tödtlich getroffen<lb/> auf's Straßenpflaster. Gleich darauf kam ein Mann an der Seite des Gasthofes<lb/> zum Lamm die Straße herauf. „Halt" schreien die Grenadiere, allein der Mann<lb/> hielt nicht an. Es wurde noch einmal „Halt" gerufen, doch Jener fing an zu<lb/> laufen; darauf folgten einige Schüsse und das Opfer fiel. Die Grenadiere liefe!,<lb/> zur Stelle hin. Man fand den Mann blos verwundet. Ein Grenadier schoß ihm<lb/> hieraus noch dnrch die Brust, und so hauchte der Unglückliche sein Leben ans. —<lb/> Bemerkenswerth ist es, daß einer der beiden zuerst Erschossenen zwei Stunde ü<lb/> später aufstand, jedoch wieder auf's Straßenpflaster fiel, dennoch aber noch so viel<lb/> Kraft hatte, auf alle» Vieren gegen die Taborstraße zu kriechen, wo er wahr¬<lb/> scheinlich in das Spital der Barmherzigen gebracht wurde. Die Grenadiere ließe»<lb/> den armen Teufel fortkriechen; vermuthlich bereuten sie nun bei kälterem Blute<lb/> das Geschehene. —</p><lb/> <p xml:id="ID_524" next="#ID_525"> S. 7ö0. — Im Hause Ur. 15 t wurde alles ausgeplündert. Ueber den<lb/> Jammer, der im ganzen Hanse hörbar war, kam die älteste Tochter des Eigen¬<lb/> thümers, Anna Schrote, aus ihrem Versteck im Keller mit ihren zwei Schwestern,<lb/> 1V und 12 Jahr alt, herauf, und als sie eben an die Kellerthür angstvoll und<lb/> am ganzen Leibe zitternd treten wollte, griff ein Soldat, der sie kaum erblickte,<lb/> nach ihren goldenen Ohrringen, von dem es ihr jedoch gelang, sich loszureißen,<lb/> und indem sie sich in ihrer Todesangst in den offnen Hof hinauswagte, traf sie<lb/> eine Kugel in den Unterleib, und uach vier martervollen Stunden endete sie ihr<lb/> Leben. — Um Mitternacht hatte sich in diesem Hause eine Parthie Soldaten, wozu<lb/> später ein Offizier kam, eingefunden und plünderten alles, was nur da war,<lb/> sowohl dem Eigenthümer des Hauses, als seine Parteien. Endlich befahl der<lb/> Offizier, das Nest anzuzünden, was auch getreulich befolgt wurde, und hierauf<lb/> ging derselbe in das Gewölbe, wo die Leiche der erschossenen Tochter sich befand.<lb/> Heuchlerisch bedauerte er die Eltern und zog mit eigener Hand von einem Finger<lb/> der Todten einen schönen goldenen Ring, den er als Andenken an diesen trauri¬<lb/> gen Vorfall aufzubewahren vorgab. — Nur sanfte Gewalt vermochte es den bis<lb/> zum Wahnsinn aufgeregten Schrote von seinem geplünderten und in Brand ge¬<lb/> steckten Hause und von der Leiche seiner Tochter wegzubringen. Schrote gesteht<lb/> frei und offen, daß ihn gute Freunde und selbst seine Gemahlin wiederholt auf-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0167]
Jägerzeile das erste k. k. Militär, ein Paar Züge von Mazuchelli Grenadieren,
welche sich mit dem Rücken an das Kaffeehaus postirten. Die Straßen waren
menschenleer. Da kamen, es war schon Dunkel, zwei Männer des Weges, und
wurden von den Grenadiren mit „Halt! Wer da?" angerufen. „Gut Freund"
war die Antwort. „Nur her" rief eine Stimme, und beide Männer gingen hier¬
aus zu deu Grenadieren. „Visitiren, visitiren" scholl es aus dem Häuser der
Grenadiere; dann: „Sie haben Patronen." „Patronen"? entgegnete eine Stimme,
vermuthlich jene des commandirenden Offiziers: „Drei Schritt vorwärts! Fertig!
Feuer!" — Es fielen 6 — 8 Schüsse. Die beiden Opfer fielen tödtlich getroffen
auf's Straßenpflaster. Gleich darauf kam ein Mann an der Seite des Gasthofes
zum Lamm die Straße herauf. „Halt" schreien die Grenadiere, allein der Mann
hielt nicht an. Es wurde noch einmal „Halt" gerufen, doch Jener fing an zu
laufen; darauf folgten einige Schüsse und das Opfer fiel. Die Grenadiere liefe!,
zur Stelle hin. Man fand den Mann blos verwundet. Ein Grenadier schoß ihm
hieraus noch dnrch die Brust, und so hauchte der Unglückliche sein Leben ans. —
Bemerkenswerth ist es, daß einer der beiden zuerst Erschossenen zwei Stunde ü
später aufstand, jedoch wieder auf's Straßenpflaster fiel, dennoch aber noch so viel
Kraft hatte, auf alle» Vieren gegen die Taborstraße zu kriechen, wo er wahr¬
scheinlich in das Spital der Barmherzigen gebracht wurde. Die Grenadiere ließe»
den armen Teufel fortkriechen; vermuthlich bereuten sie nun bei kälterem Blute
das Geschehene. —
S. 7ö0. — Im Hause Ur. 15 t wurde alles ausgeplündert. Ueber den
Jammer, der im ganzen Hanse hörbar war, kam die älteste Tochter des Eigen¬
thümers, Anna Schrote, aus ihrem Versteck im Keller mit ihren zwei Schwestern,
1V und 12 Jahr alt, herauf, und als sie eben an die Kellerthür angstvoll und
am ganzen Leibe zitternd treten wollte, griff ein Soldat, der sie kaum erblickte,
nach ihren goldenen Ohrringen, von dem es ihr jedoch gelang, sich loszureißen,
und indem sie sich in ihrer Todesangst in den offnen Hof hinauswagte, traf sie
eine Kugel in den Unterleib, und uach vier martervollen Stunden endete sie ihr
Leben. — Um Mitternacht hatte sich in diesem Hause eine Parthie Soldaten, wozu
später ein Offizier kam, eingefunden und plünderten alles, was nur da war,
sowohl dem Eigenthümer des Hauses, als seine Parteien. Endlich befahl der
Offizier, das Nest anzuzünden, was auch getreulich befolgt wurde, und hierauf
ging derselbe in das Gewölbe, wo die Leiche der erschossenen Tochter sich befand.
Heuchlerisch bedauerte er die Eltern und zog mit eigener Hand von einem Finger
der Todten einen schönen goldenen Ring, den er als Andenken an diesen trauri¬
gen Vorfall aufzubewahren vorgab. — Nur sanfte Gewalt vermochte es den bis
zum Wahnsinn aufgeregten Schrote von seinem geplünderten und in Brand ge¬
steckten Hause und von der Leiche seiner Tochter wegzubringen. Schrote gesteht
frei und offen, daß ihn gute Freunde und selbst seine Gemahlin wiederholt auf-
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